Wieso hatte sie das getan? Nach der Dusche war sie direkt in ihren Sarg gefallen, aber konnte auch nach einer Stunde noch nicht einschlafen. Etwas hatte sie dazu getrieben, ja, aber...
Sie konnte es sich nicht einmal selbst erklären. Etwas hatte sich in ihrem Inneren zusammengezogen hat, es war ein seltsames Gefühl, aber es missfiel ihr auch nicht. Dazu kam noch die Neugierde. Bereits als Kind hatte sie schon so viele Erwachsene gesehen, die Spaß am Küssen, Kuscheln und natürlich auch am Sex hatten.
Eigentlich ekelte sie es an. Dafür hatten unter anderem Maxim und auch Karl gesorgt, Sophias Worte hatten ihr dabei auch nicht geholfen. Diese verfluchte alte Nazi-Schlampe hatte gesehen, was Karl nicht nur mit Kyra, sondern auch mit ihrer Mutter gemacht hatte, aber hatte nichts dagegen getan. Im Gegenteil sie hatte nicht ihren Mann dafür verantwortlich gemacht, dass er seinen Schwanz gerne in seiner Tochter und seiner Enkelin haben wollen würde - durch seine Paranoia war es meist nur oral, da er gehört hatte, das man, wenn das Mädchen noch im Wachstum war, sehen konnte, ob sie davor schon Sex hatte, besonders mit einem älteren Mann, da ihre Vulva überdehnt wurde. Deswegen hatte er bei seiner Tochter gewartet, bis sie sechzehn wurde, Kyra hatte ihn umgebracht, bevor es bei ihr so weit kommen konnte -, Sophia hatte die Kinder dafür verantwortlich gemacht.
Kyras Mutter war keinesfalls die beste Mutter der Welt gewesen, sie war zu narzisstisch, interessierte sich nur für sich selbst. Aber Frieda Gruber hatte ihre Kindheit gehasst und in ihrer Tochter Kyra sich selbst gesehen, weshalb sie ihr das gab, was sie selbst nie bekommen hatte - das Gefühl, dass wirklich mit ihr geredet wurde und sie keine Puppe war. Frieda hatte abends gerne vor dem Zubettgehen Kyras Haare gekämmt und ihr dabei Geschichten erzählt. Kyra hatte zu dem Zeitpunkt kaum eine verstanden, auch wenn sie wusste, dass ihre Mutter wütend wurde, wenn Maxim mit ihr baden wollte und sie vor Maxim furchtbare Angst hatte, besonders, wenn er so lächelte ohne, dass es seine Augen erreichte. Einer der Gründe, warum sie ihn nicht gerne ansah. Aber sie sah auch generell nicht gerne Menschen in die Augen. Ihre Mutter sagte, dass habe etwas mit ihrem Kopf zu tun. Der würde nicht mehr ganz richtig ticken, seit man sie gegen die Masern geimpft habe. Der Psychologe, der sie im Vatikan betreut hatte, hatte gelacht, als sie ihm das erzählt hatte. Er hatte entgegnet, dass das nicht stimme, denn Autismus sei angeboren. Daraufhin musste er ihr erklären, was Autismus überhaupt war.
Ihre Mutter hatte ihr, noch bevor sie wusste, dass auch Karl so lächeln konnte wie Maxim, erzählt, was Sophia ihr immer gesagt hatte. Sie trüge selbst die Schuld, sie wäre eine Hure, sie würde ihn dazu bringen, so etwas zu tun, sie würde das mögen, was er tat, sie würde ihn für sich allein haben wollen, sie würde sie hassen, sie würde nur darauf warten, sie aus dem Weg zu räumen, sobald sie alt und hässlich war...
Kyra drehte sich der Magen um. Sie hatte das Aussehen dieser alten Vettel immer noch vor Augen: blassgraue Schweinsäuglein, straffte Haut, rot gefärbte, lange Haare, mollig, ein hässliches Kleid, gebeugter Gang und ein fieser Gesichtsausdruck. Es geschah ihr Recht, dass ihr eigener Ehemann sie ermordete.
Verflucht, wie war sie nur wieder da gelandet? Genervt drehte sie sich auf den Bauch und vergrub ihr Gesicht in ihrem Kissen. Sophia war furchtbar gewesen, aber bei den anderen dreien zu leben, war noch schlimmer. Frederick - von allen eigentlich nur Rick genannt -, ehemaliger Chefarzt in einem der besten Krankenhäuser, hatte ihr Diazepam, auch bekannt als Valium oder in Ost-Berlin als Faustan, besorgt und man hatte sie so lange dazu gezwungen, es einzunehmen, bis nach wenigen Wochen ihr Körper sich danach sehnte. Eine der ersten Dinge, die Anderson ihr aufgezwungen hatte, war ein Entzug. Beim Vatikan wurde ihr daraufhin das Medikament Naltrexon verschrieben, das sie in immer höheren Dosen einnahm. Nachdem sie den Vatikan verlassen hatte, hatte sie auch keine Rezepte mehr für Nachschub und durchlebte den vierten kalten Entzug (von ihrer Mutter hatte sie bereits als kleines Kind Amobarbital verabreicht bekommen, in erster Linie, um sie ruhig zu stellen, ihr Onkel hatte ihr nach deren Tod allerdings seine eigenen Mittel gegeben, also Medazepam) ihres Lebens. Woran sie allerdings als Beruhigungsmittel in den Londoner Straßen gekommen war, war Tilidin. Hin und wieder wirkte es gut. Besonders um ihren Kopf zu beruhigen. Meist konnte sie danach auch besser einschlafen. Ob es auch bei Vampiren wirkte?
Sie erhob sich und verließ nochmal den Sarg, um in der Tasche zu wühlen, in der noch ein paar ihrer Habseligkeiten lagen. Neben Tempos - hin und wieder hatte sei starkes Nasenbluten gehabt -, Shampoo mit Teebaumöl und einer Pinzette - sie wusste gar nicht mehr, was die da sollte - fand sie auch die kleine Dose. Von den Tabletten reichten meist zwei, um sie ganz auszuknocken. Solange sie nicht zu aufgedreht war. Die verbliebene Menge bedenkend, hoffte sie mal, das zwei ausreichten.
Danach ging sie etwas beruhigt zum Sarg zurück und ließ sich tief in den weichen, nicht sehr polsternden Stoff der Innenauskleidung ihres Sarges sinken.
Aber trotzdem kamen ihre Gedanken wieder zurück zu Alucard. Wie seine Zunge sich auf ihrer Haut anfühlte, war wunderbar, aber die Küsse waren fast besser. Auch wenn er sehr viel älter war als Karl, schmeckte er nicht nach Alter und roch auch nicht so furchtbar. Karls Zunge war ekelhaft gewesen, fast so schlimm, wie sein Schwanz, der allerdings angenehmer gewesen war, als die Strafen, wenn sie ihn biss oder sich weigerte. Rick hatte sich dann immer austoben dürfen. Mit Rasierklingen und Skalpellen. Er war der, der fein arbeitete und sich an ihr austobte. Er hatte sich ein Hobby daraus gemacht, ganze Bilder in ihre Haut zu ritzen. Manche verheilten, andere nicht, andere wurden von den Narben überdeckt, die Karina ihr zufügte. Karina konnte nett sein, so wie ihr Sohn - der ältere, nicht Maxim -, aber wenn ihre Stimmung umkippte, war sie gefährlicher als alle ABC-Waffen. Ihr Onkel hatte seine Eltern so gut gekannt wie Frieda die ihren, er hatte sich allerdings schützend vor seinem Bruder aufgebaut und sich ihnen ausgeliefert, um ihn zu schützen. Maxim hatte ihm dafür kein einziges Mal gedankt, so verstand Kyra durchaus Wolods Hass und den Wunsch, dass seine Leistung wertgeschätzt wurde. Er war Diplom-Ingenieur geworden, wobei seine Eltern wollten, dass er Arzt wurde wie sein Vater. Das übernahm dann Maxim, allerdings wurde er Kinderarzt aus ganz anderen Gründen und trotzdem von den Eltern mehr geliebt. Wolod war gezeichnet worden und im Endeffekt genauso voller Hass, dass er eines Tages einen Hammer genommen hatte, als eine Gruppe schon angetrunkener Soldaten bei ihnen die Straße entlanglief und auf sie los ging. Hätte er gewollt, hätte er sie besiegt, aber er wollte das Leben nicht mehr, also war er nicht ausgewichen, als der letzte von ihnen mit seiner Pistole zitternd auf ihn gezielt hatte. Sechsmal hatte der Mann abgedrückt, bis ihr Onkel wirklich liegen blieb.
Sie hatte nicht um ihn geweint, er hatte ihr zu viel angetan, aber nachdem sie aus dem Waisenhaus geholt wurde und zu ihren Großeltern gebracht worden war, wünschte sie sich, dass er sie nicht aufgehalten hätte, als sie vom Turm springen wollte.
So langsam begann das Medikament zu wirken und sie stellte fest, dass es bei Vampiren ähnlich wie Alkohol viel stärker reinhaute.
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A Hellsing Story
FanfictionIch habe mir endlich mal die Zeit genommen, dieses Kuddelmuddel lesbar zu gestalten. Die ersten Kapitel sind noch relativ nah an der ursprünglichen Geschichte, die späteren, die ich mit einem völlig anderen Bild des OCs geschrieben habe, sind immer...