Ich drehte mich auf die andere Seite. Ich wusste nicht, warum ich nicht schlafen konnte, aber es fühlte sich definitiv nicht gut an, so lange auf zu bleiben. Mit starrem Blick beäugte ich die Wand vor mir. Mein Feldbett war gemütlich, keine Frage, daran lag es nicht, und doch plagte mich das Gefühl der Einsamkeit und des Versagens. Einsam war ich, weil ich allein in der Hütte war. Papa hatte noch einige Dinge besprechen müssen. Er war immer noch nicht zurück. Das war einerseits kein gutes Zeichen, andererseits hieß das aber auch, dass ich mich nicht in den Schlaf quälen musste, weil Papa nicht da war. Er war ziemlich streng, was das Thema Schlafenszeiten betraf. Und ich hatte nie etwas gegen seine Regel einzuwenden gehabt, die besagte, dass ich spätestens um 11 Uhr im Bett sein musste. Ich dachte, das die Regel etwas mit Mama zu tun haben musste.
Papa hatte mir nie sonderlich viel davon erzählt, was passiert war und irgendwie ergab es auch nicht wirklich besonders viel Sinn, dass Mamas Verschwinden etwas mit wenig Schlaf zu tun hatte, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass Papa wegen ihr so besorgt um mich war.Na ja, er ließ mir alle möglichen Freiheiten, aber ich wusste auch, dass er sich nur mit Mühe dazu durchgerungen hatte, mir zu erlauben, für die Heilerin des Dorfes Kräuter zu sammeln. Außerhalb des Dorfes.
Er wusste, dass ich selbst auf mich aufpassen konnte, aber ich hatte ständig das Gefühl, dass er dachte, er müsse auf mich auspassen, weil er das nicht bei Mama hatte tun können.Ein leises Klopfen ließ mich aus meinen Gedanken aufschrecken. Ich tappte zur Tür. Dann bekam ich Zweifel. Es konnte Adam sein, aber auch ein Vampir, der Rache wollte, immerhin hatten wir diese Kreaturen einfach stehenlassen.
Ich traute dem Gefühl nicht, dass es Adam war. Also schlich ich zum Fenster, das man leicht übersehen konnte, wenn man nicht wusste, dass es da war. Es war nur klein, aber gerade so groß, dass ein dünner Erwachsener durchpasste. Also konnte ich fast problemlos hindurchschlüpfen. Für eine Sekunde erstarrte ich, als ich merkte, dass ich von irgendetwas zurückgehalten wurde, doch es war nur eine Masche meines Leinenkleides, die sich in der Innenwand verhakt hatte. Erleichtert befreite ich die Schlaufe von einem Ästchen, das aus der Hüttenwand herausgeragt hatte und tastete mich an der Wand entlang Richtung Tür.
Kurz bevor ich in das Blickfeld des Besuchers geraten konnte, packte mich jemand am Ärmel. Diesmal war es definitiv eine Person. Kein hervorstehender Ast, der mich dort festhielt.
Langsam drehte ich mich um. Hinter mir stand Adam. ,,Was machst du hier?", zischte er und drückte meinen Oberarm. Ich schüttelte ihn ab. Es war ja nicht so, als wäre er mein Babysitter. Oder etwa doch?
Er verdrehte die Augen. ,,Du spinnst! Dich Babyzusitten ist bestimmt anstrengender als... ich meine..." Herausfordernd schaute ich ihn an und verschränkte die Arme. ,,Ja? Ich höre." Er seufzte. ,,Ähm... Schau mal! Wer ist das?" Er drehte mich so, dass ich zum Eingang unserer Hütte schauen musste. ,,Du lenkst ab", warf ich ein und versuchte, mich aus seinem Griff zu befreien, doch es klappte nicht wirklich. Er drückte mich nur mühelos mit der linken Hand an die Hüttenwand und hielt mir mit der rechten den Mund zu. Das war nicht sein Ernst! Ich biss ihn in den Handballen und stieß ihn weg. ,,Ich komme gut allein zurecht." Dann ließ ich ihn stehen und ging mit federnden Schritten auf die Person vor mir zu.
,,Hallo? Suchen Sie jemanden?", fragte ich höflich und machte noch einen kleinen Schritt auf die Gestalt zu. Vorsichtshalber hielt ich Sicherheitsabstand. Das war auch gut so, denn die Person war nicht besonders höflich und sprang auf mich zu. Mit einem Satz war sie bei mir und packte mich am Arm. Dann verdrehte sie ihn wie Gummi. Mir entwich ein lautes Geheul. Ich rieb mir den Arm. Hoffentlich hatte niemand gesehen, wie leicht ich einzuschüchtern war. Das war hier im Clan wirklich peinlich, denn obwohl wir wie eine riesige Familie waren, war es hier auch wie an einer High-School in diesen amerikanischen Jugendfilmen: Laut, bunt und wer auffiel bekam sofort Hate ins Gesicht geschleudert.
Woher ich das wusste? Tja, manchmal brauchte ich mehr als das Dorf und den Clan um ein bisschen Spaß zu haben. Und genau dann schlich ich mich davon und besuchte die Stadt ein paar Kilometer südlich. Es war als Wolf kein Problem diese Entfernung zu bewältigen. Aber das Blöde daran war: Nur an Vollmond, Halbmond und Neumond konnte ich mich verwandeln. Es war schwierig, aus dem Dorf zu kommen, wenn auch die anderen zu Wölfen wurden. Sinne, Stärke und Schnelligkeit wurden verbessert, aber das nicht nur bei mir. Nein, die anderen konnten dann leichter herausfinden, dass ich fehlte, also war es etwas Besonders, wenn ich es einmal raus aus dem Dorf schaffte. Das kam nicht oft vor, aber wenn das der Fall war, dann nutzte ich meine Freiheit aus und streifte durch die Straßen der fremden Stadt. Ich wusste nicht, wie die Menschen sie nannten, aber mir war klar, dass wenn sie mich entdecken würden, mir auch der Name nicht half. Also war ich immer vorsichtig geblieben und hatte nie nach dem Stadtnamen gefragt, irgendwie war mir immer bewusst gewesen, dass ich nur auffallen würde. Und dann hätte ich die drei wichtigsten High-School-Regeln missachtet.
Regel Nummer 1: Bleibe unauffällig, versuche nicht, in irgendeiner Weise auf dich aufmerksam zu machen!
Regel Nummer 2: Lasse alles über dich ergehen, was dir widerfährt. Leiste keinen Widerstand!
Regel Nummer 3: Die, die sich als Dumme ausgeben, sind die Gefährlichsten. Sei in ihrer Nähe ganz besonders vorsichtig. Sie beobachten dich!
Das war wahrscheinlich ein wenig übertrieben, aber man konnte nie genug vorsichtig sein.
,,Mann! Was machst du denn? Er ist uns entwischt!", fauchte Adam mich an. Ich zuckte nur mit den Schultern, dann verbesserte ich ihn: ,,Oder sie." Er schaute mich verständnislos an. ,,Was?" Ich verdrehte die Augen. ,,Er oder sie! Du kannst doch nicht einfach behaupten, dass das gerade eben ein Mann gewesen ist!" Jetzt war er an der Reihe, genervt zu sein. ,,Meine Güte! Zumindest hat die Statur gestimmt!" Ich stemmte die Hände in die Hüften und funkelte ihn böse an. ,,Ach ja? Wie war denn die Statur?" Er zog die Augenbrauen hoch und schaute auf mich herunter. Shit! Er war ja größer als ich! Nur ein paar Zentimeter, aber immerhin. ,,Er war groß und kräftig gebaut. Ein Mann eben!" Ich blies mir eine Strähne aus dem Gesicht. ,,Na und? Es gibt auch große und kräftige Frauen!" Wie zum Beweis stellte ich mich auf die Zehenspitzen und versuchte, möglichst bullig auszusehen. Er lachte nur. ,,Dein Ernst? Du bist weder groß." Er drückte mich nach unten, sodass ich nicht mehr auf Zehenspitzen stehen konnte. ,,Noch kräftig." Dann zeigte er auf sich. ,,Ich bin kräftig!" Ich verdrehte die Augen. ,,Nein! Du bist ein Arsch!" Damit ging ich wieder in die Hütte zurück und knallte die Tür vor seiner Nase zu.
Hi Leute! Hier ist wieder ein neues Kapitel! Tut mir leid, dass so lange nichts kam, aber ich hatte in letzter Zeit viel zu tun, ich hoffe, die nächsten Kapitel schaffe ich wieder schneller.
LG Colourfance 🎨

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Wenn der Mond scheint
WerewolfEin Werwolf. Ein Vampir. Eine Jagd. Die Jagd. Als Werwölfin Nova bei Vollmond im Wald einem Vampir begegnet, der sie nicht in tausend Stücke zerfetzen will, ist sie zuerst misstrauisch. Doch als er sie vor den anderen aus seiner Gruppe rettet, nimm...