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Kein Zweifel. Ich war nervös. Man sah mir diese Tatsache auch direkt an, andere Clanmitglieder gingen mir aus dem Weg und starrten mich mitleidig an, während ich mit Adam redete. Dachten sie, ich wäre blind für seine Arroganz?

Adam verpasste mir einen Stoß zwischen die Rippen und ich funkelte ihn böse an. ,,Egal, welche Witze über dich gemacht werden, du darfst nicht ausflippen! Keine Reaktion, verstanden?" Er nickte gehorsam, aber ich wusste, er würde einem Kampf nicht aus dem Weg gehen. So war er nun einmal. Und ich tolerierte es nicht im geringsten. Doch was konnte ich da schon machen?

,,Hey!" Adam wedelte mit einer Hand vor meinem Gesicht herum. Ich zuckte zurück. Dann ärgerte ich mich. Warum war ich heute bloß so schreckhaft? Was war heute bloß mit mir los?

,,Du bist echt nervös! Warum? Es ist doch nichts Besonderes, diese Probe?", fragte Adam. Ich nickte und meinte sarkastisch: ,,Klar! Die Probe entscheidet ja auch gar nicht darüber, ob du bleibst oder nicht! Sie ist bloß eine weitere Gelegenheit für dich, dich zu beweisen!" Warum verstand er nicht, wie wichtig das hier war? Wollte er unbedingt wieder gehen?
,,Natürlich will ich das nicht! Hier ist es so viel besser, als... da, wo ich herkomme." Seine Gedankenleserei war das Nervigste überhaupt! Adam stieß mich zur Antwort an die Schulter. Aha. Er war auch nervös, interessant.

Er wollte mir gerade etwas zuflüstern, als sich um uns herum alle Clanmitglieder setzten und ein hohes Mitglied den Flachen Stein betrat. Der, der da auf dem Fels stand, war sichtlich wütend. Wütend darüber, dass Adam nicht direkt weggeschickt worden war. Überhaupt waren alle, die um uns herumsaßen, auf der gleichen Seite: Sie wollten Adam hier nicht haben. Ich konnte sie auch irgendwie verstehen, Adam war nervig, er wollte nicht lernen und konnte sich nichts merken.

Ich erwartete, dass er mir wieder eine reinhauen würde, doch er war viel zu gespannt, als dass er mich wegstoßen konnte. Ich grinste selbstgefällig. Ha! Also konnte man ihn doch irgendwie ablenken!

Gerade erklärte der Mann, der in ein dickes Fell gehüllt war, welche Prüfungen Adam bestehen musste, um im Clan bleiben zu können. Der Verkünder oben auf dem Flachen Stein rutschte fast aus und konnte sich gerade noch fangen. Er fand das Gleichgewicht wieder und klammerte sich an das Stück Papier, dass in seinen Pranken wie ein kleines bisschen Konfetti aussah. Dabei war es viel wichtiger als Konfetti, auch wenn manche Leute es als wichtig betrachteten. Zum Beispiel die Leute aus der Stadt. Sie schmissen es an bestimmten Tagen im Jahr in ihrer Wohnung herum. Keine Ahnung, was das bringen sollte. Sie mussten es doch am Ende des Tages doch wieder wegräumen. Dann packten sie es in große Tonnen, die zu beiden Seiten der Straßen standen. Meistens stanken diese Tonnen, daher hatte ich noch nicht in ihnen nachgesehen, was die Menschen noch alles dort hinein warfen. Vielleicht war es für mich nicht relevant.

,,Also, der junge Mann hier", der Mann deutete auf Adam, der nervös lächelte, ,,muss sich der folgenden ersten Prüfungen unterziehen, um Teil unserer Gemeinschaft sein zu können." Er rutschte wieder fast aus und langsam fand nicht nur ich das lustig. Die Hälfte der Sitzenden kicherte leise in die Ärmel ihrer Mäntel. Doch leider konnte der Mann über sich selbst nicht lachen. Er hob die Faust und fuchtelte mit ihr vor den Nasen zweier Kinder herum, die sich besonders lautstark über ihn lustig gemacht hatten. Sie wichen ängstlich zurück und Ruhe kehrte wieder in die Menge ein. Vereinzelte Lacher erstarben langsam. Alle beruhigten sich wieder und eines der Kinder begann zu weinen. Der Mutter schien das peinlich zu sein, denn sie stand widerwillig auf und verschwand von der Lichtung. Anscheinend hätte sie nur zu gerne gesehen, wie sich Adam blamierte. Ehrlich gesagt war ich mir auch nicht sicher, ob er es schaffen würde. Aber wie sagte Papa immer? Immer positiv denken! Das beste in einer Sache sehen. Gut. Dann dachte ich mal positiv.

Ich war gerade dabei, mich vollständig auf etwas Positives zu konzentrieren, als die Ergebnisse der Beratung genannt wurden. Ich verschluckte mich fast an meinem Speichel. Was? Das war doch wohl nicht deren Ernst? Das funktionierte doch nicht!

Der Mann wiederholte es noch einmal für alle: ,,Er muss beweisen, dass er kein Spitzel ist. Deshalb muss er das Wandeln zum Wolf erlernen, ohne jemanden zu verletzen!" Ich keuchte.

Wenn der Mond scheintWo Geschichten leben. Entdecke jetzt