Zwanghafte Zukunft

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Er schaut mich wieder mit diesem Blick an. So wie er mich immer anschaut, wenn er nach meinem Körper trachtet, und doch starre ich weiterhin geradeaus. Ganz genau spüre ich seine anzüglichen Versuchungen mir näher zu rücken. Ich könnte doch eh nichts daran ändern. Immer wenn er von seiner Arbeit wiederkommt muss ich es erleiden. Man hat mich erzogen zu gehorchen und so werde ich es auch weiterhin machen. Schließlich habe ich es doch nur für sie getan, meine arme kranke Mutter. Sie brauchte doch das Geld! Und auch jetzt hoffe ich wieder, dass es ihr gut geht, in dem fremden Jordanien, so weit weg von mir. Manchmal stelle ich mich einfach schlafend, wenn ich es nicht mehr in seiner Gegenwart aushalte. Dann lässt er mich auch in Ruhe. Aber ihm etwas zu verwehren, würde ich mich nie wagen. Er ist nunmal mein Mann, auch wenn ich weiß, dass es nicht passt.

Viele würden mich um diesen schrecklichen Alltag bemitleiden, aber ich mache es doch nur um meiner Familie zu helfen. Es geht mir doch gut hier, nur die Ungewissheit des Zustandes meiner Mutter lässt mich allmählich verzweifeln.

Mein Mann bietet mir genügend Schutz, Essen und ein Dach über dem Kopf. Und auch bald wird er meine Familie nachholen, das hat er mir versprochen! Das Brautgeld war hoch, lange können sie davon aber nicht mehr zehren. Dann brauchen sie wieder meine Hilfe. Ich hoffe bis dahin meinen Mann begnadigt zu haben mir eine Reise in mein Heimatland zu gewähren, denn nunmehr ängstlich bange ich um die im Krieg zurückgebliebenen. Wir werden alle glücklich werden, wenn wir wieder vereint sind. So sagt es jedenfalls mein Mann. Und wenn ich dann zu ihnen komme, werden auch sie sehen, dass mein Alltag nicht mehr dem eines arbeitenden Mädchens gleicht.


'Viele Träume wurden in den syrischen Kriegen zerstört. Die Zukunft bleibt jedoch immer fern. Auch für verkaufte Mädchen'

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