Kaffeefleck

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Ein Fleck. Ein einzelner braun gesprenkelter Fleck sog sich langsam in die weiße Spitzendecke und fraß sich rasant seinen Weg durch die einzelnen Stofffasern. Eine Hand kam sogleich eilends mit einem anderen Stofffetzen an; ebenfalls weiß, unberührt, rein. Nun nicht mehr, nachdem man versuchte die Untat zu beseitigen. Noch mehr ausgebreitet; verwischt. Ein kleines Prusten aus dem Mund, umrahmt mit so viel Bart dem Fell eines Bären gleich, und schon war das Tröpfchen herabgesunken, wie ein kleines schwereloses Tautröpfchen, aber dennoch eher ein Tropfen des Genusses. Die Hand aber nicht gehörte zu demjenigen, dessen Schuld es war nein. Dessen Hand wischte über das üppige Fell, das Kinn entlang und den Hals hinunter. Jetzt war seine Hand auch verschmutzt, griff aber sogleich zu einem weiteren staubtrockenen Croissant; Schuld war wohl eines von ihnen am Unglück. Gegenüber, die Dame in grün. Reckte das Kinn in die Höhe. Spitz wie eine Eistüte, aber eher gestutzt. Die Hand versuchte sich immer noch am verwischten Fleck. Keine Chance. Wir ihr Lippenstift; derjenige der Dame, knallig rot, von der Dame in grün. Ganz hinten beäugten zwei trüb leuchtende Augen das Treiben; den Fleck. Milchig und verträumt; scharf und sachlich wiesen sie die Hand schicklich an zu arbeiten. Mühen das Unheil zu beseitigen. Die Dame in grün, langsam schleichend und schnell staksend in Richtung Ausblick. Wendete den Rücken zu der weißen Decke. Eine Hand mit blau-gelb gepunkteten Handschuh schüttelte die Verunreinigte des Bärtigen. Musste wohl wichtig sein, auch die Dame in grün schüttelte sie, reckte das Eistüten Kinn hervor, spitzte den vollen roten Mund, schob sich ein Stück Schokolade hinein. Der gelb-blau gepunktete Handschuh griff in eine zerschlissen, neue Aktentasche. Leder, Krokodil. Wahr wohl sehr teuer und schwer zu kriegen, bemerkten die Augen sachlich. Von weit weg musste ihr Leder reisen, wie sie, das burschikose Weib in den Handschuhen, erkennen die Augen verträumt. Der Fleck immer noch da, jetzt etwas blasser. Die Hand arbeitete immer noch. Wie jeden Tag. bespitzelt mit den kleinen Ohren die großen Gespräche. Überaus wichtig! wie immer. Überaus große gewichtige Dinge. Die Krokodilleder-Tasche klatschte zu Boden. Ein Geräusch wie ein fallender Sack Möhren,  erfassen die Augen schlicht. Die drei Gesellschaftler kannten kein solch unbedeutend vergleich. Viel zu groß, wichtig, schicklich. Und dann klappte die Akte auf den Tisch, die Decke, den Fleck. Schnell zog sich die Hand weg, entschuldigte sich schweigend gestikulierend. Das Weib blätterte durch das Schriftstück, bemerkte hier und da höchst wichtig belangenlose Sachen. Und wieder wurde von den Anderen gespitzelt. Unschicklich, schlicht, klein.  Wie überaus unhöflich!

Dann wurde sich erhoben. Die Dame in grün, der bärtige und das Weib. Allesamt vergnügt wiehernd. Falsch, ein Maskenball, erkannten die Augen, hörten die Ohren und die Hand; sie arbeitete weiter am Fleck. Ihre Schuld. Wie immer





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