„Es tut mir leid, Papa."

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Zwei Wochen waren vergangen, seit die Familien erfahren haben, dass Baran und Nazli zusammen sind. Der älteste Sohn Cenks hat es auch noch seiner Familie gebeichtet, und so wusste es nun jeder. Alle haben sich für die Beiden gefreut, vor allem Nazlis Oma Meltem, die sich niemanden besseres für ihre Enkelin wünschen könnte. Die Männer in der Familie haben Baran noch gedroht, dass sie ihn abknallen, wenn sie ihrer Prinzessin weh tun würden. Er hat nur abgewunken, das kannte er schon aber von Nazlis Vater und Brüdern. Deswegen war es ihm eigentlich egal. Hauptsache er konnte sich endlich mit seiner Freundin treffen, ohne dass sie Angst hat, jemand könnte sie erwischen.

Nazli fühlte sich auch freier, jetzt da es jeder wusste. Natürlich benahm sie sich neben ihrer Familie ganz normal, aber sie konnte sich mit ihm treffen, ohne dass sie jemandem eine Lüge auftischen musste.

„Frau Aslanoglu, das ist jetzt das dritte Mal, dass ich sie ermahnen muss, in meinem Unterricht aufzupassen.", holte sie eine Stimme aus den Gedenken. Blinzelnd kam sie wieder in die Realität und blickte auf, genau in das Gesicht ihrer Mathelehrerin, die schon viele Falten im Gesicht hatte. „Du gehst jetzt sofort zum Direktor!"

Seufzend stand sie auf und verließ mit einem Zettel in der Hand das Klassenzimmer. Die mitleidigen Blicke ihrer Verwandten folgten ihr. Die Lehrerin hatte es wirklich auf sie abgesehen, aber niemand wollte das wahrhaben. Nazli verstand das Thema einfach nicht, aber ihre Lehrerin wollte es ihn nicht noch einmal erklären.

Auf dem Weg zum Direktor schlug sie sich gedanklich gegen die Stirn. Warum konnte sie auch nicht einfach aufpassen? Dann wäre sie jetzt nicht in dieser Situation. Bedrückt klopfte sie gegen die Tür und betrat nach einem Herein das Zimmer des Direktors. Fragend schaute er ihr entgegen, doch sie drückte ihm ohne ein Wort den Zettel in die Hand. Kopfschüttelnd ließt er alles und bedeutete ihr sich hinzusetzen.

„Du bist deiner Mutter wirklich sehr ähnlich, Nazli. Sie hatte auch immer Probleme in Mathe.", schmunzelte der Mann leicht. Ihm schien es gar nichts auszumachen, dass sie von ihrer Lehrerin zu ihm geschickt wurde. Leider musste er ihren Vater trotzdem anrufen. Das waren nunmal die Regeln hier an der Schule. Immerhin war sie auch noch minderjährig.

„Leider muss ich deinen Vater trotzdem anrufen."

Nazli nickte und stand auf, um draußen auf ihren Vater zu warten. Hoffentlich war er nicht zu streng zu ihr. Schließlich wusste er, dass sie in Mathe einfach nicht klar kam. Ihre Mutter war damals ja auch nicht besser gewesen.

Nach einer halben Ewigkeit sah sie ihren Vater durch den Flur auf sie zukommen, weshalb sie aufstand und ihm entgegen schaute. Niedergeschlagen senkte sie ihren Kopf, als sie seinen strengen Blick begegnete und vor ihr stehen blieb.

„Es tut mir leid, Papa."

Sanft legte Tunc seine Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf an. Aus weichen grünen Augen blickte er zu seiner Tochter runter und strich über ihre Wange. Er war nicht wütend auf das Mädchen. Schließlich wusste er, dass seine Tochter in diesem Fach einfach nicht nach ihm kam, sondern nach ihrer Mutter, die damals ebenfalls sehr schlecht war.

„Komm, Prinzessin. Hören wir uns Mal an, was der Direktor zu sagen hat."

Erleichtert nickte das Mädchen und folgte ihrem Vater in das Büro rein. Sie setzten sich vor den Direktor und blickten ihn fragend an, der erst einmal Tunc begrüßte. Sie kannten sich schon von früher zu Adas Zeiten an dieser Schule.

„Nazli hat wohl in Mathe nicht aufgepasst und etwas geträumt, aber da sie sonst keine anderen Fehler gemacht hat, belasse ich es bei einer kleinen Mahnung. Aber sie sollten sich überlegen, wie ihre Tochter in Mathe durchkommt. So kann das ja nicht weiter gehen.", meinte der alte Mann und lächelte Beide an. Zufrieden nickte ihr Vater dem Mann zu und wandte sich an seine Tochter, die erleichtert wirkte.

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