Mit der Fernbedienung öffne ich die Tiefgarage, als ich auf das kleine Wohnhaus außerhalb der Stadt fahre. Es ist nichts Besonderes, aber es liegt im Grünen. Ich wollte nicht mehr mitten in der City wohnen, wie zuvor in München.
Nachdem ich das Radfahren für mich entdeckt habe, finde ich es noch praktischer. So muss ich nicht erst mit dem Fahrrad aus der Stadt raus fahren. Mein Blick fällt auf den freien Parkplatz. Das heißt, Jonas und seine Klapperkiste sind noch nicht zurück.
Mit dem Aufzug fahre ich in die zweite Etage, in der meine Wohnung liegt. Öffne vorsichtig die Haustür, aber von Rüdiger ist nichts zu sehen. Wir haben vorsorglich eine Gummileiste an der Innenseite angebracht, damit wir nicht seine Füßchen quetschen, wenn er einmal genau dahinter ist. Diese schabt jetzt leise über den Boden.
Für eine Wohnung in der Größenordnung ist der Eingangsbereich winzig. Ich weiß nicht, was sich der Architekt dabei gedacht hat. Es gibt nur Platz für vier Garderobenhaken und ein kleines Schuhregal. Danach öffnet sie sich in das große Wohnzimmer mit offener Küche. Erst durch eine weitere Tür gelangt man in einen Flur, mit den drei Schlafzimmern, von denen zwei durch ein Bad verbunden sind.
Das Dritte, dass von Jonas bewohnt wird, hat ebenfalls ein Bad, aber er muss über den Flur. Die vier Türen spiegeln sich, aber nicht die Räume dahinter. Jonas Zimmer ist das größte, meines das kleinste.
Der unbewohnte Raum beherbergt mein Fahrrad und hat den einzigen Zugang zum Balkon. Ich bin immer noch der Meinung, der Architekt muss besoffen gewesen sein, als er das hier entworfen hat. Bestimmt ein Grund, warum die Wohnung zum einen so günstig und zum anderen noch zu haben war.
Achtlos landet mein Rucksack im Zimmer und ich unter der Dusche. Auf dem Heimweg bin ich wie so oft, in meine Vergangenheit abgerutscht. Immer wiederkehrende Erinnerungen, die mir die Laune verderben. Warum hört das nicht auf?
Rüdigers Klackern, reißt mich aus meinen Gedanken.
„Hi Kumpel, na hast mich gehört?", frage ich das handgroße Tier, das zu mir aufsieht.
Rüdiger liebt Wasser und sobald er die Dusche hört, ist er da. Also stehe ich, wie Gott mich schuf vor einer Schildkröte, die sich ihren Weg zu mir in die Dusche bahnt. Ich weiß nicht, soll ich über die Situation lachen oder mich über den Verlauf meines Lebens bemitleiden.
Gut, dass ich mit waschen fertig bin, denn an Seife ist mit Rüdiger in der Dusche nicht zu denken. Ich sehe ihm zu, wie er meiner Meinung nach zufrieden seinen Kopf in das Wasser hält, und lasse es ihm zuliebe noch ein bisschen laufen. Es scheint ihn zu entspannen, denn er kackt mir rotzfrech vor die Füße.
Na, besser hier als wo anders, hier erledigt sich die Reinigung von selbst. Ich bin mir sicher, ich gestehe dem Tier zu viel Intelligenz zu, aber es ist schon cool, dass er es hier macht. Ein schlaues Tier oder auch nicht.
Rüdiger setzte ich auf ein Handtuch, trockne mich ab und ziehe mich wieder an. Dabei klemme ich mir meinen Dödel im Reißverschluss.
Jetzt fragt man sich, wie das möglich ist, dieselbe Frage stelle ich mir auch gerade. Man muss sich schon saublöd anstellen, um das fertig zu bekommen, aber hey ich kanns! Wenigstens hat er so, etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen wie in den letzten zweieinhalb Jahren. Und da behaupte ich, Jonas ist ein Tollpatsch!
Wenn man von Teufel spricht, kommt er zur Tür herein. Zumindest kann ich ihn im Wohnzimmer poltern hören. Mit Rüdiger auf dem Arm folge ich den anschwellenden Geräuschen.
„Oh hi ihr zwei, ich hab uns was vom Italiener mitgebracht.", begrüßt er uns und nimmt mir die Schildkröte aus der Hand, um sie an sich zu drücken und zu streicheln.
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Queer-Seite
RomanceDrei Jahre nach der Trennung von Alex schafft Daniel es nicht loszulassen. Langsam öffnet er sich seinem Mitbewohner Jonas, erzählt von Alex Wandlung. Jonas hört zu, hält ihm den Spiegel vor und begleitet ihn zurück in das Leben und die Liebe.