23. Essen

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Nervös suche ich uns einen Tisch aus. Jeder schaut in seine Karte und als die Kellnerin kommt und unsere Bestellungen aufnimmt, beschleichen mich leise Zweifel, ob es eine gute Idee war. Jonas sieht aus, als ob er eine Zitrone gegessen hat.

„Wir haben uns heute so rausgeputzt, da ist es doch perfekt noch essen zu gehen.", versuche ich die Stimmung zu erheitern und ein Gespräch zu beginnen.

Jonas sieht mich wütend an. „Können wir bitte damit aufhören, so zu tun, als wäre heute Nachmittag nichts passiert und uns wie Erwachsene darüber unterhalten?", zischt er leise über den Tisch.

Überrascht nicke ich stumm, spüre, wie sich ein Stein in meinem Magen bildet. Er sieht mich erwartungsvoll an, aber ich traue mich nicht mal zu atmen. Ich hab's versaut, ist mein einziger Gedanke.

Hörbar laut atmet er aus. „Das heißt also, ich soll anfangen."

„Du hast ja schon begonnen, indem du es angesprochen hast.", rutscht es mir raus und ich könnte mich ohrfeigen. Er sieht etwas bedröppelt aus und ich versuche, das Ruder herumzureißen.

„Was macht dich so wütend?"

Jonas legt seine Hände flach auf den Tisch und beugt sich drohend nach vorn. „Ich bin sauer, weil du versuchst, alles unter den Teppich zu kehren. Das, was heute Nachmittag passiert ist, kann doch nicht spurlos an dir vorbeigehen!", hält er mir vor.

„Ich kehre nichts unter den Teppich, ich dachte ein gutes Essen, würde den schönen Nachmittag abrunden. Denn natürlich ist mir nicht entgangen, was heute Nachmittag passiert ist, ich war nämlich dabei.", verteidige ich meine Entscheidung ruhig und Hoffnung keimt in mir.

„Wie meinst du das?", möchte er wissen und sieht jetzt etwas versöhnter aus.

„Was?"

„Fandest du es wirklich schön?", fragt er und legt den Kopf schief.

„Nein, schön ist das falsche Wort, es war besonders, berauschend.", erkläre ich überschwänglich.

„Warum?", fragt Jonas skeptisch. Und jetzt habe ich Angst, einen Fehler zu begehen. Aber es ist zu spät, um umzukehren.

„Weil es wir beide waren. Ab einem gewissen Zeitpunkt gab es nur noch dich und mich. Marco, die Fotos, das alles war nicht mehr wichtig, nur du."

„Daniel...", haucht er schwach und ich kann den Gesichtsausdruck von ihm nicht deuten. Bevor mich mein Mut verlässt, spreche ich weiter.

„Bitte Jonas, bitte lass es uns versuchen. Ich kann dir nichts versprechen, aber das kann keiner, lass uns doch einfach sehen, wohin es uns führt.", bitte ich und sehe zu, wie Jonas kurz die Augen schließt. Mir rutscht mein Herz in die Hose.

„Oh Daniel, wenn du wüsstest, wie lange ich auf den Moment warte."

Seine Worte hallen in meinen Ohren, rutschen eine Etage tiefer in mein wild klopfendes Herz und entzünden ein warmes Feuer, das sich in mir ausbreitet. Jonas sieht mich niedlich an und ich rutschte ein Stückchen näher.

„Ist das ein, ja?", versichere ich mich und muss lächeln.

„Hmmmm", summt er und nickt eifrig dazu.

„Jonas, hast du Angst?", frage ich sanft, als ich seine Hände in meine nehme.

„Ja, ein bisschen schon."

„Gut ich auch, aber wir machen es ganz langsam ok? Ich mag dich wirklich gern.", sage ich sanft und jetzt spüre ich, wie mir das Blut ins Gesicht steigt.

„Mir geht es auch so."

Wir sind unbewusst noch näher aneinander gerutscht und himmeln uns über den Tisch hinweg an. Ich kann nicht fassen, was gerade passiert ist. Woher ich den Mut genommen habe, wo meine Zweifel abgeblieben sind.

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