In dieser Nacht träume ich von blauen Augen, roten Lippen und Wangen, meiner Oma und Bondage.
Es ist so ein wirres Durcheinander, das ich über mich selbst lachen muss, als ich aufwache. Da hat mein Unterbewusstsein ganze Arbeit geleistet. Es hat alles in einen Topf geschmissen, kräftig umgerührt und mir ein Traumgulasch vom Feinsten serviert.
So ein Blödsinn kann auch nur meinem Hirn einfallen! Aber ich stelle zu meiner Zufriedenheit fest, besser als der andere Dreck. Vor allem Bondage! Ich hab überhaupt keine Ahnung davon.
Jonas ist schon wach und wir frühstücken gemeinsam. Die Stimmung ist ausgelassen und wir albern rum über dem gestrigen Abend. Heute ist unser letzter gemeinsamer Tag. Morgen gehe ich wieder in die Arbeit und Jonas auch. Die Beule an seinem Kopf ist verschwunden, nur ein zarter roter Streifen ist noch zu sehen. Dabei fallen mir zwei Dinge ein, die ich noch ansprechen wollte.
„Jonas darf ich dich etwas sehr Persönliches fragen?", beginne ich vorsichtig und er sieht mich verängstigt über seinen Brillenrand an, aber nickt.
„Ich verstehe jetzt, warum du dich so kleidest, aber ist es das, was du möchtest? Ich meine, fühlst du dich so wohler oder wie gestern Abend?" Innerlich klopfe ich mir auf die Schulter, weil ich es geschafft habe, ihn nicht zu beleidigen.
Jonas Gesichtszüge erhellen sich schnell. Was dachte er, möchte ich wissen?
„Die Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Ich ziehe mich schon eine Weile so an, es ist für mich zur Gewohnheit geworden. Ich denke nicht sehr viel darüber nach. Aber wie jeder Mensch umgebe auch ich mich gerne mit schönen Dingen. Ich weiß um den Schutz, den mir meine Maskerade bietet, aber es fühlt sich auch toll an sich aufzubrezeln. Warum fragst du?"
„Weil du ständig stolperst wegen der ollen Brille, die du nicht brauchst. Weil du dich damit verletzt. Hast du nicht Lust, sie wenigstens hier in der Wohnung abzulegen?", äußere ich meine Bedenken.
Er lächelt schüchtern, nimmt die Brille ab und legt sie neben seinem Teller auf den Tisch.
„Ja, du hast recht, jetzt da du hinter mein Geheimnis gekommen bist, macht es wenig sinn."
Ich grinse zurück und erhasche noch einen kurzen Blick auf seine leuchtenden blauen Augen, bevor er beschämt den Blick senkt. Er hat keinen Grund sich zu schämen. Zum einen sind seine Augen wunderschön, zum anderen sind es andere Menschen, die ihn zu diesen Maßnahmen zwingen. Die sollten sich schämen. Das bringt mich wieder zu meiner zweiten Frage:
„Ich würde gerne noch etwas wissen."
„Na, heute sind wir aber neugierig.", kontert er belustigt und sieht mich wieder an.
„Der Typ gestern, also der angebliche Fotograf, fandest du den gut?", frage ich geradeheraus und Jonas Augen werden größer.
„Was, nein! Wie kommst du darauf?", meint er irritiert.
Mein Grinsen wird nur noch breiter, weil er gar so entsetzt reagiert. Einen Teil hat er mir damit schon beantwortet.
„Dann haben deine Augen so geleuchtet, weil du gerne zu einem Shooting möchtest?"
Wieder senkt er den Blick. „Ja, ich finde das spannend. Nicht das ich glaube, dass er wirklich ein Fotograf ist."
Plötzlich hebt er seinen Kopf und sieht mich erschrocken an. „Oder er macht Aktfotos und will uns dafür! Oh mein Gott!", entfährt es ihm gequält und schon verstecken seine Hände das Gesicht. Bestimmt wird er gerade wieder rot. Er hat aber auch Ideen.
Ich stehe vom Tisch auf, um ihm ein bisschen Zeit zu geben, sich zu beruhigen, hole die Visitenkarte und meinen Laptop. Als ich zurückkomme, sieht mich Jonas fragend an.
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Queer-Seite
RomanceDrei Jahre nach der Trennung von Alex schafft Daniel es nicht loszulassen. Langsam öffnet er sich seinem Mitbewohner Jonas, erzählt von Alex Wandlung. Jonas hört zu, hält ihm den Spiegel vor und begleitet ihn zurück in das Leben und die Liebe.