Capìtolo 8

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Adriana

Er sollte nicht fragen, sondern einfach machen. Ich hatte keine Lust mich Padre zu stellen, wenn Kian doch auftauchen sollte. Also habe ich ihm geschrieben, dass er mich auf dem Aussichtpunkt holen soll. Seit gut einer Stunde bin ich jetzt hier, aber ich bin auch viel zu früh gegangen. Ich habe Alejandro eingeweiht, dass er zur Not die Wahrheit sagen kann. Wenn es Padre überhaupt auffällt, dass ich nicht da bin. Ich werde einen scheiß tun und mir das noch verbieten lassen, was ich mich fast nicht getraut habe. Falls irgendjemand mich sehen sollte, habe ich eine dunkelblaue Sportlegginz und den passenden Pullover angezogen, damit es so aussieht, als würde ich Joggen gehen. Meine Haare sind zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebunden. Einzig und allein meine Babyhaare, sowie zwei dünne Haarsträhnen schauen unter der Kapuze, welche ich mir aufgezogen habe, heraus. Ich sitze auf einem Stein, welcher vor dem großen Felsen liegt, wo ich mich gegen lehne. Immer wieder schaue ich auf mein Handy, auf die Uhrzeit und hoffe, dass es endlich sieben Uhr ist. Doch die Minuten vergehen nur langsam und ich habe das Gefühl, dass es immer kälter wird. Als es auch noch windig wird, packe ich mein Handy in die vorgesehene Tasche der Sportlegginz und ziehe die Ärmel meines Pullis über meine eisigen Finger. Die Kapuze habe ich mir noch mehr ins Gesicht gezogen und meine Knöchel, die hervorschauen, da die Hose hochgerutscht ist, fangen an vor Kälte zu schmerzen. Es ist Juni, doch diese angehende Nacht ist verdammt kalt und ich ahne schlimmes. Der Wetterbericht hat schon vor Tagen einen heftigen Sturm angekündigt, welchen ich total vergessen habe. Ich bin mir nicht sicher, doch so wie der Himmel aussieht kommt der Sturm immer näher. Es ist Dunkle. Das einzige Licht sind die Straßenlaternen von Madrid, doch die erleuchten den Aussichtspunkt nur bedingt. Ein letztes Mal hole ich mein Handy raus und sehe dass es 18.59Uhr, Kian müsste also bald kommen, nur bin ich dann erfroren.

schließlich höre ich ein Knacken und unter dem Bäumen taucht eine Gestalt auf dem Pfad auf. Die Hände in der schwarzen Jeans vergraben, der ebenso schwarze Pulli mit der gelben Aufschrift Madrid Life sticht heraus und die Kapuze hat er sich ebenso ins Gesicht gezogen. Die grauen Wellen seiner Haare schauen hervor und erst als er vor mir stehen bleibt hebt er den Kopf. Das weiße T-Shirt leuchtet unter seinem Pulli leicht hervor, während er mich schließlich von oben bis unten scannt. „Wie lange sitzt du schon hier?", ist das erste was Kian mich fragt, als er mir mit seinen wunderschönen Grünen Augen in die eisernen blauen Augen meinerseits starrt. „Auf dich warten?", frage ich und stehe auf. Meine Arme schlinge ich vor meinen Körper zusammen und versuche mein Frieren zu verstecken. „Es ist Arschkalt und außerdem war das nicht die Antwort auf meine Frage. Wie lange, Adriana?", fragt er noch eindringlich. Seine Miene ist star und man könnte meinen Ausdruckslos, doch ich meine ebenso einen Hauch von Besorgnis zu erkennen. „Keine Ahnung", meine ich schließlich, wobei das komplett gelogen ist. 1 ½ Stunden sitze ich hier – ungefähr – und warte darauf, dass Kian hier auftaucht. Der Mann, den ich schon immer wollte. „Adriana", meint er nur und zieht eine Augenbraue hoch, ehe ich ihm schließlich die Wahrheit sage und er mich verwirrt ansieht. „Merida, frag einfach nicht ok!?", fahre ich ihn wütend an und fahre mir angestrengt übers Gesicht. Ich werde ihm nicht sagen, dass ich gar nicht hier sein darf und dass der einzige der hiervon weiß, mein Bruder ist, der sich fast jeden Tag die Kante gibt. „Können wir jetzt los, wo auch immer du hinwolltest?", frage ich und atme tief ein und wieder aus, ehe ich ihn ansehe. „Mein Wagen steht unten. Eigentlich wollte ich mit dir hier sitzen und einfach nur reden", beginnt er und erstaunt sehe ich ihn an. Ich hätte schwören können, dass er vögeln wollte. „Aber du bist schon fast ein Eisblock, also ist ein Auto mit Sitzheizung wesentlich besser für dich. Mit der richtigen Musik über die Autobahn zu fahren ist doch auch nicht schlecht oder?"
„Hauptsache es ist warm", meine ich und steuere an ihm vorbei, wobei ich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen erkennen kann, was sofort wieder verfliegt, als ich ihn skeptisch an sehe.
Habe ich mir unter dem Date überhaupt was vorgestellt? Nein, ich denke nicht. Ich habe nicht mal im Ansatz darüber nachgedacht, was er vorhaben könnte. Eigentlich habe ich nicht mal darüber nachgedacht, ob er vögeln wollen würde. Und wenn ich ehrlich bin scheint er mir auch gerade nicht danach.
Ein seufzen entfährt mir, als die Sitzheizung allmählich ihre Aufgabe erfüllt und Kians Spotify Playlist im Auto läuft.
„Willst du mir erzählen, warum du 1 ½ Stunden in der Kälte gesessen hast?", fragt er nach einer Weile, die wir nur über die Autobahn gefahren sind und uns angeschwiegen haben. „Nein", sage ich stur und sehe angespannt aus dem Fenster. Vermutlich wäre es besser, damit er nicht einfach bei uns zu Hause auftaucht, warum auch immer er das machen sollte, aber ihm ist es zuzutrauen. „Okay. Dann sage ich dir eben meine Vermutung" - erstaunt sehe ich ihn an. Er hat eine verdammte Vermutung!? – „Ich denke, dass dein Vater nicht weiß, dass du mit mir auf einem Date bist, wegen der ganzen Spitzelsache. Habe ich recht, oder habe ich recht?", fragt er, sieht mich an und nimmt dann die Ausfahrt. Ich bleibe nur stumm. Wieso weiß er das denn jetzt schon wieder!? „Du bist furchtbar, aber ja", seufze ich und schaue wieder aus dem Fenster. Wieso muss ich in einer Mafia geboren worden sein? Auf das riesige Anwesen kann ich verzichten und auf die ganze Schießerei schon gleich. Meine Familie wäre viel einfacher, mein Leben wäre viel einfacher, wenn ich nicht ständig in dieser scheiß Angst leben müsste. In dieser Angst im nächsten Moment abgeschossen zu werden. In dieser Angst Zwangsverheiratet zu werden. In der Angst als Geisel genommen oder gar entführt zu werden. Es wäre alles einfacher.
„Wir sind da, guapa(hübsche)"

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𝑻𝒉𝒆 𝑴𝒂𝒏 𝑰 𝑾𝒂𝒏𝒕 𝑭𝒐𝒓𝒆𝒗𝒆𝒓 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt