Die Tage auf dem Schiff waren kein Zuckerschlecken und nicht vergleichbar mit der Ruhe, Gelassenheit und Entspanntheit wie ich es aus meinem bisherigen Leben gewohnt war. Meistens zog ich mich aus dem Gewusel an Deck heraus und verbrachte die meiste Zeit im Meer unterm Schiff.
Ich konnte mich nicht mehr erinnern wann ich mich das letzte Mal so winzig gefühlt habe im endlosen Ozean. Teilweise erstreckte sich unter mir eine endlose Tiefe, dich ich mich nicht zu erkunden traute. Der Schlund führte scheinbar ins Nichts, und selbst als mich einmal der Mut - und vor allem die Langeweile - gepackt hatte, verließ er mich doch recht zügig. Kaum erreichte einem nicht mehr das Sonnenlicht und die Schwärze der Tiefe nahm einen ein, verlor man die Orientierung. Weder meine Augen noch mein Schnalzen waren mir eine große Hilfe gegen das beengende Gefühl um mich herum, welches sich immer weiter zuzuziehen schien. Außerdem wurde ich das Gefühl nicht los beobachtet zu werden, von etwas, dem selbst ich nicht gewachsen war. Es fühlte sich so an, als würde es seinen Griff langsam nach mir ausstrecken um mich zu packen und ins Nichts zu ziehen. Die Kälte kroch langsam in meine Knochen und meine Kiemen schienen ihre Arbeit aufzugeben. Letztlich hielt ich es keine Sekunde mehr aus und nutzte die letzte, in meinen Lungen verbliebende Luft um ein paar Bläschen zu bilden und denen an die Oberfläche zu folgen.
Ich hielt mich also lieber in der Nähe vom Schiff auf, immer im Schatten versteckt, durchstöberte Korallenriffe oder Seetang Wälder, erkundete versunkene Schiffswracks und wenn ich in guter Laune war, ließ ich Sylas wissen wo sich Schätze verbargen. Meistens dankte er es mir in einem umfangreichen Abendbrot - welches nicht nur aus Fisch bestand.
An einem Tag schienen die Sterne richtig zu stehen und ich hatte besonders gute Laune. Nicht einmal die teilweise anzüglichen und abwertenden Kommentare der Mannschaft holten mich von meinem sehr hohen Ross herunter, im Gegenteil sie beflügelten mich nur noch mehr. Erhobenen Hauptes stiefelte ich zum Kapitän - der sich seit neusten ein Heim bei den anderen Fichgesichtern gesucht hatte. Immerhin residierte ich in seiner Kabine und scheinbar war ihm unsere Zweisamkeit in der Höhle eine Lehre, denn er verzichtete ganz freiwillig darauf sie mit mir zu teilen.
Wenn dem nicht so wäre, hätte ich spätestens nach zwei Tagen dafür gesorgt.Meine noch nassen Haare hinterließen eine kleine Tropfspur auf dem dunklen Holzboden, während ich mich unters Deck wagte. Begrüßt von dem Geruch von Schweiß, ungewaschenen Socken, Fisch und allerhand anderen unangenehmen Sorten (die ich nicht näher beschreiben wollte), legte ich mir eine Hand über Mund und Nase und steuerte die Mannschaftskabine an. Um diese Uhrzeit war es in dem großen Raum mit den Hängematten bis auf die Nachtschicht leer. Sylas gehörte zu eben erwähnter Nachtschicht an diesem Tag, weswegen ich ihn auch seelenruhig schlafend in dem Gebilde aus dreckigem Stoff vorfand. Seinen Hut hatte er sich übers Gesicht gelegt und sein Hemd locker aufgeknöpft. Unbeabsichtigt fiel mein Blick auf seine Halskette mit der dunkelblau schimmernden Schuppe daran. Im Wenigen Licht der Öllampen schimmerte sie mysteriös und ein wenig vertraut. Vielleicht war sie der Grund warum mein Gesang keine Wirkung zeigte? Besaß der Saphir eine solche Kraft? Was würde passieren, wenn ich sie ihm abnahm? Langsam streckte ich meine Hand danach aus, die Blicke auf der Schuppe fixiert. Nur noch ein kleines Stück...
"Was kann ich für dich tun, Perle?", die raue und teils noch verschlafene Stimme des Kapitäns riss mich aus meinen Träumereien. Ich zuckte ertappt, warf aber gleich jegliche Schuld von mir und hob meinen Blick in seine dunkelgrünen Augen, während meine Hand sich wieder senkte. "Ein ehemaliges Handelsschiff, in 900 Metern süd-östlich. Sollte sich lohnen", ließ ich ihn wissen, und konnte beobachten wie seine immer wacher werdenden Augen anfingen zu funkeln. Bisher hatte meine Einschätzung nie enttäuscht und der Lagerraum glitzerte durch das gefischte Gold nur so.
So elegant wie es möglich war, stieg der Braunhaarige aus der Hängematte, setzte sich seinen Hut auf und marschierte strammen Schritt aus der Kabine. Kurz darauf hörte man ihn schon Befehle durch das Schiff brüllen.
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Gem-Sirens [BL]
FantasySirenen - Wesen die nur aus Legenden, Mythen und Geschichten bekannt sind. Doch was, wenn der hübsche junge Mann, mit den außerordentlichen lilianen Augen und dem weißen Haar, eben ein solches Geschöpf ist? Würde man seiner charmanten Art noch imme...