Kapitel 8 - Zurück zum Schiff

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Das Besorgen eines Bootes lief tatsächlich so problemlos ab, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es war zwar nur ein Ruderboot, doch damit wird sich unser feiner Kapitän zufriedengeben müssen, und er könnte Gift drauf nehmen, dass er ganz allein rudern darf. Wir stecken in dem Schlamassel in erster Linie nur wegen ihm. Naja, auch ein bisschen wegen meinem unwiderstehlichen Aussehen, doch dafür konnte ich ja nichts.
Ich hoffe es war ihm eine Lehre sich mit einer Sirene anzulegen. Mag sein, dass seine erste Begegnung mit einer ihm nichts gelehrt hatte, doch ich bin sicher, dass ich einen bleibenden Eindruck hinterlassen habe.

Mit dem Tau um den halben Fischkörper geschlungen, zog ich das Boot gegen die sachten Wellen an Richtung Horizont vom Hafen weg. Die meisten Fischer schlafen wahrscheinlich noch ihren Rausch aus oder verzichteten darauf auszulegen aufgrund der Piraten, welche in der Nähe des Hafens lauerten.
Selbst unter der Wasseroberfläche erkannte ich bereits, wie der Himmel sich langsam wieder aufhellte und einen neuen Tag ankündigte. Unglaublich, dass ich eine ganze Nacht durchgemacht habe und damit meinen wertvollen Schönheitsschlaf vernachlässigt habe.

In der Nähe der Bucht suchte ich mir einen stabil aussehenden Felsen und knotete daran das Tau fest, darauf achtgebend die Seeigel nicht zu stören. Jetzt hieß es nur noch meine Tauschware holen und dann komme ich um dich zu retten, Erik.

Mit ausgestreckten Armen, um besser durch die starken Strömungen zu gleiten und diese frühzeitig erfühlen zu können, schoss ich durch das kühle Nass, in die Tiefe und auf den Eingang der Unterwasserhöhle zu. Verdeckt vom Seegras und umgeben von scharfkantigen Steinen, Seeigeln und dem trüben Wasser, war sie nicht so leicht zu erkennen - erst recht nicht für menschliche Taucher. Wie gut, dass ich mich nicht nur auf meine Augen verlassen musste.

Das letzte Mal ließ ich Wasser durch meine Kiemen strömen, bevor ich durch den engen Eingang huschte, der gerade mal so viel Platz bot, dass zwei Menschen zugleich durchkonnten. Die dahinter liegenden Tunnel waren Großteils zu schmal und eng, selbst für mich, weswegen es nicht ganz so schwer war sich den Weg zu der Höhle zu merken. Geschmeidig glitt ich durch die Dunkelheit, ließ hin und wieder meine Fingerspitzen an den Steinwänden entlang streifen während ich die Abzweigungen nahm. Endlich in dem größeren Becken angekommen, musste ich nur noch die Wasseroberfläche durchbrechen.

Meine Lider wuschen das Wasser aus den Augen und ich suchte die Höhle nach dem Piraten ab, welcher noch immer auf seinem kleinen Vorsprung saß und brav auf mich gewartet hatte. Er zitterte leicht und hatte seine Beine angezogen, die Arme darum geschlungen. Seine Lippen hatten eine bläuliche Färbung angenommen und seine Lider waren halb gesenkt. "Kalt?", zwitscherte ohne den kleinsten Funken von Mitleid. "Bisschen", presste er zwischen den Lippen hervor und löste etwas seine Haltung. "Na komm, ich bringe dich auf dein Schiffchen zurück", schmunzelte ich und streckte eine Hand nach ihm aus. Seine Augen flogen mehrmals zwischen meiner Hand und der Wasseroberfläche hin und her, während seine Mimik ins grübelnde überging. "Dir bleibt nichts anderes übrig als mir zu vertrauen", säuselte ich zufrieden über seine Sorge.
Ein Zeichen, dass er sich der Gefahr bewusst war, welche von mir ausging.
Nach weiteren Sekunden des stillen Überlegens, schien er nachzugeben und seufze einmal, ehe ich die kalte und raue Hand in meiner fühlte. "Na geht doch", grinste ich und zog ihn dann mit Schwung ins Wasser. Nach einem Platschen als er ins Meer tauchte, erfolgte ein neues, als sein Kopf wieder auftauchte. Er schnappte nach Luft und wischte sich sein mittellanges Haar aus dem Gesicht. Seine Hand klammerte sich an meine und ich ließ ihm ein paar Momente um sich an die niedrige Wassertemperatur zu gewöhnen, ehe ich einen Arm unter seine Arme schob und seinen Rücken an meine Brust zog. "Lass dich locker, die Augen geschlossen und die Luft in deiner Lunge", wies ich ihn knapp an und wartete bis er einen tiefen Atemzug nahm.
Sein Körper schmiegte sich an meinen und seine Beine störten ein wenig meine Flosse, doch selbst damit sollte ich es problemlos hier raus schaffen - immerhin habe ich es ja auch mit ihm rein geschafft.

Gem-Sirens [BL]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt