✿Demiromantik✿

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Olivia war lesbisch. Das wusste sie schon lange. Es war für sie kompliziert gewesen, es herauszufinden und sich einzugestehen, doch mittlerweile war sie sich dessen ganz sicher und konnte auch halbwegs selbstbewusst mit ihrer sexuellen Orientierung umgehen.

Doch einige Zeit, nachdem sie erfahren hatte, dass sie auf Mädchen stand und gehofft hatte, die Verwirrung in ihrem Kopf würde nun endlich ein Ende haben, war ein neuer Gedanke aufgetaucht.

Olivia war aufgefallen, dass sie sich nicht so schnell und einfach verliebte, wie ihre Freundinnen. Manche von ihnen hatten im Wochentakt einen neuen Schwarm und schienen vom ersten Moment an vollkommen verliebt in den Jungen oder das Mädchen zu sein.

Bei Olivia hingegen dauerte es ewig.
Sie hatte sich bis jetzt nur ein einziges Mal wirklich verliebt und zwar damals ihre beste Freundin Johanna aus der Grundschule.

Mittlerweile hatten die beiden keinen engen Kontakt mehr und Olivia empfand nichts romantisches für sie. Trotzdem fragte sie sich, warum es ihr nicht so leicht fiel, romantische Gefühle zu entwickeln wie ihren Freundinnen. Sie wunderte sich, ob das normal war und ob es vielleicht einen Begriff dafür gab.

Nachdem sie das erste Mal im Internet danach gesucht hatte, war ihr der Begriff Demisexualität unter gekommen doch der passte nicht so wirklich. Schließlich ging es Olivia ja nur ums verlieben und nicht um Geschlechtsverkehr.

Über Sex hatte sie sich sowieso noch nicht so viele Gedanken gemacht, schließlich war sie erst in der achten Klasse. Grundsätzlich war sie dem Gedanken nicht abgeneigt aber sie fühlte sich einfach noch etwas zu jung um sich groß mit dem Thema Sex zu beschäftigen.

Viel mehr Platz in ihrem Kopf nahm momentan die Romantik ein. Sie verstand nicht, woher ihre Freundinnen wissen konnten, dass sie in eine Person verliebt waren, wenn sie diese erst seit ein paar Wochen oder nur flüchtig kannten.

Olivia's Meinung nach benötigte es dafür eine deutlich stärkere Verbundenheit, damit Verliebtheit überhaupt zu Stande kommen konnte. So wie es eben damals mit Johanna gewesen war.

Im Moment verdrehte Olivia aber ein ganz anderes Mädchen den Kopf. Sara war eine ihrer besten Freundinnen und zu ihrem Glück selbst bisexuell.
Allerdings vermutete Olivia, dass ihre Chancen, jemals mit Sara zusammen zu kommen, geschweige denn auszugehen, gegen null gingen.

Das lag an einem Gespräch, das bei der letzten Übernachtungsparty im Haus einer ihrer anderen Freundinnen stattgefunden hatte. Die Mädchen hatten über Liebe und ihre Crushes berichtet, als Melissa irgendwann erzählte, sie sei von Amir um ein Date gebeten worden.

Amir war ein Klassenkamerad und guter Freund der Mädchen. Olivia hatte ihn immer gern gehabt und verstand nicht, was ihre Freundin an ihm nicht mögen konnte.

Wenn Olivia auf Jungs stehen würde, wäre Amir vermutlich ihre erste Wahl gewesen, da sie ihn gut kannte und schon länger mit ihm befreundet war.

Melissa jedoch hatte erklärt, dass sie ihn nur als guten Freund sah und niemals mit ihm ausgehen könnte.
Eben einfach weil sie Freunde waren und sie sich nie in jemandem aus ihrem Freundeskreis verlieben könnte.

Oliva war darüber verwirrt gewesen, weil sie ursprünglich gedacht hatte, jeder Mensch würde so zur Liebe stehen, wie sie selbst, doch eine andere ihrer Freundinnen hatte dann behauptet, dass das verständlich und ganz normal sei. Laut ihr würde fast jeder das so empfinden und die anderen Mädchen hatten größtenteils zugestimmt.

Sara hatte sich zwar nicht groß dazu geäußert, aber auch nicht wiedersprochen und das machte Olivia Sorgen. Würde sie für Sara nie mehr als nur eine gute Freundin sein können?

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