✿Frayromantik✿

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Fiona war mittlerweile 28 Jahre alt. Ein Alter, indem die meisten Menschen bereits eine feste Beziehung führten, oder sogar verheiratet waren. Doch das zu erreichen hatte sich für Fiona bisher als deutlich schwieriger herausgestellt, als erwartet.

Es fiel ihr nicht schwer, sich zu verlieben, ganz im Gegenteil. Tatsächlich fand sie auf Datingapps oder auch in echten Leben regelmäßig Männer, die sie ziemlich toll fand und bei denen sie sogar häufig das Gefühl hatte, in sie verliebt zu sein.

Die Männern schienen meist ebenfalls Interesse an ihr zu haben und die ersten ein bis zwei Dates liefen in der Regel gut. Doch danach war es immer dasselbe.

Das Problem waren nicht die Männer und auch nicht die Tatsache, dass Fiona eine Transfrau war. Letzteres wäre zwar sowieso kein gerechtfertigter Grund gewesen, aber dennoch wusste sie, dass es immer noch ein paar transphobe Männer gab, die sie deshalb abservieren würden.

Sie hatte allerdings mitlerweile auch alle geschlechgsangleichenden Operationen hinter sich und spätestens seitdem schienen einige Männer sie zum Glück auch als ganz normale Frau wahrzunehmen, schließlich war sie genau das. Gleichzeitig wussten aber auch viele gar nichts davon, dass sie in einem männlichen Körper geboren worden war. Denn im Grunde ging es sie ersteinmal nichts an.

Der eigentliche Grund, warum das Dating immer scheiterte, lag bei Fiona selbst. Sie hatte sich lange Zeit gefragt, was mit ihr nicht stimmte und warum sie sich ihr eigenes Leben immer so schwer machen musste.

Bis sie erkannt hatte, das sie nichts dafür konnte, weil es Teil ihrer Sexualität, oder genauer gesagt ihrer romantischen Orientierung war. Und seitdem hatte sie angefangen, sich damit abzufinden und konnte einigermaßen gut mit ihren Gefühlen umgehen.

Fiona war nämlich Frayromantisch. Sie verliebte sich ausschließlich in Männer, die sie kaum kannte. Sobald sie diese aber näher kennenlernte verlor sie das Interesse und die Gefühle.

Was auf viele vielleicht nicht nachvollziehbar sondern äußerst seltsam gewirkt hätte, war genau das, was Fionas romantische Orientierung ausmachte. Und seit sie sich damit abgefunden hatte, war ihr Liebesleben deutlich entspannter geworden.

Zwar hatte sie es noch nie geschafft, eine Beziehung zu führen, was ja auch verständlich war, da die meisten Männer sie dafür deutlich besser hätten kennen müssen. Aber trotzdem konnte Fiona ihre Dates als relativ erfüllend beschreiben.

Schließlich konnte sie eine schöne Zeit mit dem Mann verbringen, in den sie gerade verliebt war und wenn ihre Gefühle mit der Zeit verschwanden, dann war das eben so. Tatsächlich hatte sie sogar angefangen, die positive Seite ihrer Frayromantik zu sehen.

Ein entscheidender Punkt war, dass ihre Gefühle eben sehr kurzweilig waren und sie sich aus diesem Grund nicht mit ewigem Dating der selben Person oder komplizierten Beziehungen herumschlagen musste.

Dadurch genoss sie die Freiheiten einer Single-Frau, aber konnte trotzdem gelegentlich romantische Begegnungen haben. Ganz zu schweigen davon, dass es auch niemals langweilig wurde.

Seit Fiona mit sich selbst und ihrer Frayromantik im Reinen war, plagte sie jedoch ein anderer Gedanke: Die Frage danach, wie ihre Eltern darauf reagieren würden.

Eigentlich hatte sie versucht, sich zu beruhigen, denn schließlich waren ihre Eltern letztendlich auch damit klargekommen, dass sie trans war und hatten sie trotz eines etwas schwierigen Anfangs schließlich vollkommen akzeptiert und unterstützt.

Aber Transgeschlechtlichkeit und Frayromantik waren eben nicht dasselbe und das bereitete Fiona ein bisschen Sorgen. Ersteres war ein bekanntes Thema und gesellschaftlich größtenteils akzeptiert, aber von Frayromantik hatte sie selbst ja vor einiger Zeit noch nicht gewusst.

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