✿Orchidromantik✿

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,,Bitte überleg's dir nochmal, ich glaube, er würde sich wirklich freuen, wenn du kommst.", erklang sanft die Stimme aus dem Telefon. Eliah seufzte.

,,Ich habe wirklich keine Lust auf diesen Unsinn. Jedes Mal müssen wir uns den selben Mist anhören, abgesehen davon sind die beiden einfach absolut nicht kritikfähig. Ich bin es leid, den Mund zu halten und alles herunter zu schlucken, was mir durch den Kopf geht, nur weil es nicht in ihr Weltbild passt. Ich habe aus gutem Grund keinen Kontakt mehr zu den beiden.", sagte er dann.

,,Ich weiß, ich weiß. Aber vielleicht wird es ja dieses Mal anders. Menschen ändern sich.
Außerdem ist es sein siebzigster Geburtstag.", erwiderte seine Schwester Edith.
Eliah wusste, dass sie es nur gut meinte, doch aus ihrem Tonfall konnte er heraushören, dass auch sie selbst ihrer eigenen Aussage nicht so ganz glaubte.

,,Wenn du nicht ihretwegen hin gehst, dann tu es für mich. Mit dir halte ich das ganze eher aus.", fügte sie dann hinzu. Eliah überlegte. Er liebte seine Schwester sehr und wollte ihr den Gefallen eigentlich gern tun, doch er wusste nicht, ob er die Gesellschaft seiner Eltern wirklich ertragen wollte.

,,Okay.", sagte er schließlich. ,,Aber ich werde mich diesmal nicht zurück halten, wenn die beiden sich nicht anständig verhalten können."

,,In Ordnung. Das musst du auch nicht.", antwortete Edith. ,,Und danke, dann bis später."
,,Bis nachher.", murmelte er ins Telefon und drückte dann auf den roten Knopf.

Eliah seufzte. Eigentlich hatte er sich auf einen entspannten Samstagnachmittag gefreut, doch es sah ganz so aus, als würde er nun doch die Geburtstagsfeier seines Vaters besuchen.

Er hatte seit Jahren keinen wirklichen Kontakt mehr mit seinen Eltern gehabt und war damit auch eigentlich sehr zufrieden.
Schon in seiner Kindheit hatte es immer wieder Probleme zwischen ihnen gegeben. Seine Schwester Edith war das perfekte Kind gewesen, zumindest kam es Eliah manchmal so vor, während er selbst immer alles falsch machte.

Seine Eltern waren immer schon sehr streng gewesen, sie hatten eine genaue Vorstellung davon, wie alle Dinge um sie herum zu sein hatten. Das schloss ihre Kinder, deren Verhalten, deren Leben und Zukunft mit ein. Wenn etwas nicht in ihr Weltbild passte, wurde es schlecht geredet oder konsequent ignoriert.

Während Edith es geschafft hatte, sich anzupassen und die brave Tochter zu sein, selbst wenn sie, wie Eliah wusste, auch mit vielen Ansichten der Eltern nicht übereinstimmte, hatte Eliah immer schon dazu tendiert, sich gegen ihre Eltern aufzulehnen.

Er hatte einen starken Gerechtigkeitssinn und auch wenn vielleicht nicht jede Diskussion, jede Kritik und jeder Streit es wert gewesen waren - sogar Edith hatte einmal gesagt, er schien manchmal grundlos auf Ärger aus gewesen zu sein - hielt Eliah bis heute einen Großteil seines Verhaltens für angebracht und gerechtfertigt.

Oft hatte es ihn aufgeregt, dass seine Schwester immer unbeteiligt und neutral blieb, sie hielt vor den Eltern lieber den Mund, selbst wenn sie wusste, dass diese im Unrecht waren.

Und gleichzeitig war Eliah bewusst, dass sein kompromissloses Eingreifen und Diskutieren bei Ungerechtigkeiten Edith hin und wieder sehr gestört hatte. Denn damit hatte er den Familienfrieden immer und immer wieder herausgefordert und nicht selten auch seine Schwester mit in den Ärger hineingezogen, selbst wenn diese nichts getan hatte.

Rückblickend tat ihm das ganze wirklich leid - zumindest für Edith - aber gleichzeitig war es für ihn auch nie eine Option gewesen, still zu bleiben, auch wenn er dafür dann eben gewisse Opfer bringen musste.

Schon mit sechzehn Jahren war für Eliah klar gewesen, dass er so bald wie möglich aus dem Haus seiner Eltern ausziehen und den Kontakt zu ihnen minimieren würde.

AroAce-Spektrum OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt