16 | Ausrutscher

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»Mein lieber Claudius, heute wird es spannend! Nach dem erfolgreichen Training werden wir jetzt erfahren, welche Tribute die Erwartungen erfüllen können – und wer uns vielleicht überrascht!
Im bisherigen Favoritenranking stehen Distrikt Eins, Zwei und Sieben ganz oben, aber auch Vier, Fünf und Neun haben eine ganze Reihe Fans versammeln können. Doch wir wissen, Caesar – noch ist alles offen.
Gerade in Sachen Distrikt Vier bin ich persönlich ja nach wie vor skeptisch, ob wir hier nicht bloß von gutem Aussehen geblendet werden. Aber immerhin trainiert Finnick Odair die beiden, also sollten wir sie noch nicht abschreiben!«

 Aber immerhin trainiert Finnick Odair die beiden, also sollten wir sie noch nicht abschreiben!«

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Am Morgen ist jegliche Leichtigkeit aus der Nacht verflogen. Cece scheucht Pon und mich aufgeregt umher, doch anstatt von ihrer Nervosität angesteckt zu werden, habe ich Schwierigkeiten, die Augen offen zu halten. Zusätzlich zu der Müdigkeit steckt die Angst wie Blei in meinen Gliedern. Ich will mich nicht den Spielmachern beweisen müssen. Vor mir erkaltet das leckere Brötchen aus einem unbekannten Distrikt und ich warte darauf, dass alles vorbei ist. Dass der Gong der Arena ertönt. Wenn es nur noch Pon, ich und das Überleben sind.

In ihrem üblichen Singsang wünscht Cece uns einen gelungenen Trainingsabschluss und ausnahmsweise glaube ich ihr das sogar. Pon an meiner Seite ist genauso schweigsam wie ich und als wir die Trainingshalle betreten, hat er nichts dagegen, dass ich einen Arm um seine Schultern lege. Die Karrieros sind ohnehin beschäftigt und nehmen sich keine Zeit für eine Musterung von uns, auch wenn wir ihnen zu den gleichen Kampfstationen folgen. Vor der Bewertung durch die Spielmacher gilt es ein letztes Mal, alles zu geben.

»Annie?«, wendet Pon sich leise an mich, während wir einmal mehr bei den Speeren stehen.
»Ja?«
»Willst du wirklich alleine kämpfen?«

Erstarrt halte ich inne, eine Hand um den metallenen Schaft eines Speers geschlungen. So wie Pon mich mustert, sieht er keinen Deut wie zwölf Jahre aus.
»Ja«, entgegne ich nach reiflicher Überlegung. »Ich traue niemandem. Außer uns.«
Pon nickt langsam. »Wir sind keine Karrieros. Aber wären wir mit mehreren nicht ... stärker?«

»Jede Person mehr wäre ein Risiko, die Spiele nicht zu überleben. Und ich will doch, dass du überlebst, Pon.«
»Aber wenn es nicht die Karrieros wären – du hast doch auch mit Nora aus Fünf geredet. Oder die Tribute aus Sieben und Neun, die sind auch nicht so wie Shine und die anderen.«

Ich folge Pons Blick über die verschiedenen Stationen. Das Mädchen aus Sieben steht einmal mehr an der Wurfstation und vergräbt ihre Äxte in den Zielscheiben. Er muss von aller Vernunft verlassen sein, wenn er auch nur an so etwas denkt!
»Nein. Nur wir beide, Pon. Ich beschütze dich.«

Damit beende ich das Gespräch und schleudere meinen Speer auf die Zielscheiben. Inzwischen treffe ich ins Schwarze. Immer. Pon sagt nichts weiter und wir gehen stumm unserer üblichen Trainingsroutine nach.

Wir sind gerade an der Kletterstation und ich beobachte, wie Pon sich gegen den Jungen aus Distrikt Drei ein Wettrennen leistet, da passiert es. Ein Schrei zerreißt die Ruhe. Das stete Klirren, Klappern und Schuhequietschen verklingt. 24 Mal wird die Luft angehalten. Von einer auf die andere Sekunde ist es totenstill. Nur das Blut rauscht in meinen Ohren, als ich mich umdrehe.

Meeresflüstern | Annie Cresta ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt