T h r e e

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Am nächsten Morgen werde ich dadurch wach, dass Jules sich leicht in meine Richtung dreht und mich noch ein bisschen näher in seine Arme zieht. Er vergräbt die Nase in meinen Haaren, wahrscheinlich denkt er dass ich noch schlafe. Plötzlich wird es mir zu eng, ich hab das Gefühl dass ich keine Luft mehr in seinem starken Griff bekomme. Ich rolle mich zur Seite und tue so als wäre ich gerade aufgewacht. Lächelnd betrachtet mich Jules.
"Hey Kleines, gut geschlafen?", fragt er zärtlich. Ein kleines bisschen ZU zärtlich nach meinem Geschmack.
"Ja. Ja hab ich, ich muss ins Bad", gebe ich zurück und bin gleich darauf auch schon im Zimmer nebenan verschwunden, wo ich mir erst einmal eine heiße Dusche gönne. Das alles ist im Moment einfach was viel. Ich schließe die Augen und lasse das köstlich warme Wasser über meinen verspannten Nacken laufen wobei ich darüber nachdenke, was ich heute eigentlich noch vor habe...
Heute...
Vorhabe.
Fuck. Mit einem kreischen schalte ich das Wasser aus und springe gleichzeitig aus der Dusche. Dabei rutscht der Duschteppich weg und ich lande - ausnahmsweise mal- auf dem Boden, woraufhin mir ein weiteres Quietschen entfährt.
"Alles ok Mira?!", höre ich Jules leicht panische Stimme. Ich rappel mich auf.
"Ja, ja alles bestens. Du musst nur jetzt gehen, weil... ich hab noch was vor, mach's gut ähh... ciaoo", stammel ich wobei ich versuche gleichzeitig meine nassen, zerzausten Haare zu bändigen, ein Handtuch aus dem Schrank zu reißen und mir die Zähne zu putzen, was damit endet, dass mir gleich der ganze Stapel Handtücher entgegenkommt, das Haargummi reißt und meine Zahnbürste peinlicherweise zielgenau im Klo landet. Mit einem fast animalischen Brüllen raufe ich mir die Haare und werfe dem Spiegel einen Todesblick zu. Das muss dieser öfters mal aushalten, weshalb er nicht gleich vor Schreck von der Wand fällt, mein Glück. Ich atme einmal tief ein und aus bevor ich mir eines der 3000 Handtücher die vor mir verstreut liegen nehme und es mir umwickle. Den Rest kicke ich mit einem eleganten Stoß in die Ecke wobei ich mir noch - geschickt wie ich bin - kurz den kleinen Zeh breche. So fühlt es sich zumindest an.
Stolz humpel ich aus dem Badezimmer, wo Jules mich entgeistert anstarrt.
Ich räuspere mich.
"Also wie du ja vielleicht gehört hast, musst du jetzt gehen. Mhh ja. Bis dann?"
Ich setze ein Lächeln auf, das nach Jules Gesichtsausdruck eher wie ein Zähnefletschen aussieht, denn er dreht sich ruckartig um, schließt die Tür aber natürlich nicht ohne mir noch ein höfliches "auf Wiedersehen" zu zu rufen. Gleichzeitig mit dem Knallen der zufallenden Tür löse ich mich aus meiner Starre und sprinte zu meinem begehbaren Kleiderschrank, der zum bedauern meiner Mutter nur zu einem Drittel gefüllt ist. Schnell suche ich die richtigen Klamotten raus in die ich dann in Lichtgeschwindigkeit reinschlüpfe. Daraufhin hüpfe ich auf einem Bein wieder ins Bad ( das andere hatte noch nicht ganz den Ausgang aus dem schwarzen Loch namens Jeans gefunden). Meine Haare bekommen den Luxus von drei Bürstenstrichen und werden dann zu einem sehr...interessanten Dutt hochgebunden. Aufs Zähneputzen wird heute leider verzichtet, die Mundspülung tuts im Notfall auch. Und DAS hier ist definitiv ein Notfall. Ich quittiere den abschließenden Blick in den Spiegel mit einem "Mira du siehst scheiße aus", schnappe mir meine Tasche und sprinte dann die Treppe runter. Unten angekommen schlüpfe ich in meine Chucks und lasse die Tür hinter mir aus Versehen extra laut zukrachen.
Ich renne die "Azaleen-Allee" alias die Bonzenstraße schlechthin runter um meinen Bus noch zu erwischen. Als ich um die Ecke biege, sehe ich ihn dort schon stehen und versuche mit einem wilden Winken auf mich aufmerksam zu machen. Der Busfahrer lächelt, winkt seelenruhig zurück und drückt dann voll aufs Gaspedal. Entgeistert starre ich ihm hinterher.
"DU VERDAMMTES ARSCHLOCH KOMM ZURÜCK, DU HAST SIE NICHT MEHR ALLE DU, DU....", brülle ich den langsam verschwindenen Bus an.
Erst dann wird mir bewusst, dass ich gerade wie ein vollkommen Verrückte aussehen muss. Ein kleines, liebevolles "SCHEIßE" kommt über meine Lippen, bevor der Vulkanausbruch namens Mira sich langsam aber sicher wieder beruhigt. Und genau jetzt wäre der Moment für einen genialen Geistesblitz, der mir sagt wie ich ich in die gottverdammte Stadt komme. Leider bleibt er aus.
Der Roller.
Was war das? Moment, nochmal.
Der Roller.
Der...momeeeenttt...
DER ROLLER!
'Wurde auch mal Zeit Mira' Und nein, ich behaupte jetzt nicht dass ich mich mit meiner inneren, nicht existierenden Stimme streite. Nein.
Ruckartig drehe ich mich um und renne wieder nach Hause. Ich reiße das Garagentor auf (das so um die 300 Hektar hat, jedenfalls kommt's mir so vor) und stürze auf den knallroten Motorroller zu. Innerhalb 5 Sekunden steckt der der Schlüssel im Schlüsselloch und mein Kopf im ebenfalls knallroten Helm. Von meinem aufwendigen Dutt musste ich mich dabei leider verabschieden, sonst hätte es nicht gepasst.
Ich fahre mit rasender Geschwindigkeit aus der Ausfahrt, der Kies spritzt sogar ein bisschen und ich fühle mich fast wie eine geniale Geheimagentin auf Verfolgungsjagd. Mein Gott bin ich cool. 'Nicht. Überhaupt GAR nicht.'
Wie ich schon erwähnte, habe ich keine innere Stimme.

Der Weg scheint mir dieses Mal viel länger und tausend mehr Ampeln tauchen auch plötzlich aus dem Boden auf. Als ich endlich, endlich da bin wo ich eigentlich schon vor 20 Minuten hätte sein sollen, werde ich von einem ziemlich undurchschaubaren Blick meines Chefs erwartet.
"Miraaa, heute mal wieder pünktlich hm?", fragt er mit einer ziemlich strengen Miene.
"Es tut mir so so soooo leid!!! Es wird nieee..."
"Keine Chance, de bist gefeuert. "
Mein Herz rutscht in die Hose.
"Bitte, es tut mir leid!"
Plötzlich fängt er an zu lachen. Unsicher gucke ich ihn an. Ich weiß seinen kleinen Lachanfall gerade nicht richtig einzuschätzen.
"Als ob ich dich jemals feuern würde Mira! Meine halbe Kundschaft würde das Café wechseln wenn du gehst! Du bist doch everybodys Darling hier!", giggelt er mit seinem leicht Irischen Akzent.
"Nicht. Lustig. Ich hab mich total erschrocken man! Du hast keine Ahnung wie wichtig mir das hier ist!", sage ich mit einer Mischung von Erleichterung und Ärger.
"Naja eigentlich schon. Deshalb liebe ich es ja auch dich ein kleines bisschen damit aufzuziehen mein kleiner frecher Monkey", lächelt er, dabei spricht er das "Monkey" so lustig aus, dass ich auch anfangen muss zu lachen. Es klingt eher wie ein "Munkay" und genau das ist der Grund warum ich diesen irischen Akzent einfach vergöttere.
"Aber nächstes Mal bitte pünktlich, klar?",fügt er grinsend hinzu und ich hebe zwei Finger als Zeichen zum Schwur. Mit einem Nicken deutet er mir an, dass ich nach hinten zum Umziehen verschwinden soll, was ich dann auch mache. Im hinteren Teil des Gebäudes werfe ich mir meine Kellnerinnenkluft über und eile dann sofort in den vorderen Teil des "Cloverleafs". Eine verschwitzte Em kommt mir entgegen.
"Na endlich! Ich dachte schon ich muss den Laden alleine schmeißen! Hat mein Dad dich gefeuert? ", keucht sie.
"Nein, natürlich nicht! Und jetzt los an die Arbeit", lache ich, woraufhin Em nur etwas von "du hast gut Reden" murmelt und dann weiter Bestellungen aufnimmt. Ich lasse meinen Blick durch den Raum schweifen - eine Routine die sich nicht abgewöhnen lässt - um einen Überblick über die Gäste zu bekommen, doch als ich sehe wer hier rumsitzt, bin ich kurz davor wieder rückwärts aus dem Café rauszurennem.

*

Hey,
Kommis? Kritik? Anmerkungen?
Gefällts euch? Sagt mal was :)
Bis denne,
~M

Love The Easy WayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt