Er hat mich noch nicht entdeckt, aber ich mache automatisch einen Schritt rückwärts. Luke sitzt in einer entspannten Haltung an einem Tisch, mit seinem aufgeklappten Laptop vor sich. Er sieht konzentriert auf den Bildschirm, kaut dabei auf seiner Unterlippe herum und sieht dabei so unheimlich sexy aus, dass ich mir mehrfach in Erinnerung rufen muss, dass er ein Psychopath ist, um nicht gleich über ihn herzufallen. Halleluja, manchen Menschen wurde einfach zu viel Schönheit gegönnt.
Ich starre ihn für weitere fünf Sekunden an, bevor ich beginne meine Arbeit zu machen. Um Lukes Tisch mache ich dabei einen möglichst großen Bogen, einfach in der Hoffnung, dass er mich nicht entdeckt.
Ich schleiche mich schon fast zu dem Tisch der alten Rentnergruppe, die hier wie jeden Samstag ihren mittaglichen Kaffeeklatsch hält.
"Was darf's denn sein bei euch? Das übliche?", frage ich freundlich.
"Ohh honey, da bist du ja, wie geht es dir? Und ja, das Gleiche wie immer!"
"Mir geht's gut, sehr gut. Aber bitte mit Sahne, stimmt's?", antwortet ich schmunzelnd.
Ein amüsiertes Glucksen geht durch ihre Reihen. Wie einfach man diese Menschen doch zum Lachen bringen kann, es erstaunt mich immer wieder. Ich lächle und verschwinde Richtung Küche um die Bestellung weiter zu geben. Neil, alias der Chef-Koch grinst mich freundlich an und wendet sich dann wieder seiner Aufgabe zu.
Plötzlich kommt Em mit leuchtenden Augen in die Küche gestolpert.
"Miramiramiramiramira!!! Oh mein Gott, hast du gesehen wer da ist? MIRA!! DIESER TYP AUS DEM BUS..."
Ich unterbreche sie, indem ich ihr meine Hand auf den Mund drücke.
"Ja, ich weiß dass er da ist, aber das ist erstens kein Grund es dem ganzen Café zu erzählen und zweitens ihm schon extra aus dem Weg gegangen um eine weitere Bekanntschaft mit ihm auszuschließen. Vielen Dank trotzdem für deine Information", sage ich gepresst und Em schaut mich ungläubig an.
"Du weißt schon, dass er da hinten gerade extem heiß da sitzt und außerdem... außerdem... ja außerdem...", stammelt sie.
"Außerdem ist dieses Gespräch für mich beendet Schatzi, so lieb ich dich auch hab', ich muss arbeiten. "
Damit verlasse ich die Küche und wende mich wieder unseren geliebten und ungeliebten Kunden zu.
Während meinen Versuchen möglichst unauffällig und gleichzeitig freundlich zu bedienen (was mit einer zerbrochenen Tasse; fünf blauen Flecken, weil ich mich mal wieder irgendwo gestoßen habe und einem Zusammenstoß mit einem Gast endet), blickt der Grund für mein Verhalten kein einziges Mal auf. Er scheint wirklich sehr in seine Arbeit vertieft zu sein.
'Mira du starrst ihn an!'
Oh mein liebes Unterbewusstsein schaltet sich auch nochmal ein, wie freundlich.
'Du starrst ihn immernoch an...'
"Halts Maul, tu ich gar nicht", murmle ich und wende mein Blick von den göttlichen Psycho ab. Vor mir steht Em und man sieht, dass sie sich das Lachen deutlich verkneifen muss.
"Mit wem um alles in der Welt redest du, bist du krank?", prustet sie los. Und wenn Em prustet, dann könnte ihr Gelächter lauter als ein ganzes Fußballstadion sein. Sämtliche Blicke ziehen sich auf uns und ich merke wie ich augenblicklich rot werde.
"Em", zische ich. Doch das ruft nur ein weiteres Gackern hervor. Maann, sie kann so kindisch sein. Plötzlich verstummt sie und starrt einen Punkt hinter mir an.
"Was ist los?", frage ich leise, doch eigentlich weiß ich ganz genau was los ist. Beziehungsweise wer los ist. Sie dreht sich von mir weg und rennt schon fast in die Küche zurück. Ich seufze und schlage meine nicht-existierende Stimme innerlich zusammen. Zu dieser Situation wäre es niemals gekommen ohne diese kleine, miese, hinterhältige...
'Du bist gestört, ich bin ein Teil von dir'
Du kannst mich mal. Eine Hand legt sich während meines inneren Kampfes auf meine Schulter.
"Hey, was machst du denn hier?", fragt eine raue Stimme in mein Ohr.
Mein Herz setzt einen Schlag aus, bevor ich mich umdrehe.
"Oh so ein Zufall, ich hab dich ja noch gar nicht gesehen", lache ich hysterisch und will mich daraufhin am liebsten selber schlagen.
'Mira, nicht so unauffällig'
Ja danke, das weiß ich auch. Mein Gegenüber runzelt die Stirn und lächelt dann schief, so dass sich kleine Grübchen über den Mundwinkel seinen perfekten Lippen bilden.
'Seine perfekten Lippen? Mira, geht's noch?!'
Ich starre gefährlich lange auf meine neue Entdeckung und verfolge die Bewegung dieser Lippen. Plötzlich reißt mich eine Hand, die vor meinen Augen wedelt aus meiner Trance.
"Huh, was?", frage ich vetdutzt.
Er lacht leise und fährt mit dem Finger meinen Wangenknochen nach.
'Okayy jetzt reichts. AUFWACHEN! '
Ich reiße meinen Kopf zu Seite und funkel Luke böse an. Er grinst breit.
"Wie ich dein verdammtes Grinsen hasse."
"Wie ich deine süße Kratzbürstigkeit liebe", kontert er.
"Wie ich deine schreckliche Selbstverliebtheit verabscheue!"
"Ist Selbstverliebtheit überhaupt ein Wort?"
"Ist mir egal, ich hab's gerade für dich entdeckt."
"Du bist niedlich wenn du versuchst gemein zu sein."
"Du bist ein Arsch."
"Ich weiß."
"Verpiss dich."
"Woah keine Kraftausdrücke mein Engel!"
"Ich bin nicht dein Engel, ich muss jetzt arbeiten", fauche ich als Abschlusswort und lasse damit einen lachenden Luke zurück. Ein wunderschönes Lachen.
'Mira, ich warne dich...'
"Hast du Bestellungen für mich, Mira?", fragt Neil.
"Nein hab ich nicht. Ich musste mich gerade mit einen psychotischen Arschloch auseinandersetzen und hatte dashalb keine Zeit irgendwelche scheiß Bestellung aufzunehmen", schreie ich ihn an.
"Okay Mira, beruhig dich, alles ist gut", sagt er leicht geschockt.
Ich seufze und lasse mich auf einen Stuhl hinter ihm fallen. Er lässt mir eine Minute Ruhe bevor er wieder anfängt zu sprechen: "Wer auch immer dir da draußen die Laune verdirbt, darf dich nicht daran hindern zu kellnern, okay honey?"
Er ist vorsichtig, als er mit mir redet, als hätte er Angst.
'Kann ich verstehen, bei deinen Temperamentausbrüchen'
Ich rolle mit den Augen und verschwinde aus der Küche.
Die restliche Arbeitszeit vergeht erschreckend langsam. Luke lässt mich die ganze Zeit in Ruhe, wenn man mal von der Tatsache absieht, dass seine Blicke in meinem Rücken eine einzige Folter sind. Er sollte das als Beruf machen.
"Guten Tag mein Name ist Luke und ich arbeite hier als Blick-Folteter, wie kann ich behilflich sein?"
Ich muss bei dem Gedanken daran kichern.
Kurz vor Schluss, taucht Em vor mir auf.
"Hey gehen wir noch irgendwo hin?", fragt sie fröhlich.
Ich räume mit finsterem Blick weiter den Tisch vor mir ab, ohne auf ihre Frage einzugehen.
"Miraaa, bist du jetzt etwa beleidigt weil ich dich mit diesem unwiderstehlichen Typen alleine gelassen habe?"
Mein weiteres Schweigen ist genug Antwort. Sie dackelt mir hinterher, wie ein kleiner Hund.
"Komm schon, das ist nicht dein Ernst!"
"Doch eigentlich schon."
"Nein eigentlich nicht. Du solltest mir dankbar sein!"
"Ich bin dir aber nicht dankbar, er ist aus der Psychiatrie entlaufen! "
'Muss die sagen, die mit sich selber spricht'
"Kommt nicht wieder vor! Wirklich! Also machen wir noch was?", jammert sie. Ich zucke nur mit den Schultern. Plötzlich werde ich bei meiner Arbeit unterbrochen, indem sich zwei Arme von hinten um meine Taille schlingen. Und diese Arme fühlen sich definitiv nicht nach Em an. Luke.
"Gehst du heute Abend mit mir aus?", murmelt er an mein Ohr.
"Hä?" ist der einzige Kommentar, den ich unter dieser Körpernähe in Stande bringe.
"Wir könnten was Essen gehen oder so. Oder ins Kino. Was du möchtest."
Er bewegt sich keinen Millimeter von mir.
"Ähm...also eigentlich...hatte ich was mit Em vor?", stottere ich unbeholfen und werfe ihr einen hilfesuchenden Blick zu.
"Tut mir leid, mir ist gerade eingefallen, dass ich noch was wichtiges vor habe", lächelt sie und macht sich damit aus dem Staub. So viel zum Thema "kommt nicht wieder vor".
"Also ja? Kommst du mit? Ich verhalte mich auch nicht wie ein psychisch Gestörter. Versprochen", flüstert er. Diese Stimme jagt mir einen Schauer über den Rücken. Halleluja, ich muss mich zusammenreißen.
"Du bestätigst deine Aussage nicht gerade dadurch, dass du mich wie ein Verrückter umklammerst", gebe ich zurück, in der Hoffnung, dass er mich loslässt. Wider meiner Erwartung tut er es tatsächlich und dreht mich mit dem Gesicht zu ihm.
"Und jetzt, kommst du mit?"*
Ein kleines, kleines Kapitel.
Bb,
~M
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Love The Easy Way
Подростковая литература"Sag mal, was genau soll das werden?", frage ich mit einem leicht gereizten Unterton. Nicht dass ich gereizt bin. Neeiin. Ich doch nicht... "Nichts. Gar nichts. Alles bestens. Ich bin Luke, wer bist du?" Wenigstens bekomme ich diesmal eine Antwort...