Das Netz der Spinne (4)

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Roxanne, die die entgegengesetzte Richtung von Darif gewählt hatte, war in der ägyptischen Abteilung des Museums gelandet. Um sie herum standen zahlreiche und wertvoll aussehende ägyptische Schmuckstücke und Sarkophage.
An einer Wandmalerei mit Hieroglyphen blieb sie fasziniert stehen und bestaunte dann eine Zeichnung, wo zu sehen war, wie die Sklaven die Pyramiden gebaut haben.
Sie zuckte mit der Schulter.
《Hm, das soll eine Hochkultur gewesen sein?
Wo sind die Maschinen?
So hoch entwickelt können die dann ja doch nicht gewesen sein, sonst hätten die sich einen Roboter bauen können, der das für die übernimmt.》

Mit einem Mal und ohne Vorwarnung fiel das schwache Licht der Nachtbeleuchtung aus und Roxanne trat ins Leere. Wie ein blinder Maulwurf suchte sie sich händisch einen Anhaltspunkt, berührte dann aber etwas Weiches mit ihrem Bein und konnte sich davon nicht mehr lösen!
Dann ging das Notlicht an und Roxanne erkannte, dass sie an einem riesigen Spinnenfaden fest hing.

Sie verdrehte die Augen.
《Echt jetzt?
Spinnen? Nun komm schon!!!
Wo sind die gefährlichen Laserstrahlen, die alles durch brutzeln, wenn man nicht schnell genug das System hacken kann?
Gebt mir doch bitte Maschinen!!!》

Ihr Bein löste sich nicht mehr von dem klebrigen Faden, egal wie fest sie auch zog!
Ungewollt musste Roxanne an ihren Biologie-Unterricht denken und dass Spinnen ihre Netze mit zwei unterschiedlichen Fäden bauten.
Es gab klebrige und nicht klebrige Fäden und nur die Spinne selber wusste, welche gefährlich waren und welche nicht.
Die Klebrigen sollten Beute halten, während die Unklebrigen Schwingungen der Gefangenen Beute weitergaben und für die Spinne als Untergrund dienten.
Roxanne hatte hier Pech gehabt und einen ungünstigen Faden erwischt.

Als das Losreißen nichts brachte, sah sie sich um und versuchte etwas in ihrer greifbaren Umgebung zu finden, womit sie den Faden durchtrennen konnte.
Aber sie fand nichts.
Verzweifelt fummelte sich das Mädchen in den Haaren herum und löste den Schraubenzieher, den sie als Kopfschmuck trug.
Ärgerlich schlug Roxanne mit dem Werkzeug auf den Faden ein, bemerkte aber gleich nach dem ersten Hieb, dass der Schraubenzieher nun auch daran festklebte.
《Ich hätte wirklich lieber den Laser gehabt! Oder einen Schwarm von Killerdrohnen!》

Roxanne vernahm plötzlich das Geräusch von näher kommenden Stöckelschuhen! Sie zog hörbar die Luft ein. Das musste die Nachtwächterin sein! Hoffentlich würde diese sie befreien können!
Was hatte sie sich überhaupt gedacht?
Einbruch? Diebstahl? Wie dumm!
Und das nur, weil sie die beiden anderen Kinder in ihrem Alter cool gefunden hatte.
Sie waren die ersten Leute gewesen, die sie nicht ausgelacht hatten, als sie ihnen ein Experiment vorgeführt hatte.
Als sie aber genau nochmal darüber nachdachte, hatten die beiden eigentlich gar keine Reaktion gezeigt.

Roxanne verzog ihr Gesicht in Gedanken. Das Geräusch der Schritte war komisch! Es erinnerte sie an etwas, aber Roxanne wusste nicht genau woran.
Dann schnipste sie und wischte sich etwas Speichel vom Kinn.
《Ich hab's!
Meine elektromagnetischen Schuhe, mit denen man an der Decke laufen konnte. Die klangen genauso!
Schon komisch möchte man meinen, dass Schritte an der Decke anders klingen, aber dafür gibt es bestimmt eine Erklärung. Vielleicht sollte ich das mal näher untersuchen!
Leider hat Oma mir die Schuhe weggenommen...》

Das Mädchen hatte sich wieder einmal so in ihre Gedankenwelt zurückgezogen, dass sie nicht bemerkte, wie sich Agatha, die Nachtwächterin, an der Decke näherte.
Ihr rotes Kleid hing durch die Schwerkraft nach unten und offenbarte ihre Beine, die in roten Stöckelschuhen und weißen Netzstrümpfen steckten.
Am hinteren Teil des Kleides ragten mehrere Fäden, wie Kabel aus einem Roboter heraus, die sich in alle Richtungen verteilten!
Es war beinahe so, als trüge sie einen unendlich langen Schleier.
Die Nachtwächterin räusperte sich, um Roxanne auf sich aufmerksam zu machen.

Endlich sah das Mädchen hoch an die Decke und verzog wütend das Gesicht.
《Hey!!! Deckenlaufen war meine Idee! Ich habe das Patent zu Hause!》
Agatha ließ unter ihren Fingernägeln ein kleines Spinnennetz hervorschießen, das sich wie Klebeband um Roxannes Mund legte.
Doch die kleine Erfinderin hörte nicht auf zu reden!
《Dap sip keipe Elepomapet-Schupe, oper?》

Die Nachtwächterin schüttelte genervt den Kopf. Aus den Seiten ihres Kleides wuchsen ein weiteres Paar Arme.
《Ihr kleinen Fliegen macht ganz schön Radau in meinem Netz!
Die kleine graue Fliege hat mich meine Verbindung zum linken Flügel des Museums abschneiden lassen!
Und die beiden Fliegen im oberen Stock haben meinen Kontakt dorthin ebenfalls zerstört!
Aber du nicht!
Du bist die erste Fliege heute, die daran glauben wird!》

Roxanne deutete auf einen Tourguide, den ein Besucher des Museums heute hier liegengelassen haben musste.
Diese Geräte bestanden aus Kopfhörern, durch die den Besuchern Geschichten zu den Exponaten erzählt worden.
Nun steckte in dem Tourguide aber ein futuristischer Motor!

Aus dem Tourguide wuchs eine Laserkanone, die mit zwei Schüssen präzise den Spinnenfaden an Roxannes Bein und das Netz von ihrem Gesicht zerfetzte!
Das Mädchen hob jubelnd ihre Arme.
《JUHUUUUU!!!
Ich sagte doch, hier fehlen Laser!
Und Sie, Frau Spinnenfrau...
Warten Sie! Ist das nicht doppelt gemoppelt? Frau Spinnenfrau?
Naja, ich bleibe dabei!
Zum Glück habe ich mein A.B.B.A mit dem Tourguide verbunden!
Jetzt heißt es: Maschine gegen Natur!
Oder ist das zu theatralisch?》

Agatha schüttelte den Kopf.
Dieses Mädchen ging ihr einfach zu sehr auf die Nerven!
Sie ließ ihren Unterkiefer, hinter der Porzellanmaske wie bei einer Schlange, ausrenken und zeigte kräftige, scharfe Mundwerkzeuge.
An diesen tropfte purer Geifer herunter und aus ihrem Rücken wuchs ein weiteres Paar Arme.
Die Nachtwächterin hatte damit 6 Arme und sah aus, wie eine wilde Bestie!
Aus ihren Fingern schossen weitere kleine Spinnennetze und deckten die Decke und Wände ein!

Nun sprang sie von Spinnennetz zu Spinnennetz und fand an diesen jeweils Halt.
In einem Sprung packte sie Roxanne am Kopf und schleuderte diese gegen einen Sarkophag!

Der Deckel des Sarkophages öffnete sich und zertrümmerte den Tourguide. Roxannes Stand verschwand und erschien wieder in ihrer Hand. Sie hatte ihn gerade noch rechtzeitig zurückgerufen!
Jetzt bemerkte das Mädchen die Mumie neben sich, die aus dem Sarkophag gefallen war.
Anstatt Bandagen war sie von einem Spinnenkokon eingewickelt und darunter komplett ausgesaugt worden!
Das waren keine alten Pharaonen!
Das waren Menschen der Neuzeit, die wohl im Museum eingebrochen waren! Die Nachtwächterin Agatha hatte alle gefangen, ihnen den Lebenssaft ausgesagt und für später als Nahrung aufgehoben!
《Das ist ja wie bei "Nachts im Museum"! Nur in echt!》

Durch eine Tür, auf der stand: "Nur für Mitarbeiter", sah Roxanne eine Küche und einen blauen Toaster durchschimmern.
Der Erfinderin floss grinsend Speichel aus dem Mund und sie hielt A.B.B.A in der Hand!

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Im Krankenhaus nippte Gen an seinem Mineralwasser und beobachtete, wie Jotaro mit seinem gesunden Arm die Fernbedienung auf dem Tisch zwischen den beiden zu erreichen versuchte.
Der Blonde verdrehte die Augen, griff mit Leichtigkeit im Liegen nach der Fernbedienung und aktivierte den Fernseher an der Wand.
《Welches Programm?》

Jotaro schmunzelte unter seiner Kappe, die er selbst im Krankenhaus nicht abnahm.
《ARD. In der Fernseh-Zeitung auf unserem Hotelzimmer stand, dass dort jetzt eine Dokumentation über Delphine und Wale läuft.》

Der Blonde hatte das Glas mit Wasser fallen lassen.
《Ein Typ wie du mag auch Tiere?》

To be continued

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