Prolog

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---Seine Sicht---
Entscheidungen... Sie sind schwer und fordern viel Nachdenken. Man muss sich genau überlegen, welchen Weg man einschlägt, die Vor- und Nachteile abwiegen. Man muss sich bewusst sein, dass man manche Entscheidungen nicht mehr rückgängig machen kann, sobald sie getroffen sind. Und wenn man sich dann endlich für einen Weg entschieden hat und auch wirklich davon überzeugt ist, dass es der richtige ist, dann meldet sich der größte Feind des Nachdenkens zu Wort: das Herz. Und das sagt leider oft genau das Gegenteil von dem, was wir durch Nachdenken erreicht haben. Und dann muss man sich wieder entscheiden. Auf was hört man letztendlich? Herz oder Kopf?
Mir fällt eine solche Entscheidung nicht schwer. Ich bin ein Herz-Mensch. Ich höre immer darauf was es mir sagt und handle danach. Und mit dieser Methode bin ich bis jetzt auch ganz gut gefahren. Deshalb habe ich auch an ihr festgehalten.
Aber dann stellte mich das Leben vor ein Problem, das nicht so einfach zu lösen war. Ich habe alles getan, um nicht entscheiden zu müssen, habe versucht es zu ignorieren. Anfangs hat es super funktioniert, aber irgendwann war es zu spät. Und es kam, wie es kommen musste: es war unmöglich totzuschweigen. Und es kam letztendlich dazu, dass ich mich zwischen der Frau, der mein Herz gehörte, und meinem Bruder entscheiden musste.
Was hättest du getan? Familie oder Liebe? Der Mensch, der dein Leben lang dein bester Freund war - dem du immer alles sagen kannst, der immer für dich da ist - oder die Person, die du liebst? Was ist, wenn das Herz auch nicht weiß, was es will? Was ist dann zu tun? Wie trifft man eine Entscheidung, von der man weiß, dass man sie nur falsch treffen kann? Eine Entscheidung, von der man weiß, dass sie einen Menschen zerstören wird. Wen würdest du aus deinem Leben streichen? Deinen Bruder oder die Person, für die dein Herz schlägt?
Du kannst dich nicht entscheiden, oder? Du tust es auch jetzt in Gedanken nicht, richtig? Du denkst nicht darüber nach, weil es eine schreckliche Vorstellung ist. Du willst die Antwort selbst nicht wissen, weil du denkst, du verrätst jemanden, wenn du sie fällst. Du willst den Gedanken aus deinem Kopf entfernen. Aus einem einfachen Grund: er ist grausam.
Ich beneide dich sehr, weil du keine solche Entscheidung treffen musst. Und ich wünsche es auch keinem. Aber ich musste es damals tun. Und ich habe es getan. Ich habe eine Person aus meinem Leben gestrichen. Aus dem einfachen Grund, dass ich glücklich sein wollte. Diese Entscheidung war mit Abstand die schwerste Entscheidung meines Lebens. Ich war sicher, dass ich das Richtige getan hatte, aber trotzdem hätte ich mich selbst verprügeln können. Es fühlte sich so falsch an. Als wäre ich ein Verräter, der seine Kameraden in einen Hinterhalt lockt und abschlachten lässt. Ja, es war wie im Krieg. Ich habe jemanden vor eine Bombe gestoßen, die explodierte. Und das mit voller Absicht und ohne Reue. Es war wirklich wie im Krieg. Nur fand dieser in mir drin statt und es starben viele dabei. Die komplette Verlierer-Seite starb. Ich habe sie getötet. Alle. Mit Absicht.
Ich habe einen Teil von mir selbst getötet. Und ich habe die Augen davor verschlossen, um nicht mit ansehen zu müssen, wie sie starben. Ich habe nicht hingesehen und habe mich dabei wie ein Feigling gefühlt. Aber es wäre sowieso so ausgegangen. Ein Teil von mir musste sterben. Manchmal stellt einen das Leben vor solche Entscheidungen. Warum? Das wird wohl immer ein Rätsel bleiben.
Ich frage noch einmal: Wen würdest du vor eine Bombe stoße? Deinen Bruder oder die Person, die du liebst? Stelle dir einmal diese Frage und du kannst verstehen, wie es mir ging.
Meine Geschichte beginnt in Paris. Dort begegnete ich der Frau meiner Träume. Und sie endet damit, dass ich hier sitze und sie dir erzähle. Hier in Paris. Auf einer kleinen Bank auf der Pont de Arts, die über die Seine führt. Hier unter einem blauen Himmel und der untergehenden Sonne. So begann auch alles. Damals... Vor vielen Jahren... Hier auf dieser Brücke unter blauem Himmel.
Mittlerweile kommt es mir wie ein Traum vor, was damals passiert ist. Kennst du das, wenn du an alte Zeiten zurückdenkst und irgendwann so in Erinnerungen versinkst, dass du plötzlich Tränen in den Augen hast, weil diese Erinnerungen einfach so verdammt wunderschön sind? So geht es mir gerade. Es ist wie ein Märchen damals gewesen. Alles war perfekt. Und es hätte für immer so bleiben sollen.
Doch ganz plötzlich war es vorbei... Und mein Herz zersprang. Es zersprang in tausend Stücke und dennoch spürte ich es in meiner Brust schlagen. Und das machte es so schmerzhaft. Innerlich war ich tot, aber ich spürte trotzdem, dass ich lebte. Immer wenn sie vor mir stand, lebte ich wieder.
Und dann sah ich meinen Bruder, der mich mit seinen braunen Augen ansah. Traurig, enttäuscht, verletzt, wütend, verzweifelt, hoffnungslos. Er oder sie? Familie oder Liebe? Was würdest du tun? Wen stößt du vor die Bombe? Welchen Teil eures Herzens tötest du? Wen tötest du?



Ich habe versucht dagegen zu kämpfen und dich zu verleugnen und ich kann es nicht. Ich schaffe das nicht. Ich kann dich nicht verleugnen."

Verhängnisvolle Liebe (Charlie/Bill Weasly ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt