Kapitel 6

71 12 0
                                    


--- Heute ---
„Scar? Weißt du, was das ist?", fragt Charlie und steht auch auf. Den Holzstab lässt er auf dem Tisch liegen.
„Ja!", rufe ich. „Ich weiß was das ist, ich weiß von deiner Welt, ich weiß was du bist und was du kannst. Verdammt! Das ist genau, wie vor zwei Jahren!", rufe ich und werde immer lauter, während ich aufgewühlt auf und ab laufe.
„Scar!", ruft er und hält mich an den Schultern fest. Dann sieht er mir fest in die Augen, sodass ich seinem Blick nicht ausweichen kann. „Was ist da passiert? Woher weißt du das?", fragt er.
„Will, mein Ex, war auch so einer wie du! Er hat es mir gesagt und ich bin total ausgerastet deswegen. Ich bin weggerannt und habe ihn seitdem nie wieder gesehen.", sage ich und werfe mich in seine Arme. Er ist etwas überrascht, aber nimmt mich in den Arm. Durch Charlie habe ich es nach zwei Jahren endlich geschafft, Will zu vergessen. Ich will ihn auf keinen Fall verlieren. Und dieses Mal mache ich nicht den Fehler, davonzulaufen.
„Scar! Ich weiß gerade nicht, was ich denken soll! Bist du sauer, oder...", sagt er.
„Ich habe einmal den Fehler gemacht, vor Will davonzulaufen. Dadurch habe ich ihn für immer verloren. Und den Fehler mach ich nicht noch einmal. Ich bin nicht sauer.", sage ich.
Er löst sich von mir um mich ansehen zu können und sagt: „Ist das dein Ernst? Du bist nicht... Sauer, dass ich es dir nicht gesagt habe? Ich dachte eigentlich, dass du erst einmal durchdrehst."
„Wie gesagt, den Fehler mach ich nicht noch einmal. Ich bin froh, dass du es mir gesagt hast, wirklich. Je früher desto besser.", sage ich. Charlie strahlt und sieht enorm erleichtert aus. Er will etwas sagen und öffnet den Mund, macht ihn aber wieder zu und drückt mich an sich.
„Kannst du mir mehr davon erzählen?", frage ich nach einer Weile.
„Klar, aber ich kann es dir auch einfach zeigen.", sagt er.
Meine Augen werden wahrscheinlich gerade zu riesen Tellern, als die Tasse vor mir plötzlich zu schweben beginnt.
„Ich glaub, ich spinne! Kneif mich mal!", flüstere ich und starre die Tasse vor mir an. Das Ganze lässt mich ja schon an meinem Verstand zweifeln, aber als Charlie sich dann zu mir runterbeugt und mich küsst, sind alle Zweifel weggefegt.
„Glaubst du es jetzt?", fragt er grinsend.
„Ja.", sage ich und strahle ihn an. Doch plötzlich fällt mir etwas ein. „Warte mal!"
„Was ist los?", fragt Charlie.
„Chris hat mir mal erzählt, dass ihr auf derselben Schule wart. Heißt das dann, dass er auch... Ich meine kann er auch... Zaubern?"
„Ja, kann er.", sagt er etwas zögerlich. „Aber seine Eltern sind beide Muggel. Er hat sich nach der Schule dafür entschieden, für seinen Vater zu arbeiten, weil er irgendwann den Laden übernehmen soll. Ich habe mich immer gefragt wieso! Er war ein Genie in Pflege magischer Geschöpfe. Ursprünglich wollte er auch mit Drachen arbeiten. Aber-"
„Warte... Warte... Moment mal! Drachen?", unterbreche ich ihn.
„Ach stimmt, das weißt du ja noch gar nicht. Ich habe dich bezüglich meines Berufs etwas angelogen. Ich arbeite mit Drachen.", sagt er. Ich kann ihn nur anstarren. Drachen? Echte Drachen! Das ist doch wohl ein schlechter Scherz, oder? Ich verwette meinen Hintern darauf, dass meine Augen gerade erschreckend groß geworden sind.
„Scar?", fragt er. Ich reagiere nicht. „Scarlett? Alles Ok? Langsam machst du mir Angst!"
„Äh, ja, alles Ok. Habe ich gerade wirklich Drachen verstanden?" Ich bin noch immer fassungslos.
„Ja.", sagt er. Wahrscheinlich versteht er gar nicht, wie sehr mich das erstaunt.
„Wahnsinn! Die gibt's wirklich? So mit Feuer spucken und so?", frage ich aufgeregt.
„Ja, die gibt's wirklich. Und die meisten können Feuer speien."
„Wow! Wie groß sind die? Oh, und welche Farben haben die? Das ist ja so aufregend!"
„Scar-!", unterbricht er mich, aber ich rede einfach weiter.
„Und kann man die überhaupt anfassen? Also wenn ja wäre das ja sowas von cool!"
„Scar-"
„Und was fressen die eigentlich?" Die Fragen sprudeln einfach so aus mir heraus und mein Kopf scheint beinahe zu platzen.
„SCARLETT!", ruft er jetzt und greift nach meinen Händen.
„Was denn?", frage ich etwas empört. Ich habe noch so viele Fragen, die mir im Kopf herumschwirren.
„Soll ich auch irgendeine von den Fragen beantworten oder willst du weiterreden?", fragt er und zieht eine Augenbraue hoch. Wieder bringt er mich damit zum Schmunzeln.
„Nein! Also Frage eins: Kann man auf denen reiten?", frage ich, woraufhin er zu lachen anfängt.
„Das ist jetzt ein Witz, oder?", fragt er immer noch lachend.
„Nein, eigentlich nicht! Weißt du, ich habe da so ein paar Bücher. Die mit den Fantasygeschichten. Und da können die Menschen meistens auf den Drachen reiten, aber dann ist es-"
„Nein, man kann nicht auf denen reiten.", unterbricht er mich. „Du kannst froh sein, wenn sie dich nicht rösten. Hast du dich noch nie gefragt, wo ich die ganzen Narben her hab?"
„Äh... Nicht wirklich. Nein! Ich war immer zu sehr abgelenkt. Ich meine, wenn du schon mal ohne Oberteil vor mir stehst, dann frag ich mich doch wohl nicht als erstes, wo du die Narben her hast.", sage ich grinsend.
„Also ich nehm das jetzt mal als Kompliment!"
„War auch so gemeint!", sage ich. „Also... Man kann wirklich nicht auf Drachen reiten?", hake ich noch einmal nach.
„Nein, Scar!", seufzt er.



„Warum war es so schwer für dich, mir die Wahrheit zu sagen?", frage ich Charlie. Ich lehne mit verschränkten Armen an der Schlafzimmerwand und sehe ihm zu, wie er verzweifelt versucht, seine Krawatte zuzubinden. Ich muss ja zugeben, dass ihm der Aufzug wahnsinnig gut steht, aber es wird wohl ein Einzelfall bleiben, dass ich ihn so sehe. Schade eigentlich. Er lacht kurz auf und fasst sich an den Kopf, als hätte er Migräne.
„Ich dachte, das ist dir klar. Nachdem was du über deinen Ex erzählt hast."
„Aber du warst viel früher ehrlich als er. Will hat es mir zwei Jahre verheimlicht.", sage ich.
„Mist!", seufzt er und wirft frustriert die Krawatte weg, die er nicht zugebunden bekommt. „Wieso reden wir noch darüber?", fragt er dann genervt, schon beinahe sauer. Ich seufze und stoße mich von der Wand weg.
„Warum bist du jetzt so eingeschnappt?", frage ich verständnislos.
„Bin ich nicht.", sagt er und hebt die Krawatte auf.
„Ich mach das.", sage ich. Ich nehme sie ihm aus der Hand und schaffe es sie in wenigen Sekunden zuzubinden. „Also, ich sehe genau, dass du nicht darüber reden willst und ich verstehe nicht warum, aber mich interessiert es eben. Warum hast du es mir so früh gesagt?" Er sieht mich lange an, während meine Hände noch immer um seine Krawatte gelegt sind.
„Ich wollte dich einfach nicht anlügen.", sagt er leise. „Ich will ehrlich zu dir sein. Und zwar in Allem, weil ich weiß, dass du das auch bist." Mein Hals schnürt sich bei seinen Worten etwas zusammen, aber ich lasse mir nichts anmerken. Stattdessen lasse ich meine Hände von seiner Krawatte sinken. Doch er greift nach ihnen ohne seinen Blick von meinen Augen zu nehmen. „Ich will nicht darüber reden, weil ich froh bin, es endlich losgeworden zu sein. Das war nicht leicht."
„Verstehe."
„Nein, das tust du nicht.", sagt er und schüttelt leicht den Kopf.
„Ich verstehe, wie es ist, wenn man jemandem etwas sagen will aber nicht weiß, welche Reaktion folgen wird. Das weiß ich genau." Er sieht mich überrascht an.
„Scar?", fragt er und sieht mir fest in die Augen. Ich mache den Mund auf um etwas zu sagen, aber es kommen keine Worte heraus.
„Scarlett." Ich sehe auf. Sein Blick ist fesselnd aber auch unheimlich warmherzig, wie ich ihn schon so oft gesehen habe. Er lässt meine Hände kurz los, aber hat sie im nächsten Moment schon mit seinen verschränkt. Das bekannte Kribbeln in meinem Bauch kehrt zurück. „Ich liebe dich.", sagt er dann. Mir bleibt der Atem weg. „Und deshalb kannst du mir alles sagen." Es ist das erste Mal, dass jemand von uns die magischen drei Worte ausspricht und das, obwohl sie mir schon sein gut einer Woche auf der Zunge brennen.
„Ich wollte sagen, Ich liebe dich.", sage ich leise. Er lächelt und lässt mir gar keine Chance es ihm nachzutun, da er mich auch schon geküsst hat.


Verhängnisvolle Liebe (Charlie/Bill Weasly ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt