„Scar? Du... Du bist schwanger?"
„Sieht so aus, nicht?", sage ich, klinge aber nicht sonderlich begeistert.
„Das ist doch toll!", sagt er euphorisch.
„Und wie bring ich das jetzt Bill bei?", frage ich.
„Der freut sich bestimmt! Mach dir keine Sorgen!"
„Das sagt sich so leicht.", sage ich und denke automatisch an Leon.
„Mach dich nicht verrückt!", sagt er und nimmt mich in den Arm. „Er ist doch sowieso erstmal zwei Wochen lang weg."
Ich seufze und lege mir schon einmal ein Konzept zusammen, wie und wann ich es ihm sage. Und zwar Alles. Wenn Leon 14 ist, darf er die Adoptionsunterlagen ansehen und falls er das tut, sollte Will wissen, dass er einen Sohn hat.
Zwei Wochen später als ich die Wohnungstür schließe, befinde ich mich in stockfinsterer Dunkelheit. Ich will schon nach den Lichtschalter tasten, als plötzlich der Flur erleuchtet wird. Und zwar von vielen kleinen Teelichtern, die einen Gang bilden. Ich folge der Spur und finde mich im Schlafzimmer wieder, wo mir dann endgültig die Augen aus dem Kopf fallen. Die Decke ist seltsamerweise verschwunden, es sieht aus, als würde man direkt in den Sternenhimmel schauen. Der Mond scheint silbern in das Zimmer. Auf dem Boden sind noch ein paar Teelichter verteilt und lassen den Raum orange leuchten.
„Wow!", hauche ich und sehe mich um.
„Hey Engel!", sagt eine Stimme und Will tritt aus dem Schatten heraus.
„William!", rufe ich und werfe mich in seine Arme. Er hebt mich hoch und setzt mich dann auf dem Bett ab, wo ich ihn küsse.
„Ich habe dich vermisst!", sagt er. Ich will ihn gar nicht loslassen.
„Ich dich auch! Die Decke ist der Hammer! Wie hast du das gemacht?"
„Als Zauberer hat man da so seine kleinen Tricks!", grinst er und küsst mich.
„Was für einen Anlass gibt es denn für das alles hier?", frage ich, als ich mich von ihm löse, um wieder Luft zu holen.
„Du bist mein Engel und ich liebe dich über alles! Brauch ich denn einen Anlass dafür, um dir das zu zeigen?"
„Du bist so süß! Ich liebe dich auch!", sage ich und küsse ihn noch einmal.
Als er sich von mir löst, schaut er mir tief in die Augen. Sofort wir mir wieder ganz warm, wie immer wenn ich in seine Augen sehe. Sie glänzen heute so hell wie noch nie und strahlen eine unglaubliche Freude aus, die sich sofort auf mich überträgt.
„Du hast Recht. Es gibt einen Anlass für das alles hier... Weißt du eigentlich, was es für mich bedeutet, wenn du mir in die Augen siehst? Das Gefühl ist unbeschreiblich. Auf der einen Seite fühle ich mich so stark wie noch nie, aber auf der anderen auch so verletzlich und durchschaubar, weil du immer alles über mich weißt, ohne auch nur ein Wort mit mir zu reden. Du siehst es mir einfach an. Und das gibt mir eine Sicherheit, die mir kein Schutzzauber geben kann. Ich brauche nur dich um glücklich zu sein. Sonst nichts. Alle Sorgen - seien sie noch so groß - sind verschwunden, wenn du bei mir bist. Oder kommen mir zumindest vor, als könnte ich sie problemlos bewältigen. Das Gefühl konnte mir bisher niemand geben.
Ich weiß, dass ich manchmal echt... blöd sein kann und es kommt deshalb nicht selten vor, dass ich mich frage, wie ich dich blos verdient habe. Es ist und bleibt mir ein Rätsel, aber ich bin unendlich dankbar dafür. Und ich kann mir kein größeres Glück vorstellen, als dich in den Armen zu haben. Ich habe Vieles falsch gemacht, das ist mir klar und umso glücklicher bin ich, dass du trotzdem bei mir bist." Ich bin absolut sprachlos. Mit einer solchen Liebeserklärung habe ich nicht gerechnet. Er nimmt meine Hand und steht auf, jedoch nur, um sich dann vor mich zu knien. Mir bleibt der Atem im Hals stecken.
„Scar! Ich habe dich einmal verloren, weil ich dich angelogen habe und deshalb schwöre ich dir, dass ich dich nie wieder anlügen werde. Niemals wieder! Das war der größte Fehler meines Lebens. Ich will dich nie wieder verlieren, weil es immer eine Qual ist, dich nicht bei mir zu haben. Und deshalb will ich dich - noch einmal - fragen, ob du mich heiraten willst!", endet er und sieht mich an.
Ich starre in seine wunderschönen Augen und bin immer noch sprachlos. Deshalb nicke ich nur und falle ihm um den Hals. Er zieht mich an sich und ein paar meiner Freudentränen tropfen auf sein Hemd.
„Ja Will! Nichts lieber als das!"
„Du machst mich gerade zum glücklichsten Menschen auf der Welt." Ich löse mich von ihm, da mir einfällt, dass ich ihm ja noch etwas erzählen muss. Er wischt mir die Tränen weg und küsst mich. Ich erwidere den Kuss und muss lächeln, so glücklich bin ich.
„Bill! Ich muss dir was sagen!", sage ich dann aber. Er setzt sich wieder neben mich und sieht mich an.
„Ich habe vor zwei Wochen etwas erfahren. Kurz nachdem du weg warst. Und ich weiß nicht so recht, wie du jetzt darauf reagieren wirst. Und zwar ist es so, dass wir die Hochzeit frühestens in zehn Monaten feiern können."
„Ok, aber das ist doch nicht schlimm!", sagt er etwas verwirrt.
„Der Grund macht mir auch mehr Sorgen, als die Tatsache. Und zwar... Ich... Wir...", ich weiß einfach nicht, wie ich es ihm sagen soll, aber es hilft nichts. Also falle ich mit der Tür ins Haus. „Du wirst Vater!", sage ich schließlich.
Er sieht mich zuerst einfach nur an, dann sagt er: „Besteht die Möglichkeit, dass man vor Glück und Freude platzen kann? Wenn ja, dann habe ich ein Problem."
Ich brauche etwas, bis ich verstehe, was er gesagt hat. „Du freust dich also?", frage ich unsicher.
Sein Mund verzieht sich zu einem breiten Lächeln und seine Augen strahlen wie die Sterne über uns.
Statt einer Antwort küsst er mich und meint dann: „Ich war noch nie so glücklich!", grinst er. Alle Anspannung fällt von mir ab und ich werfe mich ihm so stürmisch um den Hals, sodass er nach hinten auf das Bett fällt und ich jetzt auf ihm liege. Heute ist mit Abstand der schönste Tag meines Lebens! Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem mir diese andere Sache wieder einfällt. Wie soll ich ihm das nur sagen?
„Was ist los?", fragt Will plötzlich. Er hatte es gemerkt, dass ich mit meinen Gedanken abdrifte. Aber ich will jetzt nicht darüber reden. Ich will im Moment an gar nichts denken, außer daran, dass ich Will nie verlieren werde.
„Nichts. Ich bin nur so glücklich." Skeptisch zieht er eine Augenbraue nach oben und richtet sich auf.
„Ok.", sagt er, klingt aber wenig überzeugt.
„Es ist so, dass ich dir noch was sagen will, aber nicht heute. Ich will uns den Abend nicht zerstören."
„Was?"
„Will, lass uns einfach den Abend genießen und ich sag es dir morgen."
„Also jetzt will ich erst recht wissen, was los ist. Kriegst du Zwillinge? Drillinge? Mir fällt gerade nichts Schockierenderes ein, und trotzdem würden mir Drillinge den Abend nicht verderben."
„Bitte Will! Lass es doch einfach gut sein."
„Scar! Sag's mir, bitte! Ich kann den Abend nicht genießen, wenn du solche Dinge sagst und sie mir dann absichtlich verschweigst." Ich seufze. Es war ein Fehler überhaupt etwas zu sagen.
„Na gut. Also es... es war damals kurz nachdem du weg warst. Genauer gesagt zwei oder drei Wochen später."
„Scar, jetzt machst du mir Angst."
„Ich sagte doch, warten wir bis morgen." Er schüttelt den Kopf. „Ok, also... ich... ich war..." Ich will es nicht sagen, aber seine braunen Augen durchbohren mich.
„Ich war schwanger.", sage ich es gerade heraus. Er starrt mich an. Die Zeit scheint anzuhalten, während er mich einfach nur ansieht. Keiner von uns beiden rührt sich.
„Was?", flüstert er schließlich und bricht damit das unerträgliche Schweigen.
„Ich war schwanger. Und ich habe das Kind ausgetragen.", erzähle ich.
„Aber... ich..." Er bricht ab.
„Du hast einen Sohn, Will." Der Schock steht ihm deutlich ins Gesicht geschrieben, als er sich seufzend nach hinten auf das Bett fallen lässt und sein Gesicht mit den Händen verdeckt.
„Bei Merlins Bart.", flüstert er. „Das kann doch nicht wahr sein."
„Es ist wahr.", sage ich und öffne die kleine Truhe, die auf meinem Nachttisch steht. Zitternd hole ich den zugestaubten Briefumschlag heraus und öffne ihn. Ich habe das Bild in meinen Händen noch nie betrachtet, aber jetzt werfe ich zum ersten Mal einen Blick darauf.
„Er sieht aus wie du.", sage ich und halte ihm das Bild hin. Zögernd greift er danach und sieht es sich an. Doch kaum hat er es betrachtet, schlägt er die Hand vor den Mund.
„Will?", frage ich.
„Das... das ist mein... Sohn?", fragt er mit zitternder Stimme.
„Ja. Er heißt Leon. Dir hat doch der Name damals so gut gefallen.", ergänze ich.
„O man, das... ich glaub das einfach nicht. Wo ist er?"
„Ich habe ihn zur Adoption freigegeben. Anonym."
„Aber warum?"
„Weil er aussah, wie du. Ich habe das nicht ertragen. Immer habe ich dich gesehen, wenn ich ihn gesehen habe. Und ich musste daran denken, dass du an diesem Tag nicht da warst. Ich wäre bei der Geburt fast gestorben, Will. Ich konnte einfach kein Kind großziehen, das mich immer an dich erinnert hätte. Ich wollte weder ihm noch mir selbst das antun. Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen, also dachte ich, es würde keinen Unterschied machen. In sechs Jahren darf er die Akte sehen, wenn er will. Dann sehe wir ihn vielleicht."
„Ich habe einen Sohn von dem ich nicht mal wusste, dass es ihn gibt. Das einzige, das ich habe ist ein Foto. Ich bin grad total überfordert."
„Das verstehe ich. Und deswegen wollte ich es dir nicht sagen"
„Nein, ich bin froh, dass du es gesagt hast. Das Gefühl lässt sich nur nicht definieren. Ich freue mich, bin aber auch fertig, weil ich ihn vielleicht niemals sehen werde."
„Das wirst du bestimmt. Weißt du, in der Akte steht auch der Grund, warum ich ihn weggegeben habe und ich habe ihm einen Brief geschrieben, den er bekommt, wenn er alt genug ist."
„Das muss schwer gewesen sein. Ihn wegzugeben.", sagt er.
„Es ging. Ich wollte einfach neu anfangen und ich hätte ihm keine gute Mutter sein können."
„Aber du wirst eine gute Mutter werden, da bin ich sicher.", lächelt er.
„Und du ein super Vater.", grinse ich.
„So, jetzt, da ich den Schock verdaut habe, können wir doch da weitermachen, wo wir aufgehört haben."
„Und das wäre?", frage ich und mache auf unwissend.
„Hier.", sagt er und küsst mich.
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Verhängnisvolle Liebe (Charlie/Bill Weasly ff)
Hayran KurguEntscheidungen... Sie sind schwer und fordern viel Nachdenken. Man muss sich genau überlegen, welchen Weg man einschlägt, die Vor- und Nachteile abwiegen. Man muss sich bewusst sein, dass man manche Entscheidungen nicht mehr rückgängig machen kann...