Kapitel 17

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Trotzdem müssen wir ihn unfreiwillig abbrechen, da Bill von draußen hereinkommt und die Tür hinter sich schließt.
„Geht in euer Zimmer!", sagt er genervt. „Das ist ja ekelig." Dann läuft er an uns vorbei und verschwindet die Treppe rauf. Kurz danach brechen Charlie und ich in Lachen aus. Der kann einem mit seiner miesen Laune echt alles versauen, aber davon lasse ich mich jetzt ganz sicher nicht beeinflussen. Er hat mir heute schon genug Ärger gebracht.


---Seine Sicht---
Wütend stapfe ich die Treppe in mein Zimmer hoch. Unten im Wohnzimmer höre ich Charlie und Scarlett lachen und spüre die Wut in mir hochkommen. Worüber ich mich genau aufrege, kann ich nicht sagen, aber es ist eine ungeheure Wut. So, als könnte ich eine Baumstamm klein schlagen. Oder noch besser: Charlie. Ich hasse ihn im Moment einfach nur. Er hat sie mir weggenommen. Er ist schuld daran, dass ich sie nicht wiederhaben kann.
Das Reden mit ihr hat so gut getan. Ihr zuzuhören hat mir gefehlt. Ihre Stimme habe ich vermisst. Aber es war schwer, das auszusprechen, was ich ihr gesagt habe. Es war zwar alles die Wahrheit, aber sie hat es anders verstanden. Ja, ich hasse sie dafür, dass sie Charlie glücklich macht. Aber nicht, weil ich Angst um meinen Bruder habe
Ich lüge mich selbst an. Ich liebe sie. Habe sie immer geliebt. Und ich hasse sie gleichzeitig, weil sie Charlie hat. Für einen Moment dachte ich, der Kuss hätte etwas zu bedeuten. Es war einfach alles wie früher. Es hat sich angefühlt, als wären, die letzten Jahre nie passiert. Ich habe mir das sogar gewünscht. Ich hatte für einen Augenblick den Eindruck, der Kuss hätte ihr auch etwas bedeutet. Sie hat mich genauso geküsst, wie früher. Und ich hätte garantiert nicht als erstes aufgehört. Ich hätte ewig so weitermachen können. Ich hatte gehofft, dass es ihr genauso erging. Doch dann ist sie wieder über Charlie hergefallen, hat ihm Entschuldigungen für alle, was sie jemals falsch gemacht hat, an den Kopf geworfen. Als würde das alles wieder gut machen nichts wird dadurch wieder gut. Absolut gar nichts. Für mich am wenigsten.
„Ich liebe dich, Charlie!", hat sie gesagt. Und sie hat ihm dabei eiskalt ins Gesicht gelogen. Am liebsten hätte ich ihm auf der Stelle von dem Kuss erzählt. Einfach nur, um sein Lächeln zu vertreiben. Ich sollte das von ihr hören. Ich alleine. Nicht er. Doch er sah so glücklich aus. Er liebt sie wirklich sehr. Vielleicht sogar mehr als ich es jemals getan habe. Und trotzdem hätte ich ihm an die Gurgel springen können. Er sollte sie nicht im Arm halten dürfen. Sondern ich. Er sollte sie nicht küssen dürfen. Sondern ich. Und er sollte nicht sagen dürfen, dass er sie liebt. Das sollte ganz alleine ich dürfen. Der Würgereiz, den das Bild der beiden ausgelöst hat, ist schwer zu unterdrücken. Es hat sich so auf meiner Netzhaut eingebrannt, dass ich sie immer noch knutschend vor der Tür stehen sehe. Ich habe Angst, dass mein Frühstück den Rückweg antritt, so übel wird mir.
Sie hat Charlie und sie liebt ihn wirklich, obwohl ich mir einrede, es wäre anders. Der Zug ist abgefahren, als ich damals alles zerstört habe. Und das verzeiht sie mir sicher nie.



---Ihre Sicht---
„Biiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiill!", brüllt Molly am Nachmittag aus der Küche durch das ganze Haus. Ich muss mir erschrocken die Ohren zuhalten, obwohl ich im Wohnzimmer sitze, so laut schreit sie.
„Was ist denn?", ruft Will aus dem obersten Stock und läuft die Treppe runter.
„Kannst du dich um das Essen kümmern? Wir müssen noch in die Winkelgasse.", sagt sie - wieder in normaler Lautstärke - als er vor ihr zum Stehen kommt. „Wir sind in zwei Stunden wieder da!"
„Äh ... Und wieso geht ihr alle?", fragt er.
„Fleur muss ihr Kleid abholen und wir anderen müssen auch noch ein paar Sachen besorgen.", erklärt Molly.
„Warum kann Charlie nicht das Kochen übernehmen?"
„Weil er noch was fürs Reservat in der Winkelgasse erledigen muss."
„Aber er kann kochen, ich nicht." Oh ja, er kann kochen und wie. Und sogar um einiges besser als ich. Anfangs habe ich es ihm nie zugetraut, aber er hat mich schließlich vom Hocker gehauen... ich schweife ab.
„Ja, aber Charlie ist nicht das Mädchen für alles in diesem Haus. Auch wenn dir das das Leben sehr viel leichter machen würde.", meint Molly streng.
„Aber ich vergifte euch doch nur.", protestiert Bill. Ja, da kann ich auch zustimmen. Ich kenne seine Kochkünste nur zur Genüge. Und das muss man sich wirklich nicht antun.
„Es gibt so etwas wie ein Kochbuch, Bill. Damit kannst selbst du nichts falsch machen."
„Bitte, Mum!", bettelt Bill, wobei er den mir sehr bekannten Hundeblick aufsetzt, der perfekt wirkt... meistens.
„Nein, William! Ich habe jetzt keine Lust, das zu diskutieren. Wir müssen los, also kümmere dich bitte darum."
Ich höre ihn stöhnen und beschließe, mich auch zu Wort zu melden: „Molly! Ich kann das Kochen übernehmen. Ich kann nur bestätigen, dass er damit alle vergiftet." Sie kommt zu mir ins Wohnzimmer gewuselt und betrachtet mich besorgt.
„Nein, nein! Du ruhst dich besser aus. Da fällt mir ein, dass ich Fred und George dafür noch den Kopf waschen muss!"
„Nein Molly, das ist schon Ok. Ich habe es doch freiwillig gemacht!"
„Aber, dass sie dich diese neuen Erfindungen testen lassen ist nicht in Ordnung!", sagt sie streng.
„Molly, bitte! Sie haben es doch nicht böse gemeint!", sage ich.
„Na schön, aber ich rede trotzdem noch einmal mit ihnen. Hat das Erbrechen aufgehört?"
„Ja, mir geht's gut! Ich kann das mit dem Kochen ruhig übernehmen.", sage ich.
„Das ist lieb von dir, aber Bill bekommt das hin, nicht wahr?", ruft sie dann Bill zu.
„Jaja, aber keine Garantie, dass man's dann auch essen kann.", meint der genervt. Molly setzt ein fröhliches Grinsen auf und stolziert aus dem Zimmer.

Letztendlich übernehme ich das Kochen doch selbst, da ich Wills Kochkünste nur zu gut kenne und das will ich nun wirklich keinem zumuten. Jedoch erwies es sich als kleines Problem, in einer fremden Küche zu kochen, da ich so gut wie alles suchen muss, was ich brauche. Schließlich brauche ich etwa 30 Minuten, bis ich alles gefunden habe und anfangen kann.
„Soll ich dir helfen?", fragt plötzlich Will hinter mir.
Ich drehe mich um und sehe ihn im Türrahmen lehnen. Schon wieder durchzieht dieses Kribbeln meine Magengegend. Ich zwinge mich, mir Charlies Gesicht vor Augen zu führen. Das Kribbeln verwandelt sich in Schmetterlinge. Ja, ich liebe Charlie. Das kann selbst Will nicht ändern.
„Wenn du nichts Besseres zu tun hast...", sage ich und drehe mich wieder um.
„Nein, außerdem sollte ich das ja machen!", sagt er. Ich spüre, wie er mir näher kommt und schließlich direkt hinter mir stehen bleibt. Ich zwinge mich, mich auf das Tomate schneiden zu konzentrieren, indem ich versuche, seine Nähe auszublenden.
„Ich mach das.", sagt er und greift über meine Schulter nach dem Messer. „Da kann ich wenigstens nichts falsch machen." Seine Brust spüre ich direkt an meinem Rücken liegen. Sein Mund ist meinem rechten Ohr ganz nah und ich fühle seinen Atem auf meiner Haut. Ich schließe kurz die Augen um wieder einen klaren Kopf zu bekommen und mache dann ein paar Schritte nach links, nachdem ich das Messer auf das Brett gelegt habe.
„Ok, dann mach ich die Spaghetti!", sage ich und sehe ihn an. Er nimmt das Messer in die Hand, sieht mich aber immer noch an. Erst jetzt bemerke ich, dass ich mich noch keinen Zentimeter von der Stelle bewegt habe. Schnell befreie ich mich aus meiner Starre und laufe an Will vorbei, um einen Topf mit Wasser zu füllen. Um mich etwas von seiner Anwesenheit abzulenken, singe ich leise vor mich hin.
„We keep this love in a photograpf, we made these memories for ourselfef"
„Das hast du früher schon immer gesungen.", sagt Will plötzlich, womit er mich aus meinen Gedanken reißt.
„Lieblingslieder ändern sich nun mal nicht.", sage ich, während ich meinen Blick starr auf den Topf vor mir gerichtet habe.
„Wie hieß es noch einmal?", fragt er.
„War klar, dass du das nicht mehr weißt.", sage ich und kann mir ein Lächeln nicht verkneifen.
„Photograph!", sagt er nach einer Weile. Überrascht drehe ich mich in die Richtung, aus der seine Stimme kam und erschrecke augenblicklich, da er jetzt direkt vor mir steht. „Richtig?", fragt er und sieht mir fest in die Augen.
„Ja." Mehr bekomme ich nicht heraus.

Verhängnisvolle Liebe (Charlie/Bill Weasly ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt