Kapitel 4 : The gift

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Happy Birthday. Oder sollte ich lieber „Merry Christmas" sagen. So oder so bin ich gekniffen. Ich weiß schon, warum ich mich glücklich schätzen kann, im August Geburtstag zu haben und nicht wie die armen Schweine, die an Weihnachten feiern dürfen, denn manche Geschenke braucht nun echt kein Mensch. Und das hier ist eines von der Sorte – um mir das schönzutrinken, brauche ich mehr als nur ein popeliges Glas Champagner. Der prickelnde Gruß an das Geburtstagskind geht aber nun auf Kosten des Hauses, und so großzügig, dass man gleich 'ne ganze Flasche springen lassen würde, oder mehr als eine, ist man in diesem Laden dann doch nicht.

Bei den Preisen, die sie hier dafür verlangen, würde mich das auch sehr wundern.

Preise, bei denen ich mich beinahe an dem süßen Blubberwasser verschluckt hätte, als ich den Aushang an der Zimmertür gesehen habe. 260 Dollar pro Nacht – und dabei sind wir noch nicht mal im Ritz. Vor ein paar Jahren hätten wir sogar noch unterwegs in unserem ollen Bus gepennt. Inzwischen bucht Chris unsere Übernachtungen, wenn wir auf Tournee sind. Das heißt aber nicht, dass ich keinen Dunst habe, was uns alle dieser Spaß kostet. 260 Dollar – o Mann.

„So, Nicky-Schatz", reißt mich meine Zimmergenossin aus meinen Gedanken. „Und jetzt ist deine Mitarbeit gefragt. Welche Nachricht willst du zuerst hören: die gute oder die schlechte?"

Wie bitte? Das soll wohl ein Scherz sein. Na gut, von meiner Veränderung scheint sie noch nichts mitbekommen zu haben, doch wenn ich eines nicht brauchen kann, dann noch eine schlechte Nachricht. Leider habe ich da falsch gedacht – aber das weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Statt dessen denke ich nichtsahnend Also schön, wenn's dich glücklich macht und erwidere lustlos: „Meinetwegen – dann die schlechte zuerst." Vielleicht hat der Tag doch noch einen Lichtblick zu bieten. O ja, an irgendwas muss sich der Mensch ja klammern, und wenn's die Hoffnung ist, die bekanntlich zuletzt stirbt.

„Okay, du hast es so gewollt. Also, was deine morgendliche Runde im Pool angeht, da muss ich dich enttäuschen: Es gibt nämlich keinen."

Keinen Pool? Oooooch, da bin ich aber traurig. Anders als Michael, bin ich nämlich überhaupt keine Wasserratte. Der könnte ja stundenlang surfen und schwimmen. Ich dagegen... Wenn das die schlechte Nachricht ist, wie sieht dann die gute aus?

Bevor ich mit dem großen Rätselraten beginnen kann, drückt mir der Lockenkopf einen großen Umschlag in die Hand. Schwarz mit goldenen Buchstaben – wie edel.

„Bitte schön: Ich glaube, wenn du das hier aufgemacht hast, wirst du den fehlenden Pool nicht mehr vermissen."

Noch bin ich nicht überzeugt – daran ändert auch nicht, dass sich die edle Spenderin dieses Geschenks vor Freude beinahe überschlägt. So aufgeregt, wie sie mitten im Zimmer hin und her hibbelt, könnte man grad meinen, sie hätte uns ein privates Treffen mit Crocodile Dundee organisiert. Obwohl das schon wieder cool wäre, nachdem unsere Musik sogar in einer größeren Szene zu hören war. Dass der Film allerdings so ein Erfolg werden würde, darauf war keiner von uns gefasst. Aber wie auch immer, langsam öffne ich das Kuvert und ziehe eine zusammengefaltete Karte heraus.

Mac Namara Hot Air Ballooning: Entschweben Sie Ihren Sorgen und in den Sonnenuntergang – wir kümmern uns um den Rest.

Als ich die Karte aufklappe, segeln mir zwei Tickets für „Hobart von oben" entgegen, ausgestellt auf eine Nicole Simon - das bin ja dann wohl ich – und eine Eva Jacobs, einzulösen am 26. Dez- Hoppla!

Ich hätte die Karten besser festhalten sollen, dann wären sie mir nicht aus der Hand geflutscht. Doch ich muss mich nicht bücken: Eva, von der ich jetzt endlich weiß, wie meine Reisegefährtin heißt, ist schneller und hebt die Karten vom Fußboden auf.

Not enough timeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt