16. Kapitel

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Pov Cho

Der pummelige Polizist durchbohrte mich förmlich mit seinem Blick. Schließlich stimmte ich der Idee mit dem Wohnheim zu. Er erhob sich von dem Klappstuhl, welcher auch keine weiteren 2 Minuten überstanden hätte.

Wenig später, nach einem Telefonat mit dem Sekretariat unserer Schule, brachte er mich in einem komischen Wagen zum Wohnheim. Das Fahrzeug des Polizist war mindestens genauso komisch, wie das des unbeholfenen Arztes, außerdem hatte es auch ein Blaulicht, bei dem ich mich erneut fragte, ob dies hier wirklich nötig und wichtig sei.

„Könnte ich später noch Sachen von Zuhause holen?", fragte ich die Pummelfee, kurz überlegte er, aber nickte schließlich.

„Natürlich, wenn alle Beweise zu 100% gesichert sind." Ich nickte und eine kleine, aber junge Frau kam auf uns zugelaufen.

„Du musst unser neuer Hausbewohner sein.", sagte sie äußerst nett und lächelte lieb. Langsam nickte ich. „Ich bin Hope, sozusagen eine Betreuerin, aber du wirst hier genug Freiheiten haben, uns merkt man kaum.", erklärte sie und erneut nickte ich.
Sie brachte mich zu einem Zimmer, klopfte an und wenige Sekunden später öffnete sich die Tür.

„Tao...?", fragte ich ungläubig. Wie viel Pech will mir das Universum eigentlich noch bringen? Aber irgendwie besser als mit jemand wirklich schlimmen.

„Cho?" Auch er war verwirrt.

„Ahh ihr kennt euch, das ist gut. Also Tao, Cho ist jetzt dein Zimmerpatner." Er blinzelte ein paar Mal, vermutlich versuchte er dabei die Situation zu verstehen. Dann nickte er schließlich und bekam von ihr den Auftrag, mich im Wohnheim rumzuführen.

Pov Tao

Cho und ich in einem Zimmer? Na super. Geil noch ein Grund mehr, warum die Jungs mir jetzt mein Leben versüßten. Sie haben mir heute den ganzen Tag zu Hölle gemacht und waren auch einfach unfair.
Acht, neun vielleicht zehn Leute gegen einen.

Ruhig musterte ich Cho von oben bis unten. Ihm schien es gar nicht gut zu gehen, sein Gesicht war blass und leicht grünlich, er wirkte abwesend und überall hatte er Blutflecken. Hope ließ uns alleine und schnell zog ich Cho in mein Zimmer, vorsichtig fasste ich an seine Stirn, die eiskalt war.

Schon den ganzen Tag hatte ich mir, eher unterbewusst, Sorgen gemacht, da er ja nicht in der Schule gewesen war. Sein Verhalten strahlte ihn nicht aus, es passte nicht zu dem Cho, den ich tagtäglich erleben durfte, der in seiner eigenen Welt lebte, der der mir das komische Gefühl in meinem Magen verlieh und der der mich jeden Tag irgendwie zur Weißglut trieb. Nein er wirkte leer und diese Leere kannte ich genau, denn immer, wenn ich über meine Schwester nachdachte, fühlte ich die auch.

„Möchtest du vielleicht duschen oder so?"

„Ich habe noch keine Sachen hier..", murmelte er leise. Ich überlegte etwas, bot ihm aber Sachen von mir an, in der Hoffnung sie würden passen. Er nickte und darauf zeigte ich ihm das kleine Bad, welches direkt am Zimmer angrenzte.

„Ich räume in der Zeit ein wenig auf.", nuschelte ich, da der Raum wie eine Müllhalde aussah. Mehr als ein gleichgültiges Nicken erhielt ich nicht als Antwort.

Dann verschwand Cho im Bad. Ich suchte schnell Sachen raus, die mir ein wenig zu groß waren und räumte danach auf.

Pov Cho

Tao's fürsorgliches Verhalten beruhigte mich leicht. Vielleicht würde es ja wirklich gar nicht so schlimm werden, zumindest, wenn er so bleiben würde, aber selbst, wenn er sich verändern würde, wäre es immer noch besser als mit diesem pinken Buzzcut Typen, der ständig und überall meinen musste, seine Freundin durchzunehmen oder die Zahnstocher-Tonne, welche auf irgendwelchen Wegen mit dem Pummelfee-Polizisten von vorhin verwandt sein musste.
Wenn der sich einmal ins falsche Bett legen würde, dann wäre ich Geschichte.

Das Duschen dauerte so lange, bis sich das Wasser von Rot, über ein zartes Rosa, bis hin zu seiner natürlichen Farbe wandelte. Die blutbeschmierten Sachen schmiss ich direkt in den Müll und als ich sie so sah, schossen mir die letzten Worte meiner Mama in den Kopf:

„Versprich mir, das du auf dich aufpasst, ja? Versprich, das du niemals vor etwas weglaufen wirst, sowie dein Vater und das du immer hinter dir selbst stehst.."

„Und wenn du das rosane Messer siehst, lauf weg.."

„Versprich mir, das du wegläufst.."

Wort für Wort quälte sie sich um mir zu zeigen, wie stolz sie auf mich war und wie stark ich doch sein sollte. Aber dieses rosafarbene Messer ging mir nicht aus dem Kopf, davon hatte ich dem Cop nicht erzählt.
Sie flehte mich förmlich an bei seinem Blick zu laufen, so schnell und so weit ich könnte.

Ich hatte das Bedürfnis zu weinen, merkte deutlich den Kloß in meinem Hals, aber irgendwas blockierte es. Vielleicht war es die allgemeine Situation. Vorsichtig stieg ich aus der Dusche und band mir ein Handtuch um meine Hüfte.
Tao hatte mir scheinbar vorhin welche hingelegt, genauso wie die frischen Sachen. In Gedanken versunken trocknete ich mich langsam ab und zog mich anschließend an. Meine Haare rubbelte ich mit dem anderen Handtuch trocken, dann verließ ich das Bad.

Er hatte tatsächlich aufgeräumt und sogar das andere Bett bezogen. „Danke.", lächelte ich leicht, obwohl mir dazu gar nicht war.

Pov Tao

So gerne hätte ich ihn ausgefragt, was passiert war, aber ich wusste, dass das unhöflich gewesen wäre.

„Ich denke, dass wir erst morgen im Wohnheim rumgehen, so viel Spannendes gibt es hier eh nicht zu sehen." erzählte ich, er nickte nur und legte sich in das andere Bett.

„Achso in ca. einer Stunde gibt es Abendessen." sagte ich noch, damit er dies schonmal wusste.

„Okay.." hörte ich ihn noch sagen, ehe er die Decke fast ganz über seinen Kopf zog. Ich steckte mir eine Seite meiner Kopfhörer ins Ohr und schaute irgendwas auf YouTube.

Einige Zeit war vergangen als ich ein leises Schluchzen vernahm, langsam sah ich auf und erblickte, dass Cho's Bett förmlich wackelte. Erschrocken stand ich auf und setzte mich behutsam neben ihn, sanft wie gestern, streichelte ich ihn.

„Shh.." Ruhig zog ich ihn an mich ran, während ich seine Decke von seinem Kopf weg zog. Es tat mir unfassbar weh, wenn er weinte.

Pov Cho

Vorsichtig kuschelte ich mich an Tao und weinte bitterlichst. Die Bilder meiner sterbenden Mutter hatten sich in meinen Kopf gebrannt und immer, wenn ich die Augen schloß, dann sah ich sie, wie sie blutete, Schmerzen hatte und sich quälte. Ich zitterte wie Espenlaub und konnte dies auch gar nicht abstellen. Zart kraulte Tao durch meine, mittlerweile trockenen, Haare.

„Tao.. e-es war so g-grausam..", flüsterte ich langsam gegen seine Brust.

„Was war grausam, Kleiner?" fragte er zurück, immer noch durch meine Haare kraulend. Es ging nicht anders, also erzählte ich ihm alles. In dieser Variante der Geschichte sagte ich ihm auch, im Gegensatz zum fetten Polizist, dass ich schrecklich Angst hatte und es kaum aushalten konnte.
Außerdem erzählte ich von dem rosa Messer, welches meine Mom erwähnte.

Still hielt er mich, hörte mir zu, sagte danach aber auch nichts, außer, dass es ihm unendlich leid tat. Er ließ mich aber auch nicht los, wie ich es eigentlich erwartet hatte, sondern hielt mich weiter. Allmählich, durch seine Berührungen, beruhigte ich mich und dann küsste er mich auf die Stirn und versprach mir, dass ich das nicht alleine bewältigen müsse. Ich wusste nicht ganz was ich sage, geschweige denn tun sollte, weil ich nicht ganz nachvollziehen konnte, woher der plötzliche Stimmungsumschwung kam.

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