Kapitel 12

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''Oh. Mein. Gott.'', flüsterte ich, nachdem die braunhaarige Frau ihren Bericht abgeschlossen hatte. Meine Augen waren bestimmt doppelt so groß, während ich es noch immer nicht fassen konnte. Julian hatte nicht gelogen, der Bericht war wirklich echt. Er war sogar ziemlich ausführlich und das, obwohl ich nur irgendein normales Mädchen war. Es war der Wahnsinn! Das ich mich so unwohl gefühlt hatte gestern, war nicht schlimm - im Gegenteil: Es schien Julian und mir nur gut zu kommen. Außerdem musste ich wirklich sagen, dass nur positive Sachen über mich in der Sendung liefen. Ich schien den Leuten wirklich zu gefallen. Oh mein Gott!!!

''Hättest mir ruhig etwas mehr Vertrauen entgegen bringen können.'', meldete sich nun Julian wieder zu Wort.

''Nein. Also doch! Oh mein Gott, ich kann's nicht fassen. Das ist nicht wahr, oder?'' Eine Gänsehaut hatte sich auf meinen Armen gebildet. ''Das war nur ein öffentlicher Termin... Ich meine, das kann doch nicht so schnell gehen?''

Er grinste. ''Siehst du doch. Du scheinst ein gefundenes Fressen für die Medien zu sein. Wie meinte die Frau noch: jung, schön und außerordentlich zurückhaltend.'' Er äffte die Moderatorin nach. ''Du hast den ersten Schritt geschafft, aber wenn du nicht nur als Spielerfrau von irgendjemandem abgestempelt werden möchtest, musst du jetzt schnell handeln.''

''Du hast Recht... Aber was soll ich bitte machen? Ich bin eben nur eine Spielerfrau - noch nicht Mal 'ne echte.'' Ich knabberte an meiner Unterlippe. Mir stünden viele Möglichkeiten offen, oder? Ich konnte jetzt irgendein aufregendes Angebot annehmen - sofern ich eins bekam, oder mich erstmal total aus der Öffentlichkeit raushalten, als Mysteriös gelten, und immer nur auftauchen, wenn Julian auch in der Öffentlichkeit ist. Ich brauchte Tess. Ich brauchte den Rat einer besten Freundin.

''Kannst du singen?'' Ich wendete meinen Blick von dem Glastisch ab und schaute zu dem Mann neben mir.

''Ähm, nein. Eher nicht.''

''Dann stehen noch irgendwas mit Schauspielerei auf dem Plan oder du wirst, keine Ahnung, irgendwas in der Mode - vielleicht Model?''

''Model.'', ich gluckste. ''Ich und Model.''

''Ja, ich meine: Warum nicht? Du hast die Figur dafür und bist auch, laut der Moderatorin, natürlich schön. Das sind die Voraussetzungen.'', antwortete Julian und griff nach seinem Handy. ''Ein Model als Freundin wäre gar nicht so schlecht.''

''Laber keinen Scheiß. Ich brauch was, wo man nicht wirklich schön sein muss.''

Er schüttelte seinen Kopf und gab mir ein Zeichen leise zu sein, während er sein Handy an sein Ohr hielt. Nur wenige Momente später schien er voll in seinem Element zu sein: Er redete begeistert auf die Person am anderen Ende ein, gestikulierte wild und versetzte sich richtig in diese Lage. Er war wie diese Leute in den Talkshows, die von 0 auf 100 total am ausflippen waren - nur war es bei Julian irgendwie... positiv.


***


''Du spinnst.'', rief ich und sprang vom Sofa auf. ''Du bist doch völlig verrückt geworden!'' Ich beobachtete, wie Julian grinsend auf seinem Platz sitzen blieb, während ich einen halben Nervenzusammenbruch erlitt. Was war nur heute los?

''Beruhig dich, das gehört eben alles dazu...''

''Beruhigen? Wie soll das gehen, nach sowas?'' Ich ließ mich wieder auf das Sofa fallen und bedeckt mein Gesicht mit meinem Händen. ''Sie wird so lachen, wenn sie mich sieht...''

''Warum sollte sie? Ihr werdet sowas wie Kolleginnen. Außerdem ist sie vollkommen anders, als du jetzt vielleicht denkst.'' Julian griff nach meinen beiden Händen und entfernte sie von meinem Gesicht. ''Mach dir absolut keine Sorgen. Du wirst ein wundervolles Model.''

Ich spürte wie sich meine Wangen leicht rot färbten. Was passierte hier? Innerhalb von wenigen Stunden veränderte sich mein Leben gerade komplett und Julian war der Grund dafür. Auch er hatte sich seit den letzten Stunden total verändert. Er war rücksichtsvoller, als habe er ein neues Ich bekommen. Seit gestern Abend war er wie ausgewechselt, wahrscheinlich haben ihm seine Bemerkungen wohl doch irgendwie leid getan und er versuchte sich so zu entschuldigen. Obwohl er das ja mit seinen Worten schon getan hatte und, ganz ehrlich, das hätte mir total gereicht.

Dennoch schien es so irgendwie besser zu sein, für ihn auf alle Fälle - aber für mich?

Black Ink (#Wattys2015)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt