• Zehntes Kapitel •

71 9 18
                                    


• • • • • • • • • • • • • • • • • •


Ich unterbreche June bei ihrer Erzählung nicht ein einziges Mal.
Tausende Fragen liegen mir auf der Seele, aber ich lasse sie erst zu Ende sprechen.
Für mich ist es unmöglich alles zu verinnerlichen.
Aber ich verstehe warum June mir nicht die ganze Wahrheit erzählt hat. Ich verstehe, warum es so schwierig für sie war.
Dabei kann ich mir kaum vorstellen, wie es damals für sie gewesen sein muss. Sie war ganz alleine. Es muss schrecklich gewesen sein.
Ihre Familie, ihre Freunde, ermordet von Voldemort und seinen Todessern.
Und der schreckliche Verrat von einem ihrer besten Freunde, Sirius Black.
Mein Vater.
Ich schlucke schwer.

"Ich verstehe, wenn du wütend auf mich bist, Annie", sagt June schließlich.

"Ich bin nicht wütend, nicht auf dich, nicht mehr", sage ich wahrheitsgemäß, "nur auf ihn."

Ich schaue June fest in die Augen.

"Er ist verrückt geworden. Er konnte das Scheitern von Voldemort nicht ertragen, nicht nachdem er seinen besten Freund verraten hatte. Ich hoffe Du verstehst nun warum er so gefährlich ist, Annie. Er ist unberechenbar. Er schreckt vor nichts zurück. Und er hat nichts zu verlieren, weil er schon alles verloren hat", sagt June eindringlich.

"Wieso hat er mich nicht auch umgebracht? Wieso solltest du auf mich aufpassen? Ich habe dir erzählt, dass die Dementoren diese Erinnerung in mir wecken. Er hat geschrien, du sollst auf mich aufpassen, bevor er abgeführt wurde, warum?", frage ich erregt und erinnere mich an meine letzte Begegnung mit den Dementoren.

"Er ist einfach verrückt, Annie. Ich kann mich daran nicht erinnern. Das Ministerium hat ihn überrascht, vielleicht war es ein letzter verzweifelter Versuch, sich selber zu retten. Ich weiß aber nicht, ob er soweit überhaupt noch gedacht hat, er ist verrückt", sagt June mit fester Stimme.

"Aber an dem Abend als Harrys Eltern gestorben sind, wieso hat er mich da nicht umgebracht? Wieso hat er dich nicht umgebracht? Ich verstehe das nicht", sage ich und lege meine Stirn verzweifelt gegen meine Hände.

Mein Herz rast, meine Gedanken spielen verrückt. Es fühlt sich an wie ein schrecklicher Traum.

"Ich verstehe auch nicht alles, Annie. Ich habe sehr viel Zeit damit verbracht über die Geschehnisse dieser Tage nachzudenken. Als ich im Ministerium von der Ermordung von Lily und James erfuhr, wusste ich dass Sirius nach Godrics Hollow kommen würde. Ich hatte Angst um dich. Du warst bei Sirius und er stand James so nah. Ich war so erleichtert, als er dich mit mir gehen ließ. Ich wollte es nicht wahrhaben, dass Sirius der Verräter sein sollte. Ich kannte ihn so viele Jahre. Deswegen bin ich seiner Nachricht am nächsten Tag auch direkt gefolgt. Ich habe es bereut. Wären die anderen Auroren nicht gekommen- Ich bin mir sicher, wir beide wären seine nächsten Opfer gewesen."

"Ich kann das alles nicht verstehen", sage ich verzweifelt.

"Hör mir zu, Annie", sagt June, während sie meine Hände in ihre nimmt und mich besorgt anschaut, "du wirst viel Zeit brauchen, um all das zu verarbeiten. Die Dementoren werden Sirius bald finden. Er kann sich nicht ewig vor ihnen verstecken. Aber bis es soweit ist, musst du mir versprechen, vorsichtig zu sein. Schleich Nachts nicht im Schloss umher, halte dich an deine Freunde. Wenn Harry es sowieso schon weiß, dass Sirius hinter ihm her ist, dann sag ihm, was ich dir erzählt habe. Warne ihn, Annie. Er hat keine Chance gegen einen Verrückten."

Ich senke meinen Blick, und denke einen Moment nach, ehe ich schließlich vorsichtig frage:
"Meinst du - wäre es vielleicht möglich - könnte es sein, dass - vielleicht hat er sich geändert in den Jahren? Vielleicht ist er nicht mehr gefährlich? Vielleicht bereut er, was er getan hat?"

All's Well That Ends Well (fred weasley fan fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt