Kapitel 20

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Ich sitze völlig abgehetzt im Flieger und frage mich, wie ich die Nervosität abstellen kann. Mittlerweile sind ein paar Tage vergangen und ich bin auf dem Weg in die USA, wo ich die nächsten Tage verbringen werde. Den Plan, den ich mit meiner Schwester und Nadine ausgeklügelt habe muss einfach klappen!

Zac hat noch immer keinen meiner Anrufe beantwortet und so langsam zweifle ich, ob er überhaupt in New York anwesend sein wird.

Das Schlimmste an der ganzen Lage ist das Schweigen und Ignoriert werden. Da war es mir noch deutlich lieber, wenn wir uns gestritten haben, weil er dann wenigstens in der Nähe und greifbar war.

Eine der Annehmlichkeiten in so einem Privatjet sind der Service und das tadellos funktionierende W-Lan. Also trinke ich inzwischen mein drittes Glas Prosecco und checke zum gefühlt hundertsten Mal meine Mails, um zu schauen, ob es irgendwas Neues gibt.

Und ich habe sogar Glück. Zac hat mir eine Nachricht mit dem Ablauf für die kommenden Tage gesendet und mich darauf hingewiesen, dass ich direkt vom Flughafen ins Büro zu kommen habe, da sein Vater ein Meeting angesetzt hat, bei dem ich anwesend sein muss. Das kann ja heiter werden. Ich hatte noch keine Minute Schlaf, seit ich gestern Morgen aufgestanden bin und dass ich einen Nachtflug habe wollte ich die Zeit eigentlich zum Schlafen nutzen. Das hat ja nicht so gut geklappt!

Also schließe ich die Augen, lasse den wirklich sehr bequemen Sitz nach hinten und ziehe die Decke, die Seither nur meine Beine bedeckt hat, ein Stück höher.

Der Alkohol hilft mir dann doch schneller als gedacht ins Reich der Träume abzudriften und ich werde erst wieder wach, als der Steward mich sanft an der Schulter rüttelt, um mir mitzuteilen, dass wir gut am JFK Flughafen gelandet sind und bereits die Parkposition eingenommen haben.

Der schwarze Wagen, den mir die Firma zur Verfügung gestellt hat, sieht ziemlich schick aus und der Fahrer, der sich mir als Lloyd vorstellt, lenkt ihn geschickt durch den dichten Verkehr in Richtung Manhattan.

Schon ziemlich eindrucksvoll diese Stadt. London ist ja schon absolut beeindruckend, aber das hier toppt wirklich alles, was ich bisher gesehen habe. Gegen die Wolkenkratzer hier sind unsere winzig und die Dimension, die diese Stadt einnimmt ist einfach unfassbar. Das Gewusel der morgendlichen Rushhour gleicht noch mehr dem geselligen Treiben eines Termitenbaus und kaum jemand achtet auf seine Mitmenschen.

Meine Faszination lässt nicht nach, auch wenn ich die Stunde Fahrt eventuell doch lieber für ein weiteres, kleines Nickerchen nutzen sollte.

Diese Häuserschluchten und überall die gerade Straßen, die Fußgängerampeln, an denen sich Menschentrauben sammeln und auf das Signal zum Überqueren warten. Besprühte Häuserfronten und Baustellen ohne Ende.

"Leben sie schon lange hier?" frage ich Lloyd, der bisher noch keinen Ton gesagt hat und dieser zuckt leicht zusammen. Wahrscheinlich hat er nicht mehr damit gerechnet, dass ich ihn anspreche. "Seit drei Jahren." kommt es von ihm. Ich nickt ihm über den Spiegel zu, unsicher, ob ich weiter mit ihm sprechen soll. "Sind sie das erste Mal in New York?" fragt er mich nun doch. "Ja, es war zwar immer mein Traum, aber durch die viele Arbeit bin ich in den letzten Jahren nie zu viel Urlaub gekommen und so hat es sich einfach nicht ergeben." lasse ich ihn wissen und er nickt wissend.

Wir fahren durch Midtown-Manhattan und halten vor einem hohen Bürokomplex. "Wir sind da, Miss." sagt er, steigt aus und läuft um den Wagen, um mir die Autotür zu öffnen und herauszuhelfen. "Ihr Gepäck werden ich schon in ihr Hotel bringen. Es sollte dann schon auf ihrem Zimmer sein, wenn sie später dort eintreffen." erklärt er mir und ich bin beeindruckt vom Service, der mir hier zuteilwird.

Ich schlängle mich durch die Menschen auf dem Bürgersteig und schau ehrfürchtig an dem Wolkenkratzer empor. Wow... das ist schon eine ganz andere Hausnummer, als unser Gebäude in London.

Die Tür geht auf und ein paar Leute treten auf die Straße. Ich nutze die Chance und schlüpfe schnell ins Innere. Da ich noch nicht weiß, wo ich hin muss gehe ich direkt zum Tresen, der in der Mitte der Lobby steht und an der eine zierliche Frau mit Headset steht. Fragend sieht sie mich an, aber als ich lossprechen möchte hebt sie abwehrend den Finger. Hier scheint definitiv ein anderer Ton zu herrschen.

"Jetzt!" sagt sie schonfast schroff und schaut mich an. "Ich bin Charlotte Love und die Assistentin von Mr. Hyde Junior. Soweit ich weiß, muss ich..." weiter komme ich nicht, weil sie mich unterbricht. "Tim!" schreit sie einem jungen Mann zu, der sofort auf uns zugeeilt kommt. "bring Mrs. Love bitte nach Oben zu den Herrschaften Hyde. Und beeil dich... Das Meeting startet in fünf Minuten." damit dreht sie sich um und spricht weiter in ihr Headset.

"Kommen sie." Tim läuft schon in Richtung der Fahrstühle, ohne weiter darauf zu achten, ob ich ihm folge.

"Hier herrscht ja ein ganz schönes Tempo." stelle ich fest, als sich die Tür des Fahrstuhls geschlossen hat. "Ja und Sandra kann wirklich giftig werden, wenn man sich nicht an ihre Anweisungen hält." gibt er kleinlaut zu. "Ich hoffe sie hatten eine gute Anreise und sind nicht zu sehr vom Jetlag gebeutelt?!" schiebt er fragend hinterher. "Es geht. Ich konnte im Jet ein paar Stündchen schlafen." Ich lächle ihn freundlich an.

Die Fahrstuhltüren öffnen sich und Tim geht schnellen Schrittes den langen Korridor entlang und bleibt vor einer Milchglas-Türe stehen. "So, wir sind da! Lassen sie die Herrschaften nicht noch länger warten. Das Meeting beginnt in einer Minute!" mit diesen Worten dreht er sich um und läuft zurück zum Aufzug.

Meine vergessene Nervosität ist auf einen Schlag wieder voll präsent und ich lege zögerlich die Hand auf die Klinke. "Du musst sie schon runterdrücken, wenn du rein willst!" seine Stimme erwischt mich kalt und ich zucke zusammen. Eine Gänsehaut breitet sich sofort auf meinem ganzen Körper aus und erschrocken drehe ich mich um.

Da steht Zac! Gutaussehend wie immer und mit einem Blick, den ich nicht deuten kann. Doch bevor ich auch nur ansatzweise reagieren kann. drückt er die Klinke mit samt meiner Hand nach unten, öffnet die Glastür und schiebt mich in den Konferenzraum.

"Miss Love, schön sie zu sehen." am Kopfende des langen Tisches steht Mr. Hyde Senior und auch auf den restlichen Plätzen sitzen schon Menschen. Nur rechts von ihm ist noch ein Platz frei, der sicherlich für seinen Sohn reserviert ist. "Nehmen sie sich einen Stuhl und kommen sie zu mir." Er weiß die Männer und Frauen zu seiner linken an ein wenig aufzurücken und mir direkt neben ihm Platz zu machen.

Unangenehm... Ja, das trifft die Situation am besten denke ich! Jetzt sitze ich direkt neben meinem Big Boss und auch noch genau gegenüber von seinem attraktiven Sohn, der tunlichst versucht meinem Blick aus dem Weg zu gehen.

Nach einer Stunde und gerad mal drei von sieben Punkten auf der Tagesordnung schwirrt mir der Kopf und ich bin froh, dass wir eine kleine Pause einlegen.

Mr. Hyde nimmt mich zur Seite und sieht mich nachdenklich an. "So und nun erzählen sie mir mal, was meinen Sohn veranlasst hat nach so kurzer Zeit in London zu flüchten, obwohl es sein ausdrücklicher Wunsch war die Niederlassung dort zu leiten?!" seine offene Art erschreckt mich und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.

"Okay, da sie auch nicht bereit sind mir zu erklären was passiert ist gibt es jetzt nur zwei Möglichkeiten... Entweder sie klären das noch heute, oder ich muss mich von einem von ihnen Trennen und ich denke sie wissen was das heißt!"

Ja das wusste ich... Seinen Sohn würde er nicht feuern, soviel ist klar!

Charity NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt