Nervös tipple ich mit dem Fuß auf dem Teppichboden und knete die feuchten Hände. Keine Ahnung, wann ich das letzte Mal so einen Schiss hatte, aber im Moment ist mir einfach nach weglaufen zumute.
Zachery Hyde kann einem wirklich Angst einflößen, wenn er so geschäftsmäßig und autoritär auftritt, aber für einen kurzen Augenblick habe ich das Gefühl ich kann hinter seine Fassade blicken und frage mich, ob das in seinem Blick Verletztheit ist, die ich sehen konnte.
„Zac...!" weiter komme ich nicht, weil er mich sofort scharf unterbricht. „Mr. Hyde... Ich bin ihr Vorgesetzter, oder haben sie das schon vergessen?" die Kälte, mit der er das sagt ist erschreckend und ich erschaudere. Er hat sich immer noch nicht komplett umgedreht und ich frage mich, wozu er mich überhaupt hergeholt hat, wenn er mich ja doch nur niedermacht.
Vielleicht ist das so ein sadistisches Spiel von ihm und er kann sich daran erfreuen, mich klein zu machen und zu demütigen.
Mittlerweile habe ich den Verdacht, dass mir die Schweißperlen schon auf der Stirn stehen, weil ich die Situation mehr als unangenehm finde.
„Mr. Hyde... Es tut mir wirklich leid! Ich habe heute Nacht nicht besonders gut geschlafen." Versuche ich mich aus der Lage zu retten, aber da habe ich die Rechnung ohne meinen Chef gemacht. „Es ist mir ziemlich egal, wie ihre Nacht war... Ich erwarte Pünktlichkeit und Arbeitsbereitschaft, vor allem in ihrer Position und wenn sie nicht in der Lage sind diese Dinge abzurufen, dann haben sie bei uns nichts zu suchen!"
Ich muss schwer schlucken, doch der Kloß, der sich in meinem Hals befindet will einfach nicht verschwinden und ich merke, wie mir langsam Tränen aufsteigen. Diese Blöße kann ich mir auf keinen Fall geben... Er darf mich einfach nicht weinen sehen! Also beiße ich mir innen auf die Wange und atme ein paar Mal tief ein und aus, in der Hoffnung, dass das die Tränen zurückhält.
Da Zachery sich wieder der Fensterfront zugewandt hat habe ich zumindest jetzt noch die Chance, dass er mich nicht so sehen kann.
„Es wird nie wieder vorkommen, das verspreche ich ihnen. Es tut mir ehrlich leid." Wieder versuche ich versöhnlich zu klingen und wieder unterbricht er mich mit eisiger, schneidender Stimme. „Das ist richtig... Sollte das nämlich nochmal passieren sind sie gefeuert!"
Und als er sich dann umdreht und mich so kalt anschaut kann ich mich nicht mehr zurückhalten. Tränen verschleiern meine Sicht und völlig überstürzt drehe ich mich um und eile hastig aus seiner Tür direkt auf die Damen-Toilette zu.
Dort schließe ich mich in eine der Kabinen und hoffe, dass sich der Erdboden auftut und ich einfach darin versinken kann.
Ist es fair, dass ich mich ungerecht behandelt fühle, obwohl ich ihn gestern genauso ungerecht behandelt habe? Man sollte doch meinen, dass er berufliches und privates trennen kann oder ist das zu viel verlangt. Allerdings habe ich es ja auch geahnt, dass es keine gute Idee ist, wenn ich weiterhin hier arbeite, weil diese Sache immer zwischen uns stehen wird.
Ein leises Klopfen an der Tür zu meiner Kabine lässt mich zusammenzucken und ich schluchze einmal laut auf. „Charlotte, geht es dir gut?" die zarte Stimme vor Chloe, einer Kollegin, klingt zu mir durch und ich antworte nur zögerlich. „Ja, ich denke schon!"
Langsam drehe ich den Schlüssel um und öffne ihr mit verheultem Gesicht und noch immer leicht zitternd. „Ist wirklich alles in Ordnung? Du siehst nämlich ganz und gar nicht danach aus...!" Sie fährt mit ihrer kleinen Hand beruhigende Kreise auf meinem Rücken und reicht mir ein Taschentuch. Dankend lächle ich ihr schief zu und wische mir das verlaufenen Augen-Make-Up weg. „Mr. Hyde hat mich ziemlich runtergemacht, weil ich zu spät gekommen bin. Er hat mir sogar mit einer Kündigung gedroht." „Ja er hat heute ganz schön schlechte Laune. Vorhin als er gekommen ist hat er einen Praktikanten so angeschrien, dass dieser seither nicht mehr aus dem Kopierraum gekommen ist."
Das schlechte Gewissen überkommt, weil ich genau weiß, dass es meine Schuld ist, dass er sich so verhält. Jetzt muss anscheinend die ganze Abteilung darunter leiden, dass ich so ein Feigling bin und mich einfach nicht mehr auf einen Mann einlassen kann. Naja, besser gesagt, dass ich es nicht will!
Natürlich ist mir klar, dass das absolut nicht fair ist, also straffe ich meine Schultern, nehme ein paar Kosmetiktücher aus der Box und beginne meine verlaufene Mascara wegzuwischen und mich halbwegs vorzeigbar zu gestalten. Dann lächle ich Chloe dankbar zu und trete aus der Tür hinaus auf den Flur, um mal nach Praktikanten zu sehen.
Als ich eine halbe Stunde später wieder an meinem Schreibtisch sitze ist meine Konzentration quasi nicht vorhanden und ich erwische mich immer wieder dabei, wie meine Gedanken zu Zac und seinem heutigen Verhalten abwandern.
Einerseits ist es vollkommen nachvollziehbar, dass er verletzt und sauer auf mich ist, aber es ist einfach nicht in Ordnung, dass er das am Rest des Büros auslässt, da die ja wohl nichts mit der ganzen Misere zu tun haben.
Gerade habe ich mich in meinem Sessel wieder mal in Richtung der bodentiefen Fenster gewendet, als sich hinter mich jemand räuspert, was mich aufspringen lässt. Ertappt drehe ich mich um und sehe direkt in die blauen Augen meines Chefs, die mich eisig anblitzen.
„Ich bezahle dich nicht fürs Träumen..." pflaumt er mich an, jedoch wird sein Blick ein wenig weicher, als er mich genauer betrachtet. „Was ist los? Hast du etwa geweint?" Schnell versuche ich mich wieder umzudrehen, werde von ihm aber daran gehindert, indem er seine Hand auf meinen Arm legt und um den Tisch auf mich zukommt.
Wieder treten mir Tränen in die Augen und bevor ich ihn daran hindern kann hat er mir die glitzernde Flüssigkeit schon mit seinem Daumen von der Wange gewischt. Genau in dem Moment scheint ihm aufzufallen, was er hier eigentlich gerade tut und sein Blick verfestigt sich wieder wie hinter einer Maske während er einen Schritt zurücktritt.
Meine Schultern sacken merklich nach unten und ich schüttle nur mit dem Kopf. Mir ist bewusst, dass ich ihn verletzt habe, aber dass er deswegen so ein Schauspiel abliefern muss ist dann doch ein wenig übertrieben oder nicht?
Mir fällt das alles auch nicht leicht und auch wenn ich mir das ganz klar nicht eingestehen will ist es doch so, dass er mir schon nach so kurzer Zeit ans Herz gewachsen ist. Wie könnte er auch nicht. Er ist intelligent, sexy, erfolgreich, schön und dazu hat er einen wundervollen Humor.
All das, was wir Frauen in einem Mann suchen hat er und trotzdem kann ich mich einfach nicht auf ihn einlassen. Zu tief sitzt noch immer der Schmerz, den ich in der Vergangenheit erleben musste.
Zac hat mein Büro ohne ein weiteres Wort verlassen und ich bin mir noch nicht sicher, ob ich erleichtert oder traurig sein soll. Ehrlich gesagt ist es jedes Mal so widersprüchlich was ich empfinde, wenn er in der Nähe ist und ich habe keine Ahnung, ob ich mir in solchen Situationen über den Weg trauen kann.
Am meisten machen mir meine Hormone Probleme, weil ich mich einfach so sehr zu ihm hingezogen fühle, aber ich weiß auch, dass ich ihnen nicht nachgeben darf, wenn ich mein Herz schützen will.
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Charity Night
RomanceNach einer heißen Nacht mit einem Unbekannten flüchtet Charlotte aus dessen Hotelzimmer und hofft, dass sie ihn nicht mehr wiedersehen muss. Blöd nur, wenn man sich schneller wieder trifft, als einem lieb ist und der heiße Typ auch noch der Sohn des...