Kapitel 24

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Wie sollte ich ihm das glauben können. Immer, wenn wir einen Schritt nach vorne machen kommt irgendein Ereignis dazwischen und wirft uns zurück. Langsam habe ich einfach keine Kraft mehr, um all dem standzuhalten.

Flehend sieht Zac mich an und versucht nach mir zu greifen. Ich weiche noch einen Schritt zurück und spüre, wie mir die Tränen über das Gesicht laufen.

„Zac, bitte lass mich jetzt alleine." Mir ist klar, dass ich mit meiner Bitte auch meine Karriere aufs Spiel setze, aber ich kann ihn gerade nicht ertragen. „Charlotte, Babe, ich bitte dich... Das ist doch Alles lange vor dir passiert und ich habe nicht einmal mehr daran gedacht. Wirf das nicht alles weg. Wir haben Beide so darum gekämpft!" fleht er mich an, aber ich will ihm gar nicht mehr zuhören. Also laufe ich an ihm vorbei ins Badezimmer, schließe hinter mir ab und lasse mich auf den Boden sinken. Das ist der einzige Ausweg, der mir im Moment einfällt, auch wenn er recht kindisch ist.

Ich habe schon lange das Zeitgefühl verloren, aber mittlerweile dämmert es draußen und ich sollte endlich etwas essen, auch wenn mir nicht dazu zumute ist. Also erhebe ich mich schwerfällig und merke erst jetzt, wie eingerostet ich bin, weil ich stundenlang zusammengekauert auf dem kalten Fliesenboden des Hotel-Badezimmers lag.

Als ich dir Tür öffne trifft mich fast der Schlag, weil Zac im Sessel vor dem Fenster sitzt und die Augen geschlossen hat. Was macht er denn noch hier? Ich habe ihm doch gesagt, dass er gehen soll. Langsam gehe ich in seine Richtung und stelle fest, dass er tief schläft. Das ist meine Chance von hier weg zu kommen, ohne dass ich noch einmal mit ihm reden muss.

Und dann mache ich etwas, was schlimme Folgen für mich haben kann. Ich werfe meine Sachen zurück in meinen Koffer und verlasse schleunigst den Raum. Im Fahrstuhl atme ich erleichtert aus und lasse mich gegen das kühle Metall der Aufzugswände fallen.

In der riesigen Lobby ist zum Glück nicht viel los und ich bin schnell an der Reihe, als ich mich an die Rezeption begebe, um auszuchecken. „Darf ich sie um etwas bitten? Erkundige ich mich bei der jungen Frau, die den Schlüssel entgegennimmt und mich einen Zettel unterschreiben lässt. „Natürlich. Was kann ich denn für sie tun?" Falls jemand fragen sollte, wann ich gegangen bin, können sie demjenigen sagen, dass es schon vor einigen Stunden war? Und könnten mir noch ein Taxi zum JFK Flughafen rufen? Nur sollte das auch unter uns bleiben." Sie schaut mich zwar etwas skeptisch an, aber am Ende nickt sie mir zustimmend zu und ich lächle sie dankbar an.

Fünf Minuten später sitze ich in einem Taxi und bin auf dem Weg zum Flughafen, als der Klingelton meines Handys aus meiner Tasche ertönt. Ein Blick auf das Display verrät mir, was ich schon vermutet habe. Es ist Zac, der mein Verschwinden früher entdeckt hat, als mir lieb ist. Ich drücke ihn weg und schalte das Smartphone auf lautlos. Ich will und kann jetzt nicht mit ihm reden.

Immer wieder spüre ich die Vibration, aber ich nehme das Gerät nur nochmal in die Hand, um mir ein Flugticket zurück nach Hause zu kaufen. Das wird mich ein Vermögen kosten, aber ich kann nicht länger hierbleiben.

Nach etwas über einer Stunde kommen wir an meinem Terminal an und schon alleine die Fahrt mit dem Taxi kostet mich mit Trinkgeld und Maut 100$.

Der Taxifahrer holt gerade den Koffer aus dem Auto, als mein Handy schon wieder vibriert. Wieder drücke ich Zac weg und fühle mich mies deswegen, aber ich schiebe den Gedanken weg und mache mich auf den Weg zum Einchecken.

Die Anspannung fällt erst ab, als ich endlich durch die Sicherheitskontrollen bin und mich am Gate auf einen der freien Plätze setze. Keine Ahnung warum ich immer überhaupt flüchte, aber ich bin im Moment noch nicht bereit mein Verhalten zu reflektieren. Wahrscheinlich vor allem, weil ich genau weiß, dass es total irrational ist und weil ich mich dann viel zu sehr mit meiner Vergangenheit auseinandersetzen muss.

Nick hatte damals sehr lange ein Verhältnis mit einer Kollegin und obwohl ich ihn immer wieder drauf angesprochen habe, hat er viel zu lange geleugnet. Dann habe ich dir Beiden dann inflagranti erwischt. Er hat mich wochenlang belagert und versucht zurückzugewinnen und irgendwann bin ich dann eingeknickt und habe ihm verziehen. Für ein paar Wochen war alles wie früher, doch irgendwann hat er sich wieder so merkwürdig verhalten... Also bin ich ihm gefolgt und was mich dort erwartete hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen.

Und genau das war es, was mich davon abgehalten hat, mich wieder emotional auf einen Mann einzulassen.

Jetzt sitze ich hier am Flughafen in New York City und bin auf der Flucht. Auf der Flucht vor mir selbst. Auf der Flucht vor meinen Gefühlen, die ich definitiv nicht mehr leugnen kann. Und auf der Flucht vor Zachery Hyde, der mich mit absoluter Sicherheit aufhalten würde, wenn er nur wüsste wo ich gerade bin.

Gerade kommt es mir vor, als würde mich dieses ganze Dilemma schon seit Jahren beschäftigen, dabei sind es erst ein paar wenige Wochen und selbst in denen war es ja nicht von immer nur schlecht. Immer wieder atme ich laut aus und versuche mich innerlich zu beruhigen.

Noch knapp 40 Minuten bis zum Boarding. Ich schnappe mir das Buch, das ich schon auf dem Hinflug angefangen habe und versuche mich zu entspannen. Allerdings komme ich nicht besonders weit, weil sich nach ein paar Minuten ein Mann neben mich setzt und als sein Duft meine Geruchsknospen erreicht wende ich ihm verwirrt meinen Kopf zu. Und tatsächlich...

Zac sitzt neben mir uns sagt kein Wort. Er starrt einfach nur geradeaus. Ganz so, als würde ich nicht neben ihm sitzen. Auch ich traue mich nicht auch nur ein Wort zu sagen. Woher weiß er wo ich bin? Nervös rutsche ich auf meinem Stuhl hin und her und fange an, an meinen Lippen zu zupfen. Auch so eine Angewohnheit, die ich dringend ablegen sollte.

„Was machst du hier?" durchbreche ich die Stille, die mittlerweile seit mehreren Minuten zwischen uns herrscht. „Dasselbe könnte ich dich fragen!" erwidert er so leise, dass ich ihn über den Flughafenlärm kaum hören kann, aber er schaut noch immer nur nach vorne. Ich antworte ihm nicht und seufze stattdessen nur laut auf, denn wenn man es genau nimmt, weiß ich es selbst nicht genau.

„Weißt du, ich habe es nicht vor dir verschwiegen, weil ich es verheimlichen wollte, sondern, weil ich es schlicht und ergreifend nicht für wichtig gehalten habe. Es waren Affären. Nicht mehr und nicht weniger. Und ich geh nicht davon aus, dass ich der erste Mann in deinem Leben war. Hast du mir etwa von den Anderen erzählt? Ich denke nicht... Und es ist auch nicht wichtig, weil es etwas anderes gibt, das zählt. Nämlich ganz allein du und ich. Aber du musstest ja mal wieder davonlaufen. Doch dieses Mal lasse ich das nicht zu. Du kannst dich nicht immer aus dem Staub machen, wenn es mal nicht so läuft, wie du es dir vorstellst. Wovor hast du so viel angst, dass du mich immer wieder von dir schiebst?"

Ich weiß nicht, wie ich auf seine Ansprache reagieren soll, also schweige ich.

Wieder einmal.


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