Kapitel 27

1.6K 63 8
                                    

Ich gehe in den zweiten Stock und höre noch von der Treppe, wie Zac seinen Vater wütend anschnauzt. In meinem Zimmer schließe ich die Tür und lasse mich aufs Bett fallen. Peinlicher hätte es wirklich nicht mehr werden können. Dass ich mal in so eine Situation vor meinem Chef komme, hätte ich auch nicht gedacht. Genervt atme ich aus und schnappe mir mein Handy, um mich ein wenig abzulenken. Doch dann werde ich von lautem Geschrei einen Stock tiefer gestört und bin einfach zu neugierig. Ich drücke leise die Klinke der Tür nach unten und öffne sie einen Spalt. Warum reagiert Mr. Hyde so extrem auf uns? Da muss doch mehr dahinterstecken, oder?

„Ich sage es dir noch Mal. Du musst das regeln, sonst wirst du schon sehen, was du davon hast, Zachery. Du hast zwei Stunden, dann erwarte ich deinen Anruf!" Danach kann ich noch den Knell einer zuschlagenden Tür vernehmen, ehe sich mir Schritte auf der Treppe nähren. Schnell schließe ich die Tür wieder und lasse mich bäuchlings auf die weiche Matratze falle, greife nach meinem Smartphone und öffne Instagram.

Zaghaft klopft Zac an der Tür und wartet, bis ich ihn hereinbitte. „Es tut mir leid, dass du das miterleben musstest." Sagt er noch bevor ich mich zu ihm umgedreht habe. Doch ich kann an seinem Blick sehen, dass ich noch viel mehr beschäftigt. Er wirkt verändert und irgendwie kalt. „Ich denke, dass es besser ist, wenn du wieder gehst. Also nach London. Ich brauche dich hier erst Mal nicht mehr und dort bleibt ja auch so Einiges liegen, solange du hier bist." Er schafft es kaum mich anzuschauen während er das sagt und mir ist als würde mir das Blut in den Adern gefrieren. Ich fasse es nicht... Er schickt mich weg. Ohne jegliche Erklärung. Denn das was er mir hier gerade aufgetischt hat ist ja wohl kaum das, was er wirklich denkt. Sonst hätten wir ja nicht einen so wundervollen Tag verbracht.

„Was? Wie meinst du das?" bitte ich ihn um eine genauere Aussage, aber zuckt nur mit den Schultern. „Genau so, wie ich es dir gesagt haben. Wir sehen uns nächste Woche wieder im Büro, aber bis dahin habe ich hier so viel zu tun, dass ich mich nicht ablenken lassen darf! Ich kann ich nachher noch zum Flughafen fahren, aber fürs Erste wäre es gut, wenn du in England alles regelst. Ich kann dir eine Reisetasche leihen, damit du deine Sachen verstauen kannst." Danach dreht er sich um und geht aus dem Zimmer, um eine Minute später mit besagter Tasche wieder hereinzukommen, sie mir aus Bett zu werfen und wieder durch das Loch in der Wand zu verschwinden.

Völlig entgeistert stehe ich in seiner Wohnung und frage mich, was da eben passiert ist. So handelt man doch nicht, nachdem man davor alles versucht hat, um mich zum bleiben zu bewegen und mir immer wieder beteuert hat, dass jetzt alles gut wird.

Unter Schock und wie in Zeitlupe packe ich die neuen Sachen in seinen Weekender und schnappe mir die Jacke, die er mir noch vor zwei Stunden geschenkt hat, werfe sie oben drauf und verlasse, ohne mich noch einmal umzuschauen den Raum. Ich hatte erwartet, dass ich weinen würde, aber nicht einmal das kann ich. Wie in Trance gehe ich hinunter und ohne ein Wort zu sagen verlasse ich das Apartment. Ich muss hier einfach raus.

In der Lobby bitte ich den Portier mir ein Taxi zu rufen und gehe hinaus, um dort auf das Fahrzeug zu warten. Ich konnte mich einfach nicht von ihm verabschieden. Es tut zu sehr weh. Im Grunde tun wir uns seit wir uns kennen immer nur gegenseitig weh und das muss jetzt enden. Wir können nicht so weiter machen.

Keine Ahnung, wie lange wir unterwegs waren, aber ich blicke verwirrt auf, als mir der Taxifahrer erklärt, dass wir am Flughafen seien. Unterwegs habe ich mir schon ein Ticket gebucht und da ich nur Handgepäck habe wird es nicht lange dauern, bis ich im Flieger sitze. Auf dem Weg nach Hause und weg von Zachery Hyde, der mein Leben schon viel zu sehr durcheinander gewirbelt hat.

Die Abwicklung am Flughafen verläuft reibungslos und auch das Boarding habe ich schnell hinter mich gebracht. Zum Glück gab es schon so zeitnah einen Flug, weil ich es nicht sehr viel länger hier ausgehalten hätte. Jetzt sitze ich wie paralysiert auf meinem Platz und starre aus dem kleinen, ovalen Fenster hinaus auf das Treiben der Fluglotsen. Und dann wird mir klar, was ich tun muss, um diesen Kreislauf zu durchbrechen. Aber bis es soweit ist muss ich diesen Flug überstehen, ohne die Kontrolle, die ich so mühsam aufrechterhalte, zu verlieren.

Charity NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt