Kapitel 25

1.6K 56 0
                                    

Es kommt mir vor als würde die Zeit einfach nicht vergehen. Keiner sagt mehr ein Wort, aber ich kann Zacs Blicke auf mir spüren. Eine gefühlte Ewigkeit später wird zum Boarding aufgerufen und ich weiß, dass ich jetzt eigentlich aufstehen und in ein Flugzeug steigen sollte, aber ich bewege mich nicht. Auch er bleibt einfach sitzen und nimmt einfach meine Hand in seine.

Sofort durchströmt mich die Wärme, die von ihm ausgeht und ich bemerke erst jetzt, dass ich friere. In meiner Eile habe ich meine Jacke in den Koffer gepackt und sitze jetzt hier in der klimatisierten Flughafenhalle, nur mit einem luftigen Kleid, das viel zu dünn ist. Zac scheint zu bemerken, dass ich fröstle, zieht sich seine Jacke aus und legt sie mir über die Schultern. Dankbar lächle ich ihn an. Wahrscheinlich sollte ich was sagen, aber ich schaffe es einfach nicht meine, sich überschlagenden, Gedanken zu einem Satz zu formen.

Die letzten Reisenden gehen gerade durch Absperrung und das wäre meine letzte Chance auch noch in den Flieger zu steigen, aber alles in mir sträubt sich dagegen sich auch nur ansatzweise zu erheben. Also sitzen wir hier, händchenhaltend und stumm und doch sagt mein Verhalten alles. Ich will nicht weg von hier. Von IHM. Wobei mir bewusst ist, dass ich früher oder später mit ihm sprechen muss. Es ist nicht fair. Weder ihm noch mir selbst gegenüber und ich weiß das nur zu gut.

Das Flugzeug ist schon in der Luft, als Zac aufsteht und mich mit sich zieht. „Komm schon. Lass uns gehen." Ich lasse es einfach zu und folge ihm raus aus dem Flughafen, zu seinem Auto und zurück nach Manhattan.

Meine ersten Worte kommen leicht verzweifelt aus mir geschossen. „Oh nein. Mein Gepäck... das ist jetzt auf den Weg nach London. Und ich habe kein Hotel mehr... Wo soll ich jetzt hin? Was mache ich denn jetzt? Ich habe nicht zum anzuziehen fürs Büro!" nervös knete ich meine Hände und schaue Zac mit einem Hauch von Verzweiflung an. Der lacht nur und nimmt beruhigend meine Hand in seine. „Bleib ruhig. Das mit der Kleidung werden wir schon irgendwie regeln können und du kommst einfach mit zu mir. Ich habe ein Gästezimmer." „Und das wäre wirklich in Ordnung für dich?" erkundige ich mich zögernd und schaue verunsichert zu ihm rüber.

Ist damit nicht noch mehr Drama vorprogrammiert?

Eine Stunde später fahren wir in eine Gegend, die ich mir vorher nicht hätte vorstellen können. Die Apartmenthäuser in den Straßen sind mit wundervollen Treppenaufgängen versehen und links und rechts sind Bäume oder Büsche gepflanzt. Alles sieht teuer aus und vor manchen Gebäuden liegen sogar Teppiche, die den Weg zum Eingang super luxuriös wirken lassen. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus, als Zac vor einem dieser Bauten hält. „Wir sind da." Er steigt aus und geht um den Wagen herum. „Komm schon, oder willst du hier Wurzeln schlagen?" sagt, er, als er mir die Autotür öffnet und seine Hand entgegenhält. Ich starre immer noch wie gebannt an dem weißen Prunkstück hoch und frage mich, was dieses Leben wohl so kostet. Dagegen ist meine Wohngegend schäbig. Ich nehme seine Hand und gehe andächtig auf die große schwarze Tür zu. Der Eingangsbereich ist imposant und an einem Tresen steht ein Portier, der Zac und mich freundlich begrüßt. „Mr. Hyde, schön sie zu sehen. Mrs. ..." „Carter. Freut mich auch sie zu sehen. Das ist Mrs. Love. Sie wird ein paar Tage bei mir unterkommen. Könnten sie dafür sorgen, dass sie problemlos Zugang zu meinem Apartment bekommt?" Gibt Zac ihm ein paar Anweisungen. „Natürlich. Machen sie sich keine Sorgen."

Mit dem Fahrstuhl geht es direkt hinauf in seine Wohnung und die ist ein krasser Gegensatz zu dem sonst eher klassisch, romantischen Stil des Hauses. Alles ist super Modern gehalten und hell. Der offene Stil steht in starkem Kontrast du der eher altmodischen Treppe, aber nicht im negativen Sinn. Ich weiß gar nicht wo ich zuerst hinschauen soll. Die Kunst, die an den Wänden hängt ist bunt, aber nicht überladen und lässt alles viel freundlicher erscheinen.

„Wow." Entfährt es mir und ich schaue schüchtern zu Zac, der mich lächelnd betrachtet. „Ich wusste ja, dass du nicht gerade am Hungertuch nagst, aber DAS hier ist der Wahnsinn." Ich mache eine ausladende Bewegung mit meinen Armen. Und drehe mich dabei im Kreis.

„Naja, ich definiere mich ja nicht durch mein Geld und gehe ungern damit Prahlen. Es ermöglicht mir zwar einen solchen Lebensstil, aber es sagt ja nichts über mich als Person aus. Außerdem habe ich das Meiste davon nicht einmal selbst erarbeiten müssen. Meine Familie ist schon immer sehr reich gewesen und ich wurde quasi in einer Art „Gossip Girl"-Umgebung aufgewachsen. Inklusive all dieser Intrigen und Machtspielchen."

Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich eigentlich nichts über ihn weiß. Wir haben nie viel geredet. Außer es ging um geschäftliche Dinge.

„Hast du schon mal bemerkt, dass wir uns im Grunde gar nicht kennen?" spreche ich meine Gedanken aus. „Naja... Ich konnte ja durch den Aufenthalt bei deinen Eltern schon ein wenig über dich erfahren, aber es stimmt. Wir kommen nie dazu uns richtig kennenzulernen. Entweder wir streiten, arbeiten oder wir landen im Bett." Er versucht es mit dem letzten Satz ein wenig ins Lächerliche zu ziehen, aber ich sehe ihm an, dass ihn meine Feststellung beschäftigt.

Sein Blick bleibt nachdenklich, als er mir den Weg zum Gästezimmer zeigt. „Was hältst du davon, wenn wir uns kurz frisch machen und dann eine Runde shoppen gehen? Und die Zeit nutzen wir, um uns ein bisschen mehr voneinander zu erzählen." Ich mag seinen Vorschlag und nicke zustimmend mit dem Kopf. „Okay. Dann würde ich sagen wir treffen uns in 30 Minuten im Wohnzimmer." Unterstreiche ich meine Gestik.

Das Gästezimmer ist ebenso modern eingerichtet und das große Fenster lässt das Licht wunderschön einfallen. Der Blick geht in einen Innenhof, der mit Bäumen und vielen Pflanzen dekoriert ist und eine kleine Terrasse mit einem schmiedeeisernen Tisch und den passenden Stühlen rundet das Bild eines romantischen Gartens ab.

Ich hätte mir nie Träumen lassen, dass ich so etwas je mal zu Gesicht bekommen würde.

Im angrenzenden Badezimmer liegen schon Handtücher und ein paar Waschutensilien bereit und ich mache mich mit einer Katzenwäsche frisch, um wieder in mein luftiges Kleid zu schlüpfen. Ich bin bereit. Zumindest äußerlich. In meinem Inneren herrscht ein Sturm und ich bin mir plötzlich nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee war Zac hierher zu begleiten. Hier kann ich ihm nicht so einfach entwischen und mir ist klar, dass ich mich früher oder später seinen Fragen und damit meiner Vergangenheit und den Gefühlen stellen muss. Ich muss mich einfach darauf einlassen bevor es zu spät ist.

„Bist du bereit?" Zac kommt gerade aus seinem Schlafzimmer, als ich aus meiner Tür trete. „Ja, ich denke schon. Ich habe nur leider keine Jacke und befürchte, dass es mit dem Wind in den Häuserschluchten etwas frisch wird." gebe ich meine Bedenken zu. „Warte... Nimm doch einfach eine meiner Jacken solange wir noch keine für dich gefunden haben." Er reicht mir eines seiner Jacketts und sieht mich mit funkelnden Augen an. „An diesen Anblick könnte ich mich gewöhnen."

Sofort schrillen bei mir wieder die Alarmglocken, aber ich dieses Mal renne ich nicht wieder weg, sondern bleibe einfach stehen und schaue fragend zu ihm auf. „Wie meinst du das?" „Du, in meiner Wohnung, mit meinen Klamotten an. Es fühlt sich einfach gut an." Seine Antwort lässt mich ein bisschen ruhiger werden, obwohl ich eigentlich vor genau solchen Aussagen Angst habe. Zu viel Nähe macht mich verletzlich und das löst Panik in mir aus.

Doch dieses Mal ist es anders. Es fühlt sich nicht befremdlich an und ich habe nicht das Bedürfnis sofort die Flucht zu ergreifen.

Vielleicht kann ich mich ja doch wieder auf einen Mann einlassen und einfach glücklich werden.


Charity NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt