Am nächsten Morgen werde ich schon eine ganze Weile vor meinem Wetter wach und bin innerlich so aufgewühlt, dass ich auch nicht wieder einschlafen kann. Also entschließe ich mich dazu meinen Laptop hochzufahren und ein wenig im Internet zu surfen.
Eventuell kann ich ein paar mehr Informationen über meinen neuen Chef finden oder ich werde mal wieder ein bisschen Online-Shopping betreiben. Langsam kommt die kalte Jahreszeit näher und ich bin einfach noch nicht für die nassen, windigen Tage in London eingestellt.
Als ich jedoch den Namen von Zac in die Suchleiste eingebe überkommt mich ein seltsames Gefühl und ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich das was über ihn so geschrieben wird überhaupt wissen will. Die meisten der Geschichten, die man so über ihn lesen kann sind ohnehin nur Halbwahrheiten oder komplett erfunden.
Also werde ich mich wohl eher ans Shoppen halten. Nachdem ich mir ein paar neue Herbst und Winter-Outfits zusammengestellt und mich für den Tag im Büro fertiggemacht habe, fahre ich den Laptop herunter und mache mich auf den Weg zu dem kleinen Café gleich um die Ecke von dem Bürokomplex in dem ich arbeite und setze mich mit ein paar Akten an einen ruhigen Tisch im hinteren Teil des Raumes.
Langsam schlürfe ich an meinem Tee und genieße die Ruhe, die um diese Zeit hier noch herrscht. Immer wieder beobachte ich die Menschen, die langsam in immer größeren Massen draußen vor den Fenstern vorbeiströmen. Die Tube-Station, die gegenüber liegt sieht mittlerweile aus wie der Ausgang aus einem Ameisenbau und ich muss bei dem Gedanken daran leise kichern.
„Was ist so witzig?" fragt mich eine unbekannte Stimme am Tisch neben mir. Ich wende mich dem gutaussehenden, jungen Mann zu, der mich mit einem neugierigen Blick mustert und ich habe den leichten Verdacht ihn schonmal irgendwo gesehen zu haben.
„Sehen sie die Menschen da draußen? Diese Stadt gleicht zu dieser Tageszeit einem riesigen Ameisenbau und es ist faszinierend, wie anonym alles abläuft." Antworte ich ihm lächelnd auf seine Frage. Er wendet seinen Blick auch nach draußen und auf seinem Gesicht erscheint ein einleuchtender Eindruck. „Sie haben recht. Es wuselt wie verrückt und alle sind nur auf ihre Smartphones vertieft oder haben ihren Blick auf den Boden gerichtet. Kaum jemand beachtet die anderen Menschen um sich herum. Eigentlich ist das doch fast erschreckend, wie gleichgültig wir durch die Welt wandern."
Ich nicke ihm nur nachdenklich zu und während ich so darüber sinniere wird mir bewusst, dass ich in dieser Hinsicht eigentlich nicht anders bin. „Da kann ich ihnen nur zustimmen, aber können sie sich da ausnehmen? Ich meine, wenn ihr ehrlich bin, dann eile ich morgens in der Regel genauso durch die Straßen wie die anderen „Ameisen" auch. Man sollte viel öfter mit offenen Augen und vor allem mit offenem Verstand durch die Welt spazieren und sich die Zeit nehmen, um einfach mal seine Umwelt auf sich wirken zu lassen!"
„Das sind sehr weise Worte, Miss...?" er hebt fragend die Augenbrauen. „Mein Name ist Charlotte Love und mit wem habe ich das Vergnügen?" „Ich bin Lucas. Nett sie kennenzulernen!" Für den Augenblick bin ich viel zu fasziniert von seinen unfassbar bernsteinfarbenen Augen, dass mir gar nicht auffällt, dass er seinen Nachnamen nicht erwähnt.
„Sie entschuldigen mich, Lucas? Ich muss jetzt leider in den Strom der Menschen da draußen eintauchen und mich langsam mal auf den Weg zu meinem Büro machen... Es war wirklich erfrischend mit ihnen zu reden! Machen sie es gut."
Ohne ein weiteres Wort abzuwarten erhebe ich mich und winke ihm noch einmal zu, als ich aus der Türe nach draußen in die kalte Morgenluft treten und mich in den andauernden Strom der arbeitenden Bevölkerung Londons einreihe, um mich zu meiner Arbeitsstelle zu begeben.
Ich trete durch den warmen Luftstrom über der Tür und fühle mich sofort wieder einen Tag zurückversetzt... wiederwillig steige ich in den Fahrstuhl, der mich in mein Stockwerk bringen soll und hoffe inständig, dass Zac heute bessere Laune hat als gestern oder zumindest ein bisschen weniger ruppig mit mir oder wenigstens den Anderen der Abteilung ist.
Doch ich brauche mir nicht weiter Gedanken darüber zu machen, weil er nicht mal im Haus ist. Das Erste was ich in meinem Büro vorfinde ist eine E-Mail in meinem Postfach in der er mir mitteilt, dass er erst nächste Woche wieder im Haus sein wird und ich bis dahin nur die wichtigsten Mails an ihn weiterleiten soll. Es wird wohl eine Vertretung bis dahin hereinschauen und mir ab und zu unter die Arme greifen.
Erleichtert atme ich aus und trotzdem macht sich auch ein wenig Wehmut in mir breit. Kann es wirklich sein, dass ich ihn nach so kurzer Zeit schon vermisse? Verwirrt schüttle ich meinen Kopf um den Gedanken zu vertreiben und schließe kurz die Augen.
„Ach, so schnell sieht man sich wieder! Ich nehme an, dass sie dann die Assistentin meines Bruders sind, Miss Charlotte Love?" Erschrocken öffne ich meine Augen wieder und vor mir steht der Mann, mit dem ich noch vor 15 Minuten im Café über die temporäre Blindheit von uns Menschen gesprochen habe. „Dann sind sie wohl die Vertretung von der mir Zachery geschrieben hat?!" gebe ich zurück nachdem sich mein Herzschlag wieder ein wenig beruhigt hat.
Sie könnten nicht verschiedener sein. Der eine blaue Augen und hellbraune Haare und dann Lucas mit seinen bernsteinfarbenen Augen und den beinahe schwarzen Locken und dem Drei-Tage-Bart. Er wirkt weitaus verruchter als Zac... Fast gefährlich und er weiß genau, wie er auf die Frauen dieser Welt wirkt, so viel ist klar!
„Hat er mich also erwähnt? Das ist mal was Neues... Wie kommt er, dass sie ihn duzen dürfen? Normalerweise hat mein Bruder da strikte Regeln." Neugierig schaut er mich so intensiv an, dass mir fast schwindelig wird. Zumindest das hat er mit seinem Bruder gemeinsam.
„Ä-ähm... Er hat nur erwähnt, dass jemand zur Vertretung vorbeischauen würde, mehr nicht..." auf seine Frage mit dem duzen gehe ich einfach gar nicht ein, weil ich keine Lust habe ihm das zu erklären... Was soll ich denn auch sagen? -Ich habe ein paar Mal mit ihrem Bruder geschlafen und da hat er mir das DU angeboten- das würde sich dann doch nicht ganz so gut machen!
Ihm scheint es auch nicht weiter aufzufallen oder es interessiert ihn einfach nicht weiter, also wechsle ich schnell das Thema. „Kann ich etwas für sie tun, Mr. Hyde?" „Warum so förmlich? Ich bin Lucas... aber das weißt du ja schon!"
Sein gewinnendes Lächeln bringt zwei unglaublich hübsche Grübchen zum Vorschein und lassen ihn noch eine Spur attraktiver wirken. „Natürlich, Lucas, kann ich dir helfen?" frage ich ihn mit einem kleinen Seufzen. Ich weiß genau, was er bezwecken will, aber darauf lasse ich mich nicht ein.
„Ja, das kannst du tatsächlich... Ich brauche ein paar Akten, die du gerade bearbeitest haben solltest. Kannst du mit die zum Fall Bitonect heraussuchen? Und dann würde ich gerne zum Lunch mit dir in das Café von heute Morgen... Wir haben einiges aufzuholen. Die Leute von Bitonec werden Morgen Vormittag hier aufschlagen und wenn wir keine Überstunden machen wollen müssen wir die Pause nutzen, um mich noch rechtzeitig einzuarbeiten!"
Damit verlässt er mein Büro und verschwindet im dem seines Bruders. Ich lassen frustriert den Kopf in den Nacken fallen und frage mich wirklich, wo mich das noch hinbringen soll? Es ist zum Mäuse melken... Wie soll ich bitte mit ihm zusammenarbeiten, wenn ich ihn jetzt schon so anziehend finde!
Das kann ja nur im Chaos enden.
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Charity Night
RomanceNach einer heißen Nacht mit einem Unbekannten flüchtet Charlotte aus dessen Hotelzimmer und hofft, dass sie ihn nicht mehr wiedersehen muss. Blöd nur, wenn man sich schneller wieder trifft, als einem lieb ist und der heiße Typ auch noch der Sohn des...