Kapitel 10

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»Ich bin froh, dass du meine Einladung zum Essen angenommen hast, Sophia.« Lächelnd stieg ich neben Tom die Stufen hinauf zu meiner Wohnung und hatte schon den ganzen Abend ein unbeschreibliches Kribbeln in meinem Bauch gespürt. Dieses Gefühl breitete sich in meinem kompletten Körper aus und hatte zur Folge, dass ich nicht mehr aus dem Grinsen rauskam. Noch nie hatte ich so etwas erlebt und es war, als wäre ich neu geboren. Die ganzen Zweifel, die mich all die Jahre begleitet haben, waren wie weggeblasen. So, als hätten sie nie existiert. Eine unbekannte Kraft dehnte sich aus, nahm jeglichen Raum in meinem Inneren in Beschlag und ich fühlte mich... attraktiv. Zum ersten Mal in meinem Leben war dies der Fall und ich hatte keine Angst, dass mein Gegenüber mich als seltsam empfand. Mein Selbstbewusstsein hatte seinen Höhepunkt erreicht und ich wollte diese Eigenschaft niemals wieder verlieren. Ich hätte in diesem Moment nicht glücklicher sein können, behauptete sogar, dieser Tag war der Schönste in meinem ganzen Leben gewesen. Abgesehen davon, dass ich mich gerade unglaublich fühlte, glaubte ich, mich in einem Hollywoodfilm zu befinden. Anders konnte ich mir diesen perfekten und wundervollen Abend nicht erklären. So ein Beisammensein wünschten sich sicher tausende von Frauen. Aber nicht sie hatten den Genuss erhalten, sondern ich. Sophia. Die niemals damit gerechnet hätte, jemals ihr eigenes und persönliches Glück zu finden. Doch das hatte ich und das verdankte ich Tom, der keine Kosten und Mühen gescheut hat, um mir atemberaubende Stunden zu bescheren.

Das Restaurant, welches er ausgesucht hatte, war unglaublich schick gewesen. Dessen Ambiente hatte mich vom ersten Moment an umgehauen. Die Innenwände der Räumlichkeiten bestanden aus Spiegeln und es gab keine Stelle, wo sich keine befanden. Im ersten Augenblick empfand ich es als gruselig, aber schnell erkannte ich den Vorteil darin. Egal wohin ich sah, überall spiegelte sich der Blauäugige darin und ich kam in den Genuss, ihn aus jeder Perspektive zu betrachten. Bei seinem Erscheinungsbild eine wahrhaftige Ablenkung, dachte ich und konnte ein kleines Kichern nicht aufhalten. Außerdem war es sehr romantisch gewesen, das Flackern der zahlreichen Kerzen, die im Restaurant aufgestellt waren, in den Spiegeln wieder zu erkennen. Das sanfte Licht hatte es geschafft mein kleines Herz zu entfachen, das seitdem nicht mehr aufhören konnte auffallend schnell hinter meiner Brust zu schlagen. Von dem köstlichen Essen möchte ich gar nicht erst anfangen. Es war exquisit und obwohl mein Magen bereits voll war, reichte der Gedanke an den leckeren Speisen aus, damit ich einen Zuschlag zu mir nehmen wollte. Das war aber nicht möglich, da ich sonst die Fähigkeit verlieren würde, mich zu bewegen. Zwar hatten wir das Restaurant zurückgelassen, aber der Gedanke an diesen entzückenden Moment reichte aus, damit sich sämtliche Haare auf meinem Körper aufstellten. Eine Gänsehaut, die kitzelte und kribbelte. Tom. Ohne ihn hätte ich niemals an so viel Stärke dazu gewonnen und dafür war ich ihm unendlich dankbar. Er hatte es geschafft, dass ich mich wie eine Prinzessin fühlte, aber nun wollte ich mehr. Ich strebte den Platz der Königin an und war bereit diesen Titel für mich zu beanspruchen, wusste, mit seiner Hilfe war das greifbar.

»Ja«, säuselte ich, um auf seine Bemerkung von eben einzugehen und hatte gerade mit ihm die letzte Stufe erreicht. Ich war ein wenig nervös, weil ich mir nicht sicher war, wie der restliche Abend verläuft. Es war schon lange her, mich mit einem Mann getroffen zu haben und ich war ein wenig aus der Übung. Ehrlich gesagt war es noch recht früh und ich nicht müde, könnte mir deshalb vorstellen, noch Zeit mit ihm zu verbringen. In Filmen lud man sein Gegenüber noch auf einen Kaffee oder Tee ein, aber wenn ich mich recht entsinne, landen die Parteien dann meistens im Bett. Wollte ich das, fragte ich mich und kramte derweil in meiner Clutch nach dem Haustürschlüssel. Dieser war überraschend leicht zu finden, da in dieser minimalistischen Handtasche ohnehin nicht viel drin war. Während ich den Schlüssel ins vorhergesehene Schloss einführte, stiegen einige Fragen in mir hoch. Kommt er jetzt noch mit hinein oder begleitet er mich nur bis zur Tür, um sich wie ein waschechter Gentleman von mir zu verabschieden? War ich diejenige, die jetzt die Initiative ergreifen muss? Da ich sehr unerfahren war, wusste ich auf diese ganzen Fragen keine Antwort und entschied mich, vorerst meine Haustür aufzuschließen. Kaum war diese einen Spalt breit auf, legte der Blauäugige die Hand in meinen Rücken und führte mich in meine Wohnung. Da diese sehr klein war, stand man sofort im Wohnzimmer, was mich aber noch nie gestört hat. Immerhin lebte ich in London und die Mieten waren teuer. Eine größere Wohnung war einfach nicht drin, weshalb ich mich mit dieser zufrieden gab. Der Brite befand sich in meinen privaten Räumlichkeiten, hatte sich dem Anschein nach dagegen entschieden, gleich wieder zu gehen. Damit wir beide nicht weiterhin in der Dunkelheit stehen, ging ich auf den Lichtschalter zu, um ihn zu betätigen. Kurz darauf sorgte das Leuchtmittel dafür, dass ich den Dunkelblonden an der Haustür entdeckte, die er just in diesem Moment schloss. Nervös strich ich mir einige Haarsträhnen hinter mein Ohr und betrachtete schmunzelnd mein Date. Das war es gewesen. Ein Date.

Für immer noch einmalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt