Damals
Draußen begann es bereits dunkel zu werden und der Saal, in dem wir immer für unsere Theateraufführung probten, war längst leer. Mrs Tremblay hatte vor dreißig Minuten das Ende für den heutigen Tag angekündigt und kaum hatte die Dozentin diese wichtigen Worte ausgesprochen, da verließen die vielen Studenten in Windeseile den Raum. Nur ich nicht. Nein.
Ich war mit den Gedanken woanders gewesen und hatte recht spät mitbekommen, dass kaum noch einer hier war. Ein Fehler. Eigentlich würde ich jetzt schon im Bus sitzen und würde gleich beim Wycombe Abbey angekommen, wo ich den kleinen Rest nach Hause laufen würde. Doch die Theaterliebhaberin suchte eine freiwillige Person, die in diesem Raum fegte, damit bei der kommenden Theaterprobe alles ordentlich war. Nun, was soll ich sagen? Selbstredend war ich es, die auf der riesigen Tribüne stand und einen Besen in der Hand hielt, um hier für Ordnung zu schaffen. Allein. Ja, ich war allein in diesem stillen Raum. Niemand war mehr da gewesen, um sich freiwillig für diese Aufgabe zu melden. Hatte ich dafür Verständnis? Ja. Aus freien Stücken stand ich auch nicht hier.Nein. Mrs Tremblay hatte mir nicht zugehört, als ich ihr mitteilte, ich habe etwas anderes vor. Im Gegenteil. Die Dozentin ignorierte meine Worte und drückte mir kurz darauf den Besen in die Hand. Manchmal hatte ich das Gefühl, sie konnte mich auf den Tod nicht ausstehen. Wieso wollte sie dann, dass ich bei dieser bescheuerten AG mitmache? Dachte die Lehrende wirklich, es hilft mir, mich in den Mittelpunkt zu drängen? Dass ich Gefallen daran finde? Nein, dass tat es nicht. Würde diese fiese Hexe mich einfach in Ruhe lassen, dann würden wir uns kaum über den Weg laufen und das würde ich in der Tat bevorzugen. Nun, außer Mrs Tremblay hatte Unterricht in meiner Klasse. Dieses fürchterliche Ereignis kam zweimal in der Woche vor, was schlimm genug war. Ihre monotone Stimme brachte fast jeden zum Einschlafen. Diese auch noch in meiner Freizeit zu ertragen, war eine qualvolle Folter. Frustriert sah ich auf den kleinen Haufen Dreck, den ich seit einer Weile mit dem Besen über die Holzdielen schob. Gut möglich, dass ich die Hälfte bereits in den Fugen der Dielen verloren hatte.
»Wohin mit dir?« Suchend sah ich mich im Raum um, hatte von meiner Dozentin nur einen Besen bekommen und kein passendes Kehrblech. Sicher Satire, dachte ich und glaubte, diese Frau wollte mir das Leben unnötig schwer machen. Mein Blick verharrte, als mir der dicke und feuerrote Samtvorhang auffiel. Dumme Idee, ahnte ich, aber war nicht gewillt, noch länger hier zu bleiben. Sofort schob ich den Dreck mit den roten Borsten des alten Besens in Richtung Vorhang und glaubte zu meinen, er wurde immer kleiner. Bevor ich den Vorhang anhob, sah ich mich noch einmal um und vergewisserte mich, dass ich wirklich die Einzige hier war. Nach dem sich dies bestätigte, fegte ich die Überreste dahinter. Nun, auf dem ersten Blick schien es hier sauber zu sein. Jetzt konnte ich nur hoffen, Mrs Tremblay wird niemals hinter den Vorhang schauen. Sonst werde ich Ärger bekommen.Meine unfreiwillige Arbeit war endlich getan und aus diesem Grund stellte ich das Utensil zur Seite und verließ über die Stufen die Tribüne. Sofort schnappte ich nach meiner Tasche und lief zügigen Schrittes in Richtung Ausgang. Wenn ich mich jetzt beeile, dann schaffe ich den nächsten Bus, stellte ich nach einem kurzen Blick auf die Uhr fest. Bevor ich die Möglichkeit erhielt durch die Tür zu gehen, hörte ich plötzlich ein Stimmengewirr und hielt inne.
»Können wir reden?«, hörte ich ein junges Mädchen sagen und sah achtsam hinaus. Als ich erkannte, wer dort stand, weitete ich die Augen.
Tom. Die Tür war nur einen kleinen Spalt breit auf und somit konnte ich die Beiden beobachten, ohne dabei von ihnen gesehen zu werden.
»Ja. Immerhin hast du mich hierhergebracht. Wie kann ich dir helfen?«, meinte Tom in einem äußerst sanften Tonfall, der mein Herz viel schneller schlagen ließ. Vor dem Theaterkollegen stand ein bildhübsches Mädchen, das nervös an ihrem dunkelblauen Faltenrock zupfte. Wissend, warum sie den Dunkelblonden aufsuchte, drehte ich mich weg und lehnte mich traurig mit dem Rücken gegen die Wand. Seit einigen Wochen besuchte ich nun die AG und hatte Tom ziemlich schnell ins Auge gefasst. Im Prinzip seit dem Augenblick, als wir beide bei dem Gruppenfoto auf der Tribüne gegeneinander gedrückt wurden. Jedoch stellte sich mir die Frage, woher die Unbekannte kam. Immerhin befanden wir uns auf einem Internat nur für Jungs und unsere Theatergruppe besuchte sie auch nicht, sonst wäre sie mir längst aufgefallen.
»Ich bin so nervös«, krisch sie hysterisch und ließ mich die Augen rollen. Nervös? Hast du eigentlich eine Idee, wie man sich verhält, wenn man nervös war? Du würdest keinen Ton vor dem Jungen herausbekommen, den du magst. So, wie es bei mir der Fall war.
»Tom, ich mag dich. Möchtest du vielleicht mein Freund werden?« Das hübsche Mädchen sprach das Offensichtliche aus und angespannt schaute ich zum Blauäugigen, der sich verlegen am Kopf kratzte. Mein Herz setzte aus und die Angst war groß, dass er diese Frage bejahte. Das wollte ich nicht. Aber nur, weil ich niemals den Mut dafür aufbringen würde, dem Dunkelblonden die Gleiche Frage zu stellen, konnte ich es nicht aufhalten, wenn er eine Freundin hat.
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Für immer noch einmal
FanfictionVielleicht war der Zeitpunkt vor über fünfzehn Jahren nicht der Richtige und das Schicksal gibt den Beiden eine zweite Chance. Sophia ist Italienerin und sicher sehr temperamentvoll, feurig und versprüht Energie. Nein, sie ist das komplette Gegente...