Erstaunlich

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Ich war überrascht, als sie mir gegenüberstand und sagte, dass sie mitkommen wird. Keiner von uns hat damit gerechnet, dass Ema sie dazu überreden konnte. Denn als Ema wieder zurück gekommen ist, hat sie geschwiegen wie ein Grab und ihr Gesicht hat kaum Regung gezeigt, also sind wir davon ausgegangen, dass sie nicht zugesagt hat. Und für diesen Moment habe ich gedacht, dass ich die Wette gegen meinen Bruder gewonnen habe, bis sie vor der Tür stand und mir bestätigte, dass sie mitkommen wird.

Ich hätte dieser Wette nie zu stimmen sollen... denn natürlich habe ich mein Mund - wie immer - zu weit aufgerissen. Ich war mir so sicher, dass ich gewinnen werde, da ich immer gewinne. Dabei hat mich sogar Shin gewarnt... »Sollte sie akzeptieren - und ich wette, dass sie das nicht tut -, werde ich mit ihr ausgehen!«, sagte ich und lachte. Shinichiro grinste mich von der Seite an. »Reiß dein Mund nicht soweit auf.«, erwiderte er und lehnte sich Zurück. »Aber okay, wenn du meinst. Ich wette sie akzeptiert, sollte ich gewinnen, wirst du mit ihr ausgehen, wenn ich verliere, kriegst du Tayaki.«

Ich grinste breit und akzeptierte natürlich. Ich dachte schließlich, dass sie ablehnen wird und ich somit gewinne. Aber Shinchiro hat gewonnen. »Alles gut, bei dir dahinten?«, frage ich mit belustigten Unterton. Sie ist angefressen, dass spüre ich und am liebsten würde sie mich, wegen meinen Provozierungen, anspringen und mir an die Kehle gehen. Aber sie hält sich im Zaum, weil sie es für richtig hält, nicht drauf einzugehen. Es wurmt mich ehrlich, dass sie mir noch nicht an die Kehle geht.

Ich weiß noch, wie ich sie spaßhalber Kätzchen genannt habe, weil sie so scheu und zurückhaltend ist. Tja, danach hatte ich ein paar Kratzer im Gesicht, aber der Name machte ihr aller Ehre... ob sie wohl immer noch so reagieren wird, wenn ich sie so nenne?
»Ja, Ja.«, erwidert sie und klingt dabei eher weniger begeistert. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass sie mit uns ans Meer fährt, oder weil sie bei mir mitfahren muss. Es würde mich interessieren, warum sie Ja gesagt hat. Ist Ema ihr zu sehr auf die Pelle gerückt, dass sie schließlich keine andere Wahl hatte, als letzt endlich zuzusagen?

Von weiten erkenne ich den blauen Horizont, der uns zeigte, dass wir bald da sind. Denn um ehrlich zu sein, bin ich ungewöhnlich angespannt und aufgeregt. Im Gegensatz zu Kiyomi, die sich über die Fahrt etwas zu freuen scheint, wobei sie vorhin fatal dagegen gewesen ist. Ihre Hände hat sie um meine Hüften gelegt und greift nur vorsichtig in meine Klamotten. Zuvor habe ich ihr noch einen Helm gegeben, damit sie überhaupt mitfährt. Grundsätzlich ist sie jedoch wegen meines provozierendes Satzes, in dem ich sie feige genannt habe, aufs Motorrad gestiegen. Aber eigentlich frage ich mich, ob sie Angst vor Motorräder hat? Anders kann ich es mir nicht vorstellen.

»Wir sind da.«, verkünde ich meiner Mitfahrerin. Ich meine sie erleichtert seufzen zu hören. Erleichtert da zu sein, oder erleichtert runter von meinem Motorrad zu kommen? »War ...«, sie guckte mich kurz an, als sie vom Motorrad Abstieg, während ich darauf warte, dass sie ihren unvollendeten Satz beendet. »cool.«, beendet sie und geht zu Ema rüber. Ich grinse, mir dessen bewusst, dass ich es bin, der sie dazu gebracht hat - mit mir mit zufahren. »Kiyomi und ich gehen schon mal vor, zu den umkleiden!«, sagt uns Ema Bescheid. Wir nicken und schnappen uns, unsere Taschen.

Dafür, dass es heute warm ist - und der letzte Tag, an dem es so warm werden soll -, ist es hier nicht wirklich voll. »Da seid ihr ja!«, ruft eine all zu bekannte Stimme. Grinsend wende ich mich dem schwarzhaarigen zu. »Na, alter. Du wirst mir nie glauben, wer dabei ist.«, sage ich und mache dabei ein große Sache draus. Man sollte diesen Tag festnehmen. »Wer'n?«, fragt Kazutora, der hinter ihm auftaucht. »Kiyomi.«, Ich stecke meine Hände in die Hosentaschen, während ich dabei zusehe, wie Keisuke verblüfft dreinschaut. »Deine Nachbarin?«, fragt Kazutora mir schief gelegten Kopf, da er sie so nicht wirklich kennt.

»Niemals.«, Keisuke schüttelt ungläubig seinen Kopf. Kenny fasst sich am Nacken. »So dachte ich auch, als ich sie gesehen habe.«, er lacht und geht auf einen freien Platz zu. »Wo ist sie und Ema?«, fragt Keisuke, wobei er denkt, er hätte sich die Frage sparen können. »Umziehen.«, antworte ich dennoch und gähne. Aber ich frage mich, warum sie so lange brauchen, sie wären doch längst fertig? Wobei, es sind Mädchen und sollte mich nicht interessieren, wie lange sie beim umziehen brauchen.

»Hey, dahinten scheint was los zu sein.«, weist mich Kazutora auf die ansammelnden Leute hin. Eine kleine Jungs Gruppe, mit ungefähr drei, vier Kerlen, steht vor - ich schätze - zwei weiteren Personen und drängen sich ihnen auf. Plötzlich kribbelt mein Bauch, als ob es mir etwas sagen möchte. Wir gehen etwas näher, weil ich das Gefühl nicht loswerde, dass da etwas gewaltig nicht stimmt. »Wärt ihr nun so nett und würdet uns gehen lassen!?«, sagt jemand mit fester stimme. Und plötzlich durchfährt mich ein eiskalter Schauer, denn die Stimme gehört zu Kiyomi und wo Kiyomi ist, ist auch Ema!

Ich sehe zu Kenny, der mich ebenso anblickt und anscheinend selbst sorge darum hat. »Warum denn? Lasst uns doch gemeinsam den Tag verbringen, wenn ihr hier so alleine seid, ist es doch langweilig.«
»Wir kommen gut allein zurecht, danke für das Angebot. Aber wir verzichten!«
»Sei doch nicht so.«, der Typ greift nach ihrem Arm, aber kurz darauf, als wir einschreiten wollten, hören wir es klatschen. »Zum Teufel mit euch, ihr Scheißkerle!«, Kiyomi hat Ema's Unterarm fest umgriffen, als sie an die Typen vorbei geht.

Ihr Gesichtsausdruck ist rot, vor Wut, dennoch schwimmt in ihren Augen Furcht. Sie ist... erstaunlich. Sofort beginnen die beiden zu laufen, als sie uns sehen, denn die Kerle finden das nicht so erfreulich und wollen die beiden zufassen bekommen. Aber sobald sie uns erreicht haben, schreiten wir ein. Ich atme konzentriert aus und achte dabei, dass ich nicht aus der Fassung komme. Sie ist nur meine Nachbarin und Ema ist meine Schwester. Aber die Kerle ekeln mich an. »Seid ihr so verzweifelt?«

»Ihr solltet euch was schämen.«, zische ich. »Hä? Was willst'n du? Halt dich gefälligst raus und rückt die Mädels heraus!«, knurrt einer der Kerle und kommt drohend auf uns zu. Ehe er sich versieht, hat er eins aufs Maul bekommen. Nicht von mir, sondern von Kenny. Ich weiß, dass er Emma mag - und das sehr - und es deswegen nicht duldet, dass sie jemand wie eine Nutte behandelt. »Ist alles gut, Ema?«, höre ich Kiyomi fragen. Im Augenwinkel schaue ich zu ihnen und sehe, wie sie sich mehr um Ema, als um sich sorgt.

»Hey, alter! Was sollte der scheiß!?«
»Macht euch noch einmal an Mädchen ran, die nichts von euch möchten, dann gnade euch Gott, ihr werdet nie wieder das Tageslicht erblicken!«, drohe ich, während ich den einen Mistkerl, der es sich gewagt hat mich zu nähern, an den Kragen packe und zu mir runterziehe. Seine Augen blitzen verängstigt und er zuckt zusammen. Ich lasse ihn, als alle nickten, los und streiche sein Shirt glatt. »Also dann, dann wäre das nun geklärt.«, ich lächle und drehe mich um, denen keines Blickes mehr würdig.

»Solche Ekelpakete.«, Kiyomi bekommt Gänsehaut, zumindest sieht man das ganz leicht an ihren Oberschenkel. Ich lasse meinen Blick wandern, sie trägt ihre Strickjacke und da sie mir den Rücken zugedreht hat, weiß ich lediglich, dass sie ihre braunen Haar zu einen strengen Pferdeschwanz gebunden hat. »Seid ihr okay?«, frage ich. Kiyomi dreht sich um und sieht unbeeindruckt drein. »Uns gehts gut.«, sagt Ema und lächelt zuversichtlich. »Alles bestens, meine Hand zwirbelt noch ein bisschen, aber das ist schon okay.«, sie grinst und hebt ihre gerötete Hand in die Höhe, als wäre sie stolz darüber einen Treffer gelandet zu haben.

»Das klatschen hat man ziemlich weit gehört.«, wendet Keisuke, der sich im Hintergrund gehalten hat, ein. »Hätt nicht erwartet, dich hier zusehen.«, fügt er hinzu und nimmt wie immer keinen Blatt vorm Mund. »Hätt ich auch nicht.«, antwortet sie, zuckt mit ihren Schultern und wirkt, als hätte sie mit diesem Satz gerechnet. Ihre Arme hat sie vor ihrer Brust verschränkt. Ihre Strickjacke hat sie komplett zugezogen. Sie sieht sich um, als würde sie gucken, ob die Kerle verschwunden sind, ehe sie ihre Jacke aufmacht.

Mit einem Ruck wende ich mich ab und stolziere auf unser Platz zu. Sie ist nur eine Nachbarin, nicht mehr und nicht weniger. Aber das sie eine gute Figur hat... kann ich nicht bestreiten. »Kann es sein-«
»Halt die Klappe, Ken-Chin. Nichts kann sein!«, unterbreche ich ihn in seinem Satz. Er interpretiert mal wieder zu viel hinein. NUR EIN MÄDCHEN.

𝐈 𝐥𝐨𝐯𝐞 𝐲𝐨𝐮 𝐬𝐢𝐥𝐞𝐧𝐭𝐥𝐲Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt