Geschichte

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Was habe ich mir nur dabei gedacht? Ich lasse meine Arme sinken und wende mich peinlich berührt ab. Ich werde Manjiro nicht besiegen können und doch glaubt mein Ego es schaffen zu können. Ich höre Manjiro los prusten. »W-War das eine A-Aufforderung, zu einem Kampf?«, er hält sich lachend sein Bauch fest und ich runzle wütend meine Stirn. Idiot. Ken schnauft ebenso belustigt, aber eher wegen Manjiro, weil das Urkomisch aussieht, wie er sich krümmt und kaum noch Luft bekommt. Oder vielleicht wegen mir, weil Manjiro ja so unbesiegbar sein soll.

Pah! Ich werd' ihn zeigen wo der Hammer hängt. Dennoch Zweifel ich daran, ihn umlegen zu können, denn ich habe seit fünf Jahren nicht mehr gelernt zu kämpfen. Opa Sano hat uns immer Selbstverteidigung beigebracht, dass was wichtig im Leben ist, um auf sich zu achten. Und Manjiro war einer der guten, dass er nur zum Training gekommen ist, wenn er Lust drauf hatte, oder einfach nur angeben wollte. Aber tatsächlich waren wir alle gefesselt von seiner Kunst, die er uns darstellte. Er war so verdammt gut, dass jeder so sein wollte wie er. Vielleicht gibt es heute noch welche, die so sein wollen wir er.

Was die Kraft angeht, sein Temperament will wohl niemand haben. »Gewagt ist gewagt.«, sagt Ken und grinst. »Du bist echt mutig.«
»Danke. Aber Manjiro ist wohl zu feige um zu zustimmen.«, erwidere ich und kurz darauf kassiere ich einen belustigen, aber auch ernsten Blick von Manjiro. »Na dann, wie du willst!«
»Aber erst, wenn es deinem Fuß besser geht.«, ich schaue auf meinem Fuß und nicke. »Es ist besser geworden.«, berichte ich und wende mich dem gehen wieder zu.

»Dann am Samstag.«, sagt Manjiro und ich stimme Winkend zu. »Okay.«
Plötzlich spüre ich etwas Nasses auf meiner Nase Tropfen. Ich verziehe mein Gesicht und gehe davon aus, dass es gleich anfängt zu regnen. »Wir sollten uns beeilen, es fängt an zu regnen.«, ich gehe einfach davon aus, dass die zwei nach Hause wollen und wenn nicht, dann soll es mir egal sein. Oma wartet sicher auf mich und hat bereits das Essen zu bereitet, also sollte ich mich erst recht beeilen, damit sie sich nicht umsonst Sorgen macht.

»Bin wieder zuhause!«, ich ziehe meine Schuhe aus und betrete das Haus. »Gerade noch rechtzeitig, es fängt an zu regnen.«, meine Oma lacht. Der Duft von Udon steigt mir in meine Nase und wie auf Kommando knurrt mein Magen. »Ich bringe schnell meine Tasche weg und ziehe mich um.«, sage ich meiner Oma Bescheid. »Alles mit der Ruhe.«, äußert sie sich und ich nicke. Ich betrete mein Zimmer und stelle meine Tasche neben meinem Schreibtisch. Das Rauschen, des Regens dringt in mein Zimmer und zeigt, dass ich mein Fenster offen stehen habe.

Die kühle frische Luft lässt mich erschaudern und dennoch ist es angenehm. Ich mag den Geruch vom frischen Regen. Die Geräusche und der Duft, vom Regen, hat immer etwas beruhigendes. Regenwetter ist genauso toll wie Frühling. Ich atme laut aus und streife meine Bluse, die ich unter dem Pullover meiner Schuluniform getragen habe, ab und ziehe mir einen schwarzen Pullover drüber. Auf dem Pullover ist eine Katze abgebildet. Haare stehen von meinem Kopf ab, wie Fussel. Ich entferne mein Haargummi und kämme meine Haare durch.

»Am Samstag bin ich bei den Sano's, im Dojo.«, erzähle ich meiner Oma, als ich mich hinsetze. »Manjiro hat sich lustig über mich gemacht! Der wird schon sehen was er davon hat.«, angefressen esse ich die leckeren Udon, die Oma selbst gemacht hat. Meine Oma lacht herzlich. Ihre Lippen sind spröde und Lachfalten zieren ihr Gesicht. »Ihr versteht euch prächtig.«, sie nimmt die Stäbchen in ihre linke Hand. Anders wie ich, ist sie Linkshänderin. »Magst du ihn?«, meine Wangen erhitzen sich. »N-Nein.«, ich wende meinen Blick gen Nudeln.

Meine Oma kichert. »Das habe ich damals bei Opa auch gesagt.«, erzählt sie und blickt dabei verträumt zum Bild, dass auf dem einen kleinen Podest steht mit Räucherstäbchen. Jeden Morgen setzt sich meine Oma da vor und betet. Opa ist vor einem Jahr, an einem Herzinfarkt gestorben. Es hat uns mitgenommen und Oma besonders, dennoch hat sie sich gerafft, denn sie hatte Verantwortung, die ich ihr so gerne genommen hätte. Ich helfe ihr, so gut es nur geht. Opa ist der witzigste von uns gewesen, er hat immer diese komischen Hemden angehabt und die komischsten Witze parat.

Ich habe mich immer gefragt, wo er diese Witze her gehabt hat. Und obwohl sie so schrecklich waren, haben wir gelacht, bis uns die Bäuche weh getan haben. Opa hat uns das Leben erheitert und jetzt ist es Oma, die das Leben erheitert. Beide sind wie Eltern, die ich nie hatte. Oma hat die Mutter Figur angenommen und Opa die Vater Figur. Damals habe ich ihnen mit großer Bewunderung zugehört, wie sie mir ihre Geschichte erzählten. Ihre erste Begegnung war beim Bahnhof, an dem sie sich zufällig getroffen haben. Beide sind zusammengestoßen, weil sie in Eile waren.

Dabei soll Kaffee auf die Bluse, meiner Oma geschüttet worden sein. Dann sagte Oma, als wir uns anschauten, verloren wir uns. Opa hat tief blaue Augen, die dem Ozean ähnelt und Oma hat grüne Augen. Meine Oma war stinksauer auf ihn, weil ihre Bluse hinüber war und sie kein Ersatz dabei hatte. Und ausgerechnet an diesem Tag hatte sie ein wichtiges Bewerbungsgespräch. Opa bot ihr an, für die Kosten der Wäsche aufzukommen und so nahm die Geschichte ihren Lauf. Manchmal frage ich mich, was passiert wäre, wenn einer von den beiden nicht da gewesen wäre.

Sicher würde es Mama nicht geben und mich auch nicht. Mama ist ein geplantes Kind gewesen, im Gegensatz zu mir. Oma erzählte mir, dass sie mit einem Mann durchgebrannt sei und plötzlich ungeplant mit mir Schwanger wurde. Sie wollte mich abtreiben, aber es war zu spät. Sie hatte es nicht mitbekommen, dass sie schwanger war, weil die Anzeichen dafür erst spät kamen. Am Ende bin ich ein ungeplantes Kind, dass von ihrer Mutter verächtlich angeschaut wurde. Ich ähnelte meiner Mutter kaum und vielleicht lag es daran, dass ich mehr nach meinem Vater - den ich nicht kenne - komme.

Denn als ich zur Welt kam, war er auf und davon. Hat sich nicht darum geschert, sich um seine Freundin und Tochter zu kümmern. Am Ende bin ich beide Elternteile los. Mein Vater will mich nicht und meine Mutter auch nicht. Und dennoch versuche ich sie stolz zu machen, auch wenn sie mich nie sehen werden.

𝐈 𝐥𝐨𝐯𝐞 𝐲𝐨𝐮 𝐬𝐢𝐥𝐞𝐧𝐭𝐥𝐲Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt