46 • Friends

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Nachdem ich Jin und Hoseok von allem erzählt hatte, was Jeongguk und ich damals für Dummheiten gemacht haben, wurde es für einige Zeit still. Ich sah zwischen ihren Kameras hin und her und konnte nur erkennen, wie sie in die Leere starrten und den Mund leicht geöffnet hatten.
Ich fragte mich in dem Moment, ob es eine gute Idee gewesen war, es ihnen zu erzählen. Eigentlich wollte ich nie auch nur irgendwem davon erzählen, da es mir fast schon unangenehm war, wie "kriminell" wir teilweise wirklich waren. Natürlich muss man auch aufpassen, wem man was erzählt. Schließlich weiß man nie, wo es am Ende landen kann.
Dennoch vertraute ich ihnen soweit, dass ich wusste, sie würden es niemanden erzählen. Wem auch? Außer den beiden hatte ich in Daegu nicht viele Freunde. Mit den meisten war sowieso der Kontakt verflogen, nachdem ich weggezogen war.

"Könnt ihr bitte.. irgendwas sagen? Ich weiß nicht, ob ihr grade schockiert seid.. oder amüsiert? Wollt ihr nichts mehr mit mir zutun haben? Ich schwöre, ich bin nicht mehr so! Ich hab das alles hinter mir gelassen und bereue auch-"
"STOP", rief mir Jin rein und schmiss dabei so sein Handy hoch, dass ich nur noch die Decke seines Zimmers sehen konnte. Hoseok fing lauthals das Lachen an und auf einmal sah ich auf Jins Bildschirm nur noch Hände herumfuchteln.
"WIE? Wie konntest du uns NIE erzählen, was für ein fucking Troublemaker du damals warst?!"
"Ich.. Keine Ahnung.. Es kam nie zum Thema..?"
"Aber Taehyung! Vielleicht hätte uns das mit Jeongguk weitergebracht?!"
"Inwiefern hilft uns das denn jetzt? Ich bin doch immer davon ausgegangen, es hatte nichts damit zutun."
"Ja, aber was wenn doch?"
Nun ergriff Hoseok das Wort, nachdem er sich beruhigt hatte.
"Okay, also Freunde der untergehenden Sonne, ich habs erfasst. Ganz einfach! Jeongguks Dad hat das alles rausbekommen und wie Jin schon gesagt hat, hat er ihm verboten mit dir noch befreundet zu sein und hat ihm diese Lüge in den Mund gelegt. Scheinbar hat er Jeongguk auch mit Gewalt gedroht und auch, dass er dir was antun würde und daraufhin hat er Panik bekommen und ist lieber den Aufforderungen seines Dads nachgegangen, weil er nicht wollte, dass dir was passiert."
"Ja und!!", rief nun Seokjin wieder rein, "Und dann! Und dann weil er sich nicht sicher sein konnte, ob Jeongguk sich wirklich von dir fernhält, hat er einen Typen angeheuert, um ihn im Auge zu behalten! Der Typ, der da am Parkplatz stand, du erinnerst dich? Quasi, dass er ihm immer Infos gibt, wo und mit wem Jeongguk ist. Deswegen auch diese Panikattacke, als du einmal abends bei ihm warst und er die ganze Zeit gesagt hast, dass du nicht hier sein solltest und gehen sollst."

Ich sah in den Sternenhimmel und so langsam fügten sich wirklich die ganzen Puzzleteile zusammen.
"Ihr meint also, sein Vater verfolgt ihn quasi überall hin, sodass Jeongguk Angst hat, mit mir gesehen zu werden?"
"Ja, exakt!", meinte Jin und grinste siegessicher, genauso wie Hoseok.
"Aber.."
"Aber? ABER? Bitte sag nicht, ich hab irgendwas übersehen."
"Aber irgendwie macht das keinen Sinn."
Die beiden starrten fassungslos ins Handy.
"Wie jetzt? Unsere Schlussfolgerung macht übelst Sinn.", meinte Seokjin und warf seine imaginären Haare nach hinten. Hoseok nickte daraufhin nur mit verschränkten Armen.
"Aber.. Er war letztens bei mir? Und die Pausen haben wir auch gemeinsam verbracht. Also kann es nicht sein, dass dieser Typ vom Parkplatz da mit reinspielt."
"Aber du meintest doch, er hatte ihn total beobachtet und Jeongguk hat sich da von euch ferngehalten."
"Ja.. Aber da waren wir auch noch nicht wieder gut. Wieso sollte er Angst haben mit mir gesehen zu werden, aber am nächsten Tag auf einmal nicht mehr? Das macht keinen Sinn."
"Stimmt..", gaben beide geknickt zu.
"Und außerdem.. meinte Jeongguk im Brief, sein Vater hätte was gegen mich in der Hand. Was soll das sein, außer Gewalt? Ich kann doch easy zur Polizei und ihn wegen Körperverletzung und Drohung anzeigen."
Hoseok zog eine Augenbraue hoch.
"Achja, du zeigst ihn wegen Körperverletzung an und er dich dann wegen.. Warte, lass mich kurz nachdenken..", er legte zwei Finger an sein Kinn, ".. mehrfacher Diebstahl, Hausfriedensbruch bzw. Einbruch, ein Überfall,.. Soll ich noch mehr aufzählen?"
Ich seufzte.
"Ja, ich versteh den Gedankengang, aber wer weiß, ob der überhaupt wirklich komplett alles herausbekommen hat. Ich meine, wie auch? Wir wurden, wie gesagt, nie erwischt. Wenn Jeongguk ihm nicht alles erzählt hat, wovon ich jetzt wirklich auf keinen Fall ausgehe, dann weiß er nur das mit dem Tankstellenüberfall. Und dafür hat Jeongguk ja seine Strafe schon längst bekommen. "
"Aber du nicht..?"
"Aber mit welchen Beweisen sollte er mich aufdecken können? Keiner weiß, dass ich die zweite involvierte Person war. Außerdem ist das über zwei Jahre her und ich war damals auch noch minderjährig. Ich denke, die Polizei hat auch wichtigere Fälle als sich um so ein Hirngespinst von zwei 15-Jährigen zu kümmern, das schon so lange her ist. Ich meine, es ist ja nicht mal was passiert, wir sind nur rein, haben gedroht und weiter sind wir nicht gekommen."
"Taehyung.. Du hattest eine.. Waffe? Zwar keine echte, aber trotzdem. Damit ist das keine einfache Drohung, sondern schon heftig.", warf Hoseok ein, "Zumal du das nicht nicht unterschätzen solltest. Viele Leute werden mit 14-15 schon kriminell und werden über die Zeit nur immer schlimmer. Ich bezweifle, dass die Polizei da so direkt zwei Augen zudrücken würde. Selbst, wenn danach nichts mehr passiert ist.. Wissen sie das denn? Können sie wirklich davon ausgehen, dass du danach der Engel auf Erden warst?"
Hoseok hatte einen Punkt.
"Okay, du hast Recht in der Hinsicht. Aber dennoch.. Wie sollte Jeonguks Vater etwas gegen mich in der Hand haben? Es macht doch keinen Sinn. Er müsste ja Beweise haben, dass ich das alles war. Wie will er das anstellen?"
Es wurde auf einmal ganz still.
Wir standen wieder genau am gleichen Punkt wie vorher.

Punkt Eins || taekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt