Wir verloren vorerst keine Worte mehr über den vergangenen Vorfall und beim Essen herrschte hauptsächlich Stille, welche nur von der leisen Musik des Radios begleitet wurde.
"Und du gehst morgen wieder zurück nach Busan?", fragte ich nach einiger Zeit der Stille. Die Stimmung war leider etwas seltsam geworden.
Sie nickte, schluckte ihren letzten Bissen runter und legte ihre Stäbchen beiseite.
"Ja, morgen Vormittag, leider.. Ich vermisse Seoul immer so sehr. Ich wünschte ich könnte länger bleiben."
"Glaub ich dir. Ich habe Seoul auch total vermisst, als ich in Daegu gewohnt habe."
"Ah, du warst dort die letzten zwei Jahre, richtig?"
"Ja, nach dem ganzen Mist von damals sind wir nach Daegu gezogen, weil dort auch meine Großeltern wohnen. Es war natürlich schön, mal wieder öfter bei ihnen zu sein, aber ehrlich gesagt können die einen auf Dauer auch auf die Nerven gehen.. Die Familie meines Vaters war schon immer etwas seltsam."
"Inwiefern seltsam? So lustig seltsam?", fragte Marie und lachte kurz auf.
"Nein, ganz und gar nicht. Eher das Gegenteil. Die haben gefühlt das leben verlernt. Sie sind total konservativ und meinen immer in allem Recht haben zu müssen. Ich konnte bei ihnen nie wirklich ich selbst sein, weil immer alles so angezweifelt wurde. Irgendwann war ich dann an dem Punkt, dass ich lieber gar nichts mehr gesagt hab, anstatt etwas falsches zu sagen. Das hat mich sehr eingeschränkt dort."
"Oh, das tut mir leid. War wohl echt keine schöne Zeit dort, wie es scheint.."
"Naja, teilweise. Ich hab viele neue Erfahrungen gesammelt, klar. Ich hab auch neue Freunde gefunden, auch zwei, die jetzt meine besten Freunde sind. Ich hatte die ein oder andere Beziehung, aber davon wusste immer kaum jemand. Ich meine, niemand meiner Familie darf wissen, dass das keine Mädchen waren.. Das würde nur für Ärger sorgen."
Etwas bedrückt senkte ich den Kopf.
"Ist deine ganze Familie so intolerant?"
Ich seufzte.
"Ja, leider schon. Sie verstehen das alles einfach nicht. Die leben zu sehr in ihrer eigenen Blase, um der Realität ins Auge sehen zu können. Und wenn ich auch nur mit dem Thema Sexualitäten ankam, gingen immer die wildesten Diskussionen los. Und immer wieder wurde ich niedergemacht von allen Seiten. Kurzzeitig hatte ich sogar mit dem Gedanken gespielt, mich aus reinem Protest einfach zu outen und abzuhauen, aber ich konnte mir das ganz und gar nicht leisten. Ich hatte weder genug Geld, noch einen Ort, wo ich hätte hingehen können.""Und wie kam es dazu, dass du zurück nach Seoul gekommen bist?", fragte sie nun ich musste mich kurz sammeln. Dafür, dass ich eigentlich Informationen aus Marie rauskriegen wollte, lief das ganze gerade eher andersrum, hatte ich das Gefühl. Aber gut, ich hatte nichts dagegen, ihr von mir zu erzählen. Außerdem war der Abend noch lang, wir hatten noch viel Zeit zum Reden.
"Das erste Jahr in Daegu fand ich eigentlich ziemlich schön. Ich hab, wie schon gesagt, viele neue Leute kennen gelernt, hab mich in der Schule zurecht gefunden und alles schien sehr bergauf zu gehen. Aber irgendwie ist das alles im Laufe des letzen Jahres sehr gekippt. Ich hab immer wieder an Seoul und all die Leute hier denken müssen und hab mich immer mehr danach gesehnt. Vor allem nach.. Du weißt schon.. Er war, denke ich, mit der größte Grund, weshalb ich wieder gekommen bin."
"Wirklich? Jeongguk?"
"Jap."
"Nach all dem, was er getan hat wolltest du wegen ihm wieder zurückkommen?"
"Richtig."Sie schien geschockt zu sein, als ich ihr davon erzählte, dass mir Jeongguk so sehr gefehlt hatte.
"Hör zu. Ich weiß nicht, was du weißt, aber ich kann mir die ganze Scheiße nicht erklären. Irgendwas ist das faul, das weiß ich ganz genau. Ich kenne Jeongguk von klein auf und ich weiß, dass er das damals alles nicht wollte. Irgendwas drängt ihn dazu und er hat Angst. Das hab ich heute bei diesem Mann gemerkt. Keine Ahnung, was da los ist, aber ich will nicht weiter nur zusehen, verstehst du?""Warte warte, du bist dir also wirklich zu hundert Prozent sicher, dass da was dahinter steckt?"
"Ja, eher gesagt jemand, denke ich.. Vielleicht sein Vater oder so, keine Ahnung."
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Punkt Eins || taekook
FanficDieses berauschende Gefühl, wenn das Herz ganz schnell klopft, jede Faser des Körpers unter Strom steht und einen vollkommen lebendig fühlen lässt - der Nervenkitzel. Für ein paar Minuten dem lästigen Alltag entfliehen und leben, über nichts und ni...