14 • Gaze

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"Und wie liefs?", fragte mich Jimin direkt, als er seinen Tisch wieder an meinen rückte. Die erste Matheschulaufgabe dieses Jahr und ich sah jetzt schon die 0 Punkte in meinem Abitur. Ich hatte wirklich keine Ahnung, wie ich dieses Jahr bestehen sollte, bei den Schwierigkeiten, die ich beim Lernen hatte. Ich versuchte es ja wirklich.. Manchmal.. Wenn ich es denn schaffte, mich dazu aufzuraffen. Aber leider glich meine Konzentrationsspanne mittlerweile der eines Kindergartenkindes und ich ließ mich immer wieder nur zu gerne ablenken.
"Frag nicht..", murmelte ich und fasste mir an die Stirn. "Wie soll ich das nur schaffen..?", fragte ich verzweifelt eher an mich selbst als an Jimin gerichtet.

"Lass dir doch Nachhilfe von dem besten der besten geben.", meinte Jimin dann mit sarkastischem Unterton, woraufhin ich eine Augenbraue hochzog.
"Du standest letztes Jahr auf 5 Punkten. Das ist eine 4. Das ist dir bewusst?"
"Hey, für Mathe sind 5 Punkte echt gut!", meckerte er sofort und schüttelte dann den Kopf.
"Außerdem meine ich gar nicht mich, sondern den da.", sagte er nun und nickte in Richtung Taehyung.
Ich rollte nur meine Augen und lehnte mich in meinem Stuhl zurück, verschränkte meine Arme.
"Da fall ich lieber durch und wiederhole das Jahr, anstatt Nachhilfe von Taehyung zu bekommen."
"Jaja, wir wissen beide-"
"Musst du jetzt schon wieder mit dem Thema anfangen?"
"Ist ja gut, tut mir leid."

Die Stimme von Herr Jung richtete unsere Aufmerksamkeit nach vorne.
"Also ihr wart heute alle sehr tapfer und habt euch echt gut durch diese 60 Minuten geschlagen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass euer Gehirn jetzt sowieso Matsch ist, so wie ich euch kenne. Ich lasse euch heute mal früher gehen. Aber lasst das bloß euren Direktor nicht wissen."

Nach viel dankbarem Gejubel machten sich alle umgehend auf den Weg nach draußen. Natürlich fand ich es gut, dass wir früher aus hatten. Ich meine, wer freute sich nicht über eine halbe Stunde weniger Unterricht, nachdem man eine Schulaufgabe geschrieben hatte?
Allerdings brachte es mir nicht all zu viel, da ich so oder so auf meinen öden Bus warten musste, wovon der Busfahrer fast täglich zu spät kam und dann meistens mit einem Coffee-to-go und einem Donut auf seinem Sitz saß. Er kontrollierte ja nicht einmal die Fahrscheine. Wie so jemand wie er diesen Job bekommen hatte, war mir ja bis heute ein Rätsel.

Jimin und ich liefen über den Schulhof in Richtung der Haltestellen und Parkplätze, wobei sein Blick seinem Handy galt. Ich war verwundert, dass er zur Ausnahme mal seine Zeit mit mir anstatt den anderen drein verbrachte. Das kam leider in letzter Zeit weniger vor. Irgendwie vermisste ich den Älteren ja schon ein wenig, selbst wenn ich ihn jeden Tag sah. Seit diesem Schuljahr hatte sich unser Verhältnis irgendwie verändert. Wir wurden distanzierter, unternahmen kaum noch etwas, wo wir in der 11. Klasse doch fast jeden Tag aufeinander hockten. Es deprimierte mich ein wenig, dass er seine Aufmerksamkeit mittlerweile mehr den anderen schenkte, anstatt mir, doch wollte ich auch nicht zu eifersüchtig sein. Immerhin musste ich mich irgendwie damit abfinden, dass ich nunmal nicht seine Nummer 1 war.
Kurzzeitig hatte es sich mal so angefühlt, doch verging das wieder, seitdem er so eng mit Namjoon, Yoongi und.. Taehyung war. Im Endeffekt konnte ich da auch nichts machen. Das sind drei gegen einen und er hatte ja sogar versucht, mich da doch irgendwie mit reinzubekommen.

Vielleicht vermisste ich auch einfach nur das Gefühl jemandes Nummer eins zu sein zu sehr. Es war lang her seit ich das bei jemanden war. Um wen es hier ging, kann sich gerade wahrscheinlich jeder denken.

Ja, auch bei Taehyung hatte ich mal das Gefühl, seine Nummer 1 zu sein. Und eigentlich war ich das auch, denke ich. Doch Vergangenheit war nunmal Vergangenheit, richtig? Und man lebt ja nicht in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart. Also die Gegenwart war alles, was zählte. Ich sollte nicht mehr so viel über vergangenes nachdenken, ermahnte ich mich selbst.
Rückgängig machen konnte ich sowieso nichts mehr. Es sei denn, Marty McFly würde mir seine Zeitmaschine mal ausborgen. Dann würde ich alles, was damals geschah, rückgängig machen. Ich würde genau an diesen einen Tag zurückreisen, Taehyung nicht von meiner beschissenen Idee erzählen und einfach jede einzelne Sekunde mit ihm auskosten. Schade, dass das alles nur reine Fiktion war.
Wo wir jetzt wohl wären? Freunde? Beste  Freunde? Wären wir sogar zusammen?
Ich ertappte mich selbst, als ich zu sehr in meinen Gedanken abdriftete. Ich sollte dringend mit dieser Tagträumerei aufhören. Das brachte mich wirklich nicht weiter.

Punkt Eins || taekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt