Kapitel 14 - Familie

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Lilly - POV

Die Sonne war bereits vollständig untergegangen und es regnete in Strömen. Ich zog meine Kapuze tiefer in mein Gesicht und folgte Lucius unauffällig durch die Gassen von Dublin.
„Sie haben ihr Anwesen in der Nähe. Bleib dicht hinter mir, ich bin nicht scharf darauf erkannt zu werden.", flüsterte er mir zu und deutete mit einem Kopfnicken an stehen zu bleiben. „Vielleicht sollten wir lieber morgen früh dorthin."
„Nein!", zischte ich. „Ich habe versprochen, dass ich morgen früh wieder zurück sein werde."
Lucius hob skeptisch eine Augenbraue. „Aha. Wem denn?"
„Das geht dich gar nichts an!", entgegnete ich erneut harsch.
Lucius zuckte mit den Schultern und sah um die Ecke von einem großen Gebäude, wo wir uns verborgen hielten. „Dann komm.", forderte mich auf und lief weiter durch den Regen. Auf dem Kopfsteinpflaster unter unseren Füßen bildeten sich große Pfützen, denen ich zusätzlich versuchte auszuweichen.
„Warum können wir nicht apparieren?", stöhnte ich genervt.
„Was glaubst du denn? Das du dich direkt in den Salon apparieren kannst?", antwortete er ebenfalls genervt und imitierte meine Tonart. Ich verstummte daraufhin und musste ihm Recht geben. Wahrscheinlich war das Haus sehr gut geschützt.
Kaum ein Mensch war auf den Straßen unterwegs, trotz des warmen Wetters zuvor am Tage, schien diese Stadt wie ausgestorben. Wahrscheinlich suchten sie alle rechtzeitig Schutz vor dieser Sintflut, dachte ich. Trotzdem blieben wir vorsichtig, schließlich wurde Lucius immer noch vom Ministerium gesucht, auch wenn Ominis mir versprach mir Zeit zu verschaffen war es besser vorsichtig zu sein.
Gemeinsam schlichen wir durch die Straßen, bis zu einem hohen Torbogen aus Stein zwischen zwei Gebäuden, der zu einer weiteren Gasse führte und erst einmal sehr unscheinbar wirkte.
Lucius legte seinen Zauberstab auf einen bestimmten Stein des Torbogens und murmelte etwas, das wie ein Passwort klang.
Er trat einen Schritt zurück und ging dann durch den Torbogen, als wäre es das normalste der Welt. „Kommst du?", hörte ich ihn laut fragen, aber ich sah ihn nicht mehr. Vor mir war eine ganz gewöhnliche Gasse, die vom Regen durchnässt war. Ich sah gewöhnliche Häuser die eng aneinander gereiht waren und die trüben Lichter der Straßenlaternen, die sich auf dem Boden wieder spiegelten. Zögerlich machte ich einen Schritt nach vorne und fühlte wie ich durch eine schwere Barriere glitt.
Eben waren wir noch mitten in der Stadt von Dublin, aber nun befanden wir uns vor einem prächtigen Stadthaus aus hellen Ziegeln und eisernen Fenstern und Türen. Wo eben noch enge Gassen und Häuser zu erkennen waren, stand es dort umringt von einem prächtigen Garten mit kunstvoll beschnittenen Hecken und einem eleganten Springbrunnen aus Marmor vor der Einfahrt. Ich hatte bisher nichts vergleichbares gesehen, außer wenn Ominis mir von seinem Elternhaus erzählte. Reiche Zaubererfamilien schienen eine Vorliebe für große, prunkvolle Häuser zu haben.
„Wow, das können die einfach hier verstecken? Mitten in der Stadt?", hauchte ich ungläubig und folgte Lucius, der nach ein paar Schritten stehen blieb.
„Starke, alte Zauber beschützen diesen Ort, aber leicht zu durchdringen wenn man das richtige Passwort kennt oder zur Familie gehört.", antwortete er unbeeindruckt. „Aber staunen kannst du später immer noch, du solltest hingehen."
Ich sah ihn kurz an. Etwas in mir wurde sehr nervös beim Anblick dieses Anwesen und das seltsame Gefühl schlich sich ein, dass ich bereits einmal hier gewesen war.
„Kommst du mit?"
Lucius seufzte und verschränkte die Arme wie ein trotziges Kind. „Ich habe dir gesagt ich gehe da nicht rein."
„Und wenn ich dich bitte? Ich weiß du willst nicht dorthin zurück, aber was ist wenn sie mich nicht reinlassen? Dich kennen sie immerhin."
„Dich auch, allerdings warst du ein Baby als du das letzte Mal hier warst. Lilly, ich bin abgehauen da war ich siebzehn. Das war vor sieben Jahren. Ich weiß nicht wie sie auf mich reagieren werden."
„Bitte?", fragte ich ein letztes Mal und sah ihn mit großen Augen an. Ich wollte ihn nicht zwingen aber ich wollte auch nicht alleine dort hinein gehen.
Lucius verengte seine Augen und ging an mir vorbei in Richtung Eingangstür.

Lucius klopfte laut an der schweren Tür, die sehr kunstvoll mit kleinen Rosen aus Eisen verziert war. Ich betrachtete die kleinen Details als wir auf eine Antwort warteten.
Ein Hauself öffnete uns schließlich die Tür.
„Wer stört zur späten Stunde?", fragte dieser äußerst unhöflich und musterte uns. „Master Lucius. Sie sind nicht erwünscht und schon gar nicht mit Gast."
„Bitte Peets, frage bitte nach Mrs Ashwood. Sag ihr Lillian Morganach wünscht sie zu sprechen."
Der Hauself Peets überlegte ein paar Sekunden und schlug uns dann die Haustür vor der Nase wieder zu.
„Na, das lief ja super.", murmelte ich verärgert. „Und jetzt?"
Lucius hob eine Hand. „Abwarten, Kleines. Ich kenne diese Familie, der Name wird sie neugierig genug machen dich wenigstens anzuhören."
„Nenn mich nicht so.", schnaubte ich und Lucius lächelte schief. Er lächelte nicht häufig, aber wenn er es tat galt es mir.

Holding on to You (SebastianXMC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt