Kapitel 3 - Verlangen

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POV - Lilly

Ominis öffnete die Tür und trat einen Schritt zur Seite. Er schien angespannt zu sein aber da er weder seinen Zauberstab zog, noch Anstalten machte die Person weg zu schicken, ging ich davon aus das keine Gefahr bestand.
„Nein, du störst natürlich nicht. Komm rein oder willst du dir unbedingt da draußen in der Kälte den Tod holen?", sprach Ominis in Richtung Tür.
Die Gestalt trat näher zu uns herein in das Herrenhaus. Sie war verhüllt in einem langen, schwarzen Kapuzenmantel, der nichts verriet außer vielleicht die Größe der Person.
Als ich einen Schritt nach vorne trat, hielt sie inne und schien mich direkt zu betrachten. Langsam konnte ich die Konturen eines Gesichtes im Schatten der Kapuze erkennen. Konnte es sein?
Wie in Zeitlupe zog die mysteriöse Person die Kapuze runter und hervor traten rotbraune Haare, gefolgt von einem Paar warmer, brauner Augen die mich neugierig musterten.
Mein Herz setzte für einen Moment aus und mit einem Schlag war ich vollkommen nüchtern.
„Sebastian...", flüsterte ich ungläubig. Erleichterung macht sich in mir breit. Er war am leben.
„Lilly...", antwortete  er vorsichtig, kam auf mich zu und legte mir beide Hände auf die Schultern, dabei sah er mich intensiv an.
Ominis räusperte sich leicht. „Ich gehe dir ein Glas holen mein Freund." Mit diesen Worten verschwand er in Richtung Küche und ließ uns alleine in der kleinen Eingangshalle zurück.
Sebastian ignorierte Ominis Bemerkung.
„Ich weiß nicht was ich sagen soll.", sagte er leise. Ich schüttelte den Kopf. Ehrlich gesagt wusste ich es auch nicht. Ich hatte mir nie ausgemalt wie es sein würde wenn er plötzlich einfach wieder auftauchen würde, aber ich hatte darauf vertraut, dass er zurück kommen würde zu uns...zu mir.
Sebastian zog mich in seine Arme und drückte mich fest an sich. Ich sog seinen Geruch ein, dieser war noch wie damals und seine plötzliche Nähe brachte mein Herz erneut zum rasen. „Alles Gute, Lilly.", hörte ich ihn flüstern.
„Bist du es wirklich?", fragte ich leise. Er ließ mich los und zog seinen Umhang aus. Mit einer fließenden Bewegung sank dieser zu Boden. Vor mir stand wirklich mein bester Freund aus Schulzeiten mit dem ich durch die Hölle gegangen war. Er war definitiv gewachsen, einen halben Kopf größer als Ominis und ich. Sein Gesicht war markanter und definierter aber ich sah in ihm immer noch denselben Sebastian von damals. Ein freches Grinsen auf den Lippen und viele Sommersprossen im Gesicht. Allerdings waren seine Haare ein wenig länger geworden und fielen ihm teilweise ins Gesicht. Er sah müde und erschöpft aus mit seinem leichten Drei-Tage-Bart den er nun trug.
„Bei Merlin, du musst dich rasieren.", lachte ich bitterlich süß und strich ihm vorsichtig mit meiner Hand durchs Gesicht. Als könnte ich es immer noch nicht begreifen, dass er nun vor mir stand. Augenscheinlich gesund und munter.
Er nahm meine Hand und drückte sie leicht gegen seine Wange. Eine leichte Röte stieg ihm ins Gesicht, vermutlich von der Wärme im Raum. „Es ist so schön dich wieder zu sehen Lilly, du - siehst großartig aus.", murmelte er und ließ seine Augen über mich schweifen.
Sein Gesicht fühlte sich eiskalt an, vermutlich war er stundenlang draußen gewesen.
So schön die Freude auch war über sein Erscheinen, so schnell kamen die anderen Gefühle zurück.
„Wo warst du?", fragte ich entschlossen und zog meine Hand sanft weg.
„Ich komme gerade aus Hogsmeade.", fing er an zu erklären und sah mich verwundert an.
„Nein Sebastian, das meine ich nicht. Wo. Warst. Du.", wiederholte ich meine Frage energisch. Eine unerwartete Welle von Wut stieg in mir hoch. Er sah hilfesuchend zur Küchentür, aus der Ominis hinaus trat. „Ich helfe dir nicht Sebastian, du wolltest nicht mit ihr sprechen also kannst du das schön alleine klären.", sagte unser gemeinsamer Freund mit einem leichten Achselzucken, noch bevor Sebastian etwas sagen konnte. Ich sah zwischen den beiden hin und her.
„Also habt ihr mich beide belogen.", stellte ich trocken fest. „Du hast mir nie geschrieben, Sebastian. Die letzten zwei Jahre wusste ich nicht einmal ob du am Leben bist und du, Ominis, du hast mir nicht gesagt, dass ihr Kontakt hattet? Was soll das Theater?! Seit wann lasst ihr mich außen vor?!" Meine Stimme wurde mit jedem Wort lauter. Ich ballte meine Fäuste vor Wut, in der Hoffnung sie würden nicht zittern dadurch.
Beide Jungs sahen bedrückt zu Boden, was meine Wut nur noch steigerte. „Antwortet mir gefälligst. Ihr schuldet mir beide eine Erklärung!", schrie ich meine Freunde an. Die Kerzen, die noch überall verteilt brannten und für Licht sorgten, erloschen alle mit einem Mal. Sofort versuchte ich mich zu beruhigen. Durch meine Kräfte fiel es mir zu leicht, meine Umwelt zu kontrollieren. Gefühle und Emotionen konnten bereits in der Vergangenheit für so manchen Fehltritt meinerseits sorgen. Ich atmete kurz ein und wieder aus. Plötzlich entflammten die Kerzen wieder alle. Als wäre nie etwas passiert. Ich sah, dass es nicht an mir, sondern Ominis lag. Dieser hatte seinen Zauberstab gezogen und zündete die Kerzen wieder an.
Sebastian ging wortlos an mir vorbei und setzte sich vor den Kamin.
Ominis folgte ihm unauffällig, setzte sich ebenfalls und nippte am nächsten Glas. Diesmal war es kein Wein, es war definitiv etwas härteres. Wie passend für diese Situation...sein bester Freund kehrte zurück und er holte den guten Alkohol raus. Innerlich rollte ich mit den Augen.
Er reichte Sebastian wortlos ein Glas, zweifelsfrei von derselben Flüssigkeit.
Dankbar nahm dieser es an und trank einen großzügigen Schluck.
„Also?", forderte ich beide auf, verschränkte die Arme vor der Brust und tippte ungeduldig mit meiner Fußspitze auf und ab.
Fast schon traurig sah Sebastian mich an. Wenigstens sah er mich jetzt an.
„Lilly, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht mit meinen Problemen belasten."
„Schwachsinn", knurrte ich. „Wenn du es mir nicht sagen willst, okay. Dann kann ich wohl damit leben, aber wage es nicht mich anzulügen, Sallow." Sebastian hasste es wenn ich ihn so nannte. Es erinnere ihn zu sehr an seinen Onkel.
Er sah mich wie ein verletztes Mondkalb an und ich hätte schwören können, dass seine Augen feucht wurden.
Ich konnte ihm fast nicht böse sein bei diesem Anblick, aber ich blieb hart. Ich war verletzt und fühlte mich verraten. Von beiden.
Ominis schaltete sich schnell dazwischen. „Ich habe dir nichts erzählt weil unser bester Freund mich darum bat. Er brauchte Zeit. Nachdem er seine Schwester fand, fiel er in ein Loch. Ähnlich wie du im letzten Jahr. Er wollte nicht das du ihn so siehst und ich wollte auch nicht-"
„Schwachsinn!", wiederholte ich lauter. „Ominis du kannst nicht immer für ihn sprechen. Du kannst ihn nicht schon wieder in Schutz nehmen."
„Aber du, ja? Du hast ihn doch damals für wirklich alles in den Schutz genommen! Seine Ideen, seine Launen. Du bist diejenige gewesen die mich immer überzeugt hat, dass er klar kam.", fauchte Ominis mich an.
„Weil du nie zuhören wolltest!", brüllte ich ihn an. Das Feuer im Kamin flackerte gefährlich, woraufhin ich verstummte.
Ominis hob geschlagen die Hände und widmete sich dann wieder seinem Glas. „Wer's glaubt, Williams."
Sebastian starrte erneut bedrückt den Boden an.
„Lilly, ich weiß du wirst mir das nie verzeihen. Aber bitte, hör mir zu, willst du nicht wissen was mit Anne ist?"
Natürlich wollte ich das. Schnaubend nickte ich, sah ihn aber nicht direkt an. Er musste es wahrgenommen haben, denn er erzählte zögerlich weiter.
„Ich habe sie gefunden. Ein Jahr verfolgte ich ihren letzten Spuren. Sie lebt nicht mehr hier. Es zog sie nach Amerika, an die Ostküste. Sie war nicht wirklich überrascht mich zu sehen aber schickte mich direkt wieder weg. Ich fühlte mich schrecklich, so als hätte ich sie endgültig verloren. Ich dachte nach all dieser Zeit wäre sie bereit mir zuzuhören, aber ich habe mich wohl geirrt. Ich verbrachte Monate in diesem Land. Meine Forschungen nach einem Heilmittel für Anne habe ich nie aufgegeben, wie du weißt, aber es sieht nicht gut aus. Fluchexperten aus Amerika sagten mir er könnte lediglich aufgehoben werden von dem Zauberer, der ihn ausgesprochen hat. Rookwood, der von dir getötet wurde.
Also kam ich auf den Gedanken, dass du meine einzige Hoffnung bist, vielleicht die alte Magie -„
Ich konnte nicht fassen, was er fragen wollte. Bis zu diesem Punkt hatte ich mehr oder weniger ruhig zugehört aber den Rest wollte ich nicht hören. Ich wusste sobald er mir diese Frage stellen würde, gäbe es kein Zurück. Also ließ ich sie gar nicht erst über seine schönen Lippen kommen.
„Vergiss es, Sebastian. Deswegen bist du hier? Nicht wegen Ominis? Nicht wegen mir? Anne hatte dir gesagt du sollst sie in Ruhe lassen. Aber du konntest es einfach nicht lassen, wie? Du hast dir nie die Frage gestellt wie es mir ging nach deinem Verschwinden? Ohne ein Wort?
In den letzten zwei Jahren, verdammt du warst einfach weg, Sebastian. Ich wäre mit dir gegangen! Ich hätte dich gebraucht!!", schrie ich ihn mit tränengefüllten Augen an. Aber ich riss mich zusammen, ich wollte keine einzige für ihn vergießen.
Mein bester Freund verzog schmerzerfüllt das Gesicht. Meine Worte trafen ihn wie Dolche, aber ich fühlte kein Mitleid in diesem Moment. Ich war jetzt noch wütender auf ihn, wenn das überhaupt möglich war.
In mir spürte ich wie die Macht der alten Magie einen Weg an die Oberfläche suchte. Bevor etwas gefährliches passieren konnte, entschloss ich, mich dieser Situation zu entziehen. Keiner sagte etwas. Ominis spürte vermutlich wie es in mir aussah und Sebastian konnte es mir ansehen.
„Gute Nacht.", zischte ich wie eine bissige Schlange und ging zügig zur Treppe um nach oben zu gehen.
Ich vernahm noch wie Ominis zu seinem Freund murmelte: „Seb, sie kriegt sich wieder ein, du kennst sie, sie ist dir nie lange böse. Vielleicht hättest du mal den Mund halten sollen."

Holding on to You (SebastianXMC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt