Breathing

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Kapitel 5:

22.April

Just keep breathin' and breathin' and breathin' and breathin'
And oh, I gotta keep, keep on breathin'

Ein und ausatmen. Das sollte nicht so schwierig sein. Dennoch saß ich auf meinem Bett und in meiner Brust fühlte es sich eng an.
Auf meinen Schultern saßen Engelchen und Teufelchen, die sich stritten, ob ich den Joint vor mir anzünden sollte oder nicht.

Ich wollte weg von dem Zeug, aber es ließ mich in solchen Momenten kurz aus- und durchatmen.

Felix Show war schon einige Tage her. Bis jetzt hatte ich nichts mehr von ihm gehört.
Entweder war er beschäftigt oder er hatte gemerkt, wie kaputt ich doch war.

Alle verlassen mich.

Dieser Gedanke lässt meinen Atem stocken und das Teufelchen entscheiden.
Ich greife nach dem Joint und zündete ihn mit dem Feuerzeug in meiner anderen Hand an.
Den Rauch lasse ich tief in meine Lunge wandern und merke, wie meine schlechten Gedanken aus meinem Kopf verschwinden.

An manchen Tagen kam ich mit meiner Fehlgeburt besser klar, aber heute nahm mich die Situation sehr mit.
„Du solltest dir Hilfe suchen"
Hatte Nils noch gestern zu mir gesagt. Ich wusste, dass er recht hatte, dennoch hatte ich Angst diesen Schritt zu gehen. Ich will kein Psycho sein. Ich möchte nicht aufarbeiten, was jetzt und in meiner Kindheit schief gelaufen ist.
Ich hätte so oder so keine gute Mutter sein können. Zu sehr war ich von meiner eigenen geprägt worden. Ich bin kaputt.

Mein Handy klingelte „Felix"...... ich ignorierte seinen Anruf. Er erinnert mich gerade zu sehr an das, was passiert ist. Auch wenn er selber keine Ahnung hatte.
Alleine der Gedanke daran, dass ich bald mit ihm darüber sprechen muss, ließ mich schwer atmen.

Noch weitere 1.....2.....3....4 Male versuchte er mich zu erreichen. Unzählige WhatsApp Nachrichten trafen ein, blieben dennoch unbeantwortet.

Ich zog gerade an meinem 3. Joint, als es an der Tür klingelte. Erst sträubte ich mich dagegen diese zu öffnen, schlurfte dann aber trotzdem zur Wohnungstür.

Felix stand lässig gelehnt am Türrahmen und schnaufte einmal erleichtert auf, als er mich sah.
Er atmete tief ein und schaute mich wissend an. Er hatte das Gras gerochen.
„Dir gehts schlecht" stellte er fest und schob sich an mir vorbei, bevor ich etwas sagen oder die Tür schließen konnte.

„Komm doch gerne rein. Ich fühl mich absolut in der Lage Besuch zu empfangen" antwortete ich sarkastisch und lief ihm hinterher.
Auf dem Wohnzimmertisch glühte der angefangene Joint im Aschenbecher.
„Dein Ernst?" fragte er. Ich guckte mit den Schultern.
„Ja mein Ernst, willst du?" fragte ich und lächelte gespielt freundlich.
„Mach den scheiß aus Mirabella" mahnte er.
„Du bist nicht mein Vater. Du bist hier uneingeladen reingestiefelt. Finde dich damit ab oder geh wieder" erwiderte ich und ließ mich auf das Sofa fallen.

Ich kuschelte mich zurück in meine Decke und beobachtete jeden Schritt, den er tat.
Felix entschloss sich, sich neben mich zu setzten und zu schweigen.
Diese Ruhe machte mich Unruhig und ich merkte, wie mir die Tränen kamen. Ich sank immer weiter in das Polster meines Sofas und bedeckte mein Gesicht halb mit der Decke.

„Wat is los Püppi?" fragte er mich und rutsche ein Stückchen näher zu mir.

Ich schluchzte und konnte die Tränen nicht mehr aushalten. Auf seine Frage ging ich gar nicht erst ein.

„Ick kann dir nüscht helfen, wenn du mir nüschts sagst" sagte er und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. Ich zuckte zusammen.

„Ich kann nicht" erwiderte ich und stand ruckartig auf.
„Du solltest gehen" fügte ich emotionslos hinzu.

Hero (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt