Therapie

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Kapitel 15:

15.September

Seitdem Felix und ich wieder zurück in Berlin sind, verhält er sich ganz merkwürdig. Er ist dauerhaft gestresst, hat schlechte Laune und schläft schlecht. Das ganze Touren schlägt ihm aufs Gemüt. Es wird wirklich Zeit, dass er eine längere Pause macht.

Als ich heute morgen um 6:00 Uhr aufgestanden bin, um mich für die Arbeit fertig zu machen, saß Felix bereits am Wohnzimmertisch und schrieb etwas in sein Notizbuch. Als ich ihn gefragt habe, was er so früh schon zu tun hat, gab er mir nur „Arbeiten" als Antwort. Diese kurzen Ein-Wort Sätze waren zum Alltag geworden. Ich konnte mich zwar nicht ganz in seine Lage versetzten, dennoch verstand ich, dass er unter enormen Stress stand. So sehr er sich auf seine Pause freute, machte er sich dennoch Gedanken darüber, was er in der Zeit machen kann. Er möchte unbedingt den zweiten Teil für Sonne und Beton anfangen und das am liebsten sofort. Das er sich damit noch mehr unter Stress setzte, kam bei ihm gar nicht an und deshalb stritten wir in letzter Zeit häufiger. Ich machte mir Sorgen und er empfand meine Fürsorge als nervig.

Ich hatte seine Antwort heute morgen nur abgenickt und bin dann pünktlich um 7 Uhr zur Arbeit. Ich nahm seine schlechte Laune auf keinen Fall persönlich, aber sie beeinflusste schon unseren Alltag. Wir redeten kaum miteinander und wenn er von der Arbeit kommt, verkriecht Felix sich meistens sofort.
Ich habe gestern mit Julian gesprochen und er meinte, dass ich ihm die Zeit und den Raum geben soll, aber irgendwie war ich damit nicht einverstanden. Ich bin doch deine Freundin, sollt ich dann nicht für ihn da sein?

Der Arbeitstag war schleppend. Ich war heute dran die ganzen Akten neu zu sortieren und weg zu heften. Da hatte ich mich die letzten Monate vor gedrückt. Erfolgreich.
Um 17:14 Uhr stieg ich in die S-Bahn die mich direkt zu Felix Wohnung bringen würde.
Tatsächlich hatten wir heute mehr miteinander geschrieben, als die letzte Zeit. Das hatte mich sehr gefreut.

Ich stieg die Treppen zu Felix Wohnung hinauf. 4. Stock. Traumhaft im Sommer.
Ich krame in meiner Tasche nach dem Schlüssel und schließe die Tür auf. Aus dem Wohnzimmer hörte ich den Fernseher.
Felix lag auf dem Sofa und war im sitzen eingeschlafen. Sein gestresstes Gesicht wirkte entspannt. So ruhig hatte ich ihn wochenlang nicht gesehen. Ich packte ihn vorsichtig am Oberkörper und legte ihn auf Sitzfläche. Felix bewegte sich und kuschelte sich in die Polster. Behutsam küsste ich ihn auf die Stirn und beschloss erstmal duschen zu gehen.

In der Dusche überlegte ich, was wir später essen können. Vielleicht holen wir einfach mal wieder einen guten Döner.
Nach dem duschen Creme ich mich ein und ziehe mir über meine Unterwäsche einfach ein lockeres T-Shirt von Felix an, als ich Felix im Wohnzimmer schreien höre. Schnell laufe ich zum Sofa und sehe, dass er noch schläft. Er träumt und wälzt sich hin und her. Seine Stirn ist nass geschwitzt und seine Ader am Hals ist deutlich zu sehen.
„Felix..... Felix du musst aufwachen. Du träumst" ich rüttle an seinem Körper, als er die Augen aufmacht. Er atmet tief ein und setzt sich ruckartig auf. Seine Brust hebt und denkt sich unkontrolliert. Er hat eine Panikattacke.
„Hey... Hey guck mich an" sage ich bestimmend und hebe sein Gesicht, damit er mich anschauen kann.
„Guck mir zu wie ich atme und mach es mir nach" fügte ich hinzu und fing an laut und ruhig ein und aus zu atmen. Kurze Zeit später beruhigt sich Felix Atmen und erschöpft sinkt er auf das Sofa zurück.

Kurz ist es still und dann wird der Raum von Felix schluchzen durchbrochen. Ohne etwas zu sagen lege ich mich neben ihm und ziehe ihn in meine Arme. Sofort umschlingt er meinen zierlichen Körper und krallt sich in mein T-Shirt fest. Dabei fahre ich ihm durch die Haare und über den Rücken.
„Ick kann nüscht mehr Ella" sagt er nach einer Weile.
„Ich weiß" antworte ich nur und küsse ihn auf die Stirn.
„Woher?" fragt er mich verwundert.
„Ich kenn dich doch ein bisschen besser, als du denkst" sage ich und lächele ihn leicht an.
„Ick muss in die Klinik..... Ick hab heute Nachmittag mit Papa telefoniert und er hat einen Platz für mich organisiert" erzählt er.

Hero (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt