Auf dem Weg zum Flughafen hielt sie bei einem Supermarkt und kaufte einige Kleinigkeiten für ein Picknick. Sie hatte kurz überlegt, vom Kuchenbuffet etwas mitzunehmen, aber es fehlte ihr an Transportmöglichkeiten. Schade, denn der Kirschkuchen hatte wirklich fantastisch ausgesehen.
Als sie zwischen den vielen Köpfen den blonden Schopf entdeckte und seinen Blick eingefangen hatte, lächelte sie. Wortlos nahm Bob sie in die Arme und küsste ihre Haare über den Ohren.
»Hey, schön dich zu sehen«, flüsterte er.
Lin schmiegte sich an ihn und für einige Sekunden stand die Welt still, während sie sich umarmten und sie seinen Duft in sich einsog.
»Wie war der Flug?«, fragte sie, als sie sich aus der Umarmung löste.
»Unspektakulär, ich hab ein bisschen schlafen können. Die letzten Tage waren anstrengend«, gab er zu und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Er sah tatsächlich sehr müde aus. In den blauen Augen fehlte der Glanz und tiefe Schatten lagen unter ihnen. »Ich freue mich jedenfalls auf das Wochenende.«
»Du hast hoffentlich dein Handy ausgeschaltet?« Lin musterte ihren Mann aufmerksam.
Er nickte. »Besser gesagt: Nicht wieder eingeschaltet. Und das bleibt´s auch die nächsten Tage.«
Sie grinste. »Das wollte ich hören, Mr. Andrews. Los, bevor wir zu deinen Eltern fahren, hab ich noch eine Überraschung.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, zog sie ihn durch den Flughafen zum Auto. Bob folgte ergeben, wusste er doch, dass er eh keine Wahl gehabt hätte. Vielleicht war er auch einfach zu Müde, um sich zu wehren. Ein Schmunzeln konnte er sich nicht verkneifen, wie sie aus dem Augenwinkel bemerkte.
Lin war kaum losgefahren, als ihm die Augenlider schon zufielen und sein Kopf gegen die Tür sank. Erst, als der Wagen hielt und Lin den Motor ausschaltete, regte er sich und sah sich verschlafen um.
»Wo sind wir?«, fragte er gähnend.
Lin lächelte. »Noch nicht ganz am Ziel. Los, aussteigen.«
Sie verließ den Wagen und ging zum Kofferraum, um die Einkäufe herauszuholen. Bob ließ sich Zeit und streckte sich erst einmal ausgiebig. Währenddessen ließ er seinen Blick schweifen. Als Lin zu ihm trat und ihm eine Tasche mit Decken und Handtüchern in die Hand drückte, wirkte er, als hätte sie ihn aus tiefen Gedanken gerissen.
»Was hast du vor?«
»Wir läuten das Wochenende ein und machen ein Picknick am Strand«, erklärte sie. »Ganz romantisch nur wir zwei. Und dem Parkplatz nach zu urteilen, haben wir den Strand tatsächlich für uns alleine.«
»Warten meine Eltern nicht auf uns?«
Lin schüttelte den Kopf. »Nein, ich hab Bescheid gegeben, dass wir später kommen. Wollen wir?«
Er nickte, griff nach ihrer freien Hand und gemeinsam gingen sie los.
Nach einem kleinen Festmahl aus Baguette, Antipasti und verschiedenen französischen Käsesorten hatten sie es sich auf der Decke bequem gemacht und blickten zum Meer. Lin lag auf dem Rücken, den Kopf in Bobs Schoß gebettet, der ihr sanft über den Bauch strich. Seine Augen wanderten den Strand entlang und blieben an den Weiten des Pazifiks hängen. Bereits seit einer ganzen Weile war er in tiefes Schweigen versunken und hing seinen Gedanken nach. Trüben Gedanken, wie die Falte zwischen seinen Augenbrauen verriet. Lin beobachtete ihn, seit sie es bemerkt hatte.
»Woran denkst du?«, fragte sie ihn schließlich.
Sein Daumen malten weiterhin wie hypnotisch Kreise auf ihren Bauch. Erst glaubte sie, dass er sie überhaupt nicht verstanden hatte, dann blinzelte er und blickte zu ihr hinunter. Ein Lächeln erschien in seinem Gesicht, mit dem er darüber hinwegtäuschen wollte, dass etwas nicht stimmte. Doch es erreichte seine Augen nicht und verriet ihr damit umso mehr.
»Nichts Wichtiges«, sagte er. »Arbeit. Vielleicht brauche ich einfach noch etwas Zeit, bis ich die letzten Tage wirklich gedanklich weggeschoben habe.« Wieder wanderte sein Blick am Strand entlang. »Wie bist du auf die Bucht hier gekommen?«, fragte er schließlich. Es wirkte ein wenig, als wolle er das Thema wechseln und weitere Nachfragen verhindern.
Sie seufzte innerlich, ging bereitwillig darauf ein. Auch weil sie genau wusste, dass nachbohren nichts bringen würde. »Zufall. Ich hab auf der Karte nachgeschaut, was in der Nähe liegt und dann versucht einzuschätzen, welche Strände gut besucht sein könnten. Offenbar hatte ich Recht.« Sie lächelte zufrieden.
»Ja, offenbar.« Bobs Mundwinkel verzogen sich zu einem schiefen Lächeln, das ein wenig gezwungen aussah.
Sie wurde ernst. »Was ist los?«, fragte sie misstrauisch. »Gefällt es dir nicht?«
»Doch doch«, ruderte er sofort zurück. »Es ist wunderschön. Ich kenne die Bucht. Hier war ich früher schon ein paar Mal. Sie war schon damals relativ unbekannt und meistens verlassen, im Gegensatz zu den überfüllten Stränden weiter südlich direkt um L.A. herum.«
Sie hob verwundert die Augenbrauen. »Wirklich? Und? Hat sich was verändert?«
Kurz zögerte er und sie hatte sofort das Gefühl, dass die Antwort, die nun folgte, nicht das war, was ihm eigentlich im Kopf rumspukte. »Nein. Es ist immer noch genauso einsam, wie damals. Deswegen waren wir auch häufiger hier.« Er versuchte dabei so beiläufig, wie möglich zu klingen.
Wir? Die Frage lag ihr auf der Zunge, aber die unterdrückte sie. Sein trauriger Blick in die Ferne war Antwort genug. Auch den Fluch, der ihr über die Lippen schlüpfen wollte, hielt sie zurück. Sie hätte ihr Jahresgehalt dafür verwettet, dass es nicht die Arbeit war, die ihm keine Ruhe ließ und die diese Falte auf der Stirn hervorrief. Mit diesem kleinen Ausflug wollte sie ihm die Möglichkeit geben, zu entspannen und den Stress auf der Arbeit wenigstens für einen kurzen Moment zu vergessen. Aber offenbar hatte sie ihn mit ihrer Aktion geradewegs in die Vergangenheit katapultiert. Bei aller Neugier, die sie heute zum Schrottplatz getrieben hatte, das hatte sie nicht gewollt. Nicht heute!
Sie seufzte und setzte sich auf. »Vielleicht hätte ich einen anderen Strand raussuchen sollen.«
Statt einer Antwort, zog er sie zu sich, nahm ihr Gesicht in beide Hände und verschloss ihren Mund mit seinem. Sie stieß einen überraschten Laut aus.
»Am Strand ist nichts auszusetzen und deine Überraschung ist absolut gelungen«, flüsterte er. »Danke!«
Langsam ließ er sich zurückfallen und zog sie mit sich. Seine Augen blitzen auf und verrieten ihr sofort, was er vorhatte.
»Ich glaub, deine Eltern erwarten uns«, sagte sie mit einem süffisanten Grinsen.
»Die können warten«, sagte er nur mit rauer Stimme. »Ich bin gerade beschäftigt.«
Ein leises Lachen drang aus ihrer Kehle. Rittlings setzte sie sich auf ihn und erwiderte seine Küsse. Fordernder, leidenschaftlicher als gerade noch, während seine Finger unter ihr Sommerkleid glitten und langsam ihre Oberschenkel bis zum Rücken hinauf wanderten. Sie erzitterte und eine Gänsehaut bildete sich dort, wo er sie berührte. Doch bevor er weitergehen konnte, wand sie sich aus der Umarmung und sprang auf.
»Hey! Wohin …«, er stockte und beobachtete mit weit aufgerissenen Augen, wie sie hinter sich griff und den Reißverschluss ihres Kleides herunterzog, während sie langsam rückwärts Richtung Meer ging. »Was tust du da?«
»Wonach sieht´s denn aus?« Sie zwinkerte ihm zu. »Ich geh schwimmen. Und du wirst mitkommen.«
Er setzte sich auf, ließ sie dabei nicht aus den Augen. »Ich hab keine Badesachen dabei.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Na und? Ich auch nicht.«
Sein Blick flog über die kleine Bucht. »Und wenn jemand kommt?«
Sie breitete die Arme aus und grinste verschmitzt. »Ich sehe niemanden.« Nach einer weiteren Bewegung rutschte das Kleid von ihren Schultern und landete im Sand. Ein provozierendes Grinsen erschien in ihrem Gesicht. »Kommst du? Oder schämst du dich vor deiner eigenen Frau?«
Begleitet von ihrem Lachen entledigte er sich in Windeseile seiner Klamotten. Laut lachend jagten sie hintereinander über den Strand und sprangen in die Fluten. Sie versuchte ihn auf Abstand zu halten, indem sie ihn nass spritzte. Als bereits nach wenigen Versuchen hatte er sie eingeholt und gepackt. Eng umschlungen ließen sie sich vom Wasser umspülen und versanken in einen leidenschaftlichen Kuss, der sie alles um sich herum vergessen ließ.
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Dämonen der Vergangenheit (Drei Fragezeichen Fanfiction)
Fanfic☆ Gewinner der Amby Awards 2023 ☆ Was muss geschehen, damit man seinem bisherigen Leben von einem Tag auf den anderen den Rücken kehrt und jeden Kontakt abbricht? Eyleen Andrews steht vor einem Rätsel. Eigentlich lebt sie das Leben, das sie sich i...