Kapitel 14

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Die Fahrt zum Flughafen und den Flug selbst erlebte er wie in Trance. In L.A. angekommen, mietete er sich einen Wagen und fuhr auf direktem Weg ins Krankenhaus. Es war bereits früher morgen und die Sonne stand am Himmel, als er den Wagen auf den Parkplatz lenkte und im Eilschritt das Gebäude betrat.

Es dauerte ewig, bis der behandelnde Arzt Zeit für ihn fand. Nur mühsam unterdrückte Bob seine Ungeduld, bis es endlich soweit war. Während er zuhörte, hatte er das Gefühl, die Welt würde über ihm zusammenbrechen. Lin hatte durch den Unfall ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Man unterrichtete ihn davon, dass seine Frau die OP gut überstanden hatte, ihr Zustand durch eine Hirnblutung jedoch weiterhin kritisch blieb. Den entstandenen Druck hatte man erfolgreich durch einen chirurgischen Eingriff senken können. Ihr linkes Bein war durch den Aufprall mehrfach gebrochen und musste mit Platten und Schrauben fixiert werden. Alles in Allem hatte sie allerdings einen Schutzengel an ihrer Seite gehabt, meinte der Arzt.

Als Bob endlich zu ihr durfte, war er erschöpft und ausgelaugt. Der lange Tag und die schlaflose Nacht steckten ihm sowieso schon in den Knochen. Zusammen mit dem Schock machte sich die Erschöpfung jetzt, als der Adrenalinspiegel langsam sank, bemerkbar. Auch wenn er vorgewarnt gewesen war, erschreckte er sich doch über das, was er sah.

Lin lag in dem weißen Krankenbett, den Kopf verbunden, das Bein eingegipst. Sie war an verschiedene Geräte angeschlossen, die ihre Vitalfunktionen überwachten und ein leises Piepsen von sich gaben. Ihr wunderschönes Gesicht war auf der linken Seite durch allerlei blaue Flecke, Schnittwunden und eine Platzwunde an der Augenbraue entstellt. Die Haare schauten struppig aus dem Netz heraus, das man um ihren Kopf gelegt hatte, um den Verband an seinem Platz zu halten.

Bob griff stumm einen Stuhl, setzte sich neben sie und nahm ihre Hand, darauf bedacht den Infusionsschlauch nicht zu berühren, der aus ihrem Handrücken ragte. Die Hand war warm und Bob wartete darauf, dass sie jeden Moment ihre Finger bewegen und seinen sanften Druck erwidern würde. Um anschließend mit dem Daumen über seine Hand zu streichen. So wie sie es immer tat. Ihr geheimes Zeichen.

Aber nichts bewegte sich. Ihre Finger lagen regungslos in seiner Hand.

»Wie kannst du mir nur so einen Schrecken einjagen?«, flüsterte er. »Bitte, Lin. Komm wieder zu mir zurück. Ich brauche dich!« Er schluckte schwer und versuchte seine Verzweiflung niederzukämpfen. Müde legte er seinen Kopf auf ihre Hand und schloss die Augen.

Eine ganze Weile saß er so da, verzweifelt und vollkommen erschöpft. Er bemerkte nicht, wie jemand das Zimmer betrat, bis er plötzlich seinen Namen vernahm.

»Bob?«

Blinzelnd sah er auf, schob seine Brille zurecht und erblickte Kelly in einem weißen Arztkittel. Statt zu antworten, sah er sie nur verwundert an.

»Hey! Ich hätte mir gewünscht, dass wir uns zu einem erfreulicheren Anlass wiedersehen«, gestand sie und lächelte schüchtern. Was Bob noch mehr verwirrte, denn schüchtern passte nicht zu der Kelly, an die er sich erinnerte.

Sie trat an Lins Bett heran und überprüfte die Anzeigen auf den Geräten.

»Kelly?« Er brauchte einige Sekunden, bis er die Sprache wiedergefunden hatte. »Du bist Ärztin?« Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage. Sein Blick fiel auf ihr Namensschild. Kelly Shaw.

Sie lachte. »Ja, bin ich. Ich habe bei ihrer OP assistiert. Meine Schicht ist gerade zu Ende und ich wollte noch einmal nach Lin schauen.«

Er war noch so mit ihrem neuen Nachnamen beschäftigt, dass er den nächsten Punkt erst mit reichlich Verspätung registrierte. Woher kannte sie Lins Rufnamen? »Ihr kennt euch?«

Dämonen der Vergangenheit (Drei Fragezeichen Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt