Kapitel 8

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Das Taxi hielt an der von ihm genannten Adresse im Herzen L.A.s. Justus bezahlte den Fahrer und stieg aus. Zögernd blickte er sich um. Er war sich immer noch nicht sicher, ob dies wirklich eine gute Idee war. Lange hatte er sich Zeit gelassen, mit seiner Entscheidung. Die Worte Peters kamen ihm dabei immer wieder in den Sinn.

Lass die Finger davon!

Aber dann hatte doch die Neugierde gesiegt. Die Neugierde, zu erfahren, wie es seinem ehemaligen besten Freund ergangen war. Und welche Rolle dabei seine geheimnisvolle Gattin einnahm.

Er stand vor einem modernen Gebäude, das fast in seiner gesamten Breite im Erdgeschoss aus Fenstern zu bestehen schien. Während sich die Galerie über das Erdgeschoss erstreckte, schien im ersten Stock eine kleine Wohnung anzuschließen. Justus konnte einige Fenster mit eleganten Vorhängen und einen kleinen Balkon ausmachen.

In den Fenstern im Erdgeschoss wurde ihm bereits ein kleiner Einblick in das Angebot der Miller&Son's Gallery gewährt. Hauptsächlich schienen es zeitgenössische Gemälde zu sein, auf denen kein wirkliches Motiv erkennbar war und deren Sinn sich erst bei genauerer Betrachtung - oder auf Nachfrage beim Künstler - erschließen konnte. Aber auch einige ältere Stücke waren darunter.

An einem Bild blieb seine Aufmerksamkeit jedoch hängen. Aus der Ferne sah es aus, wie eine verzerrte Darstellung einer der berühmten Pueblos Blancos in Spanien. Diese Dörfer bestanden aus weiß gekalkten Häusern, die sich von den Hügeln, in die sie gebaut wurden, als deutlicher Farbkontrast abzeichneten. Justus hatte erst letztens in einem Magazin über diese Dörfer und ihre Historie gelesen. Bei näherer Betrachtung des Bildes wurde aus den Häusern jedoch eine zufällig wirkende Anordnung von Pinselstrichen aus unterschiedlichen Blau- und Grautönen. Das Bild faszinierte ihn, auch wenn er eigentlich kein Fan moderner Kunst war.

Unwillkürlich musste er an Eyleen Andrews denken. Was ihn wohl hier erwarten würde? Würde ihre Geschichte bei genauerer Betrachtung klarer werden, oder auch verschwimmen? Er hoffte inständig, dass es kein Fehler war herzukommen. Aber was hatte er schon zu verlieren? Nein, die Neugierde siegte weit vor dem verletzten Stolz.

Er gab sich einen Ruck und öffnete die Glastür zur Galerie. Die Weite des Raumes nahm ihn sofort gefangen. Der Boden bestand aus einem dunklen Parkett, dessen Holzmaserung sich deutlich sichtbar abzeichnete und in einem starken Kontrast zu den schneeweiß gestrichenen Wänden stand, an denen diverse Kunstwerke aufgehängt waren. Von verschiedenen Künstlern, denn der Stil der einzelnen Bilder unterschied sich gravierend voneinander. Um den Raum besser zu nutzen, waren weitere freistehende Wände eingezogen worden, die ihm aber nichts von seiner imposanten Erscheinung nahmen. Die Decke bestand fast vollständig aus Lampen, die hinter einem milchigen Glas installiert waren und den Raum hell erleuchteten, aber nicht ungemütlich wirken ließen. Auf seiner rechten Seite erblickte Justus eine lange Theke aus dem gleichen dunklen Holz, wie der Boden. Dahinter sah er einen dunklen Haarschopf hervorschauen.

Eyleen Andrews war gerade mitten in einem Telefongespräch. Als sie ihn bemerkte, stockte sie kurz, dann erschien ein zufriedenes Lächeln auf ihren Lippen – als hätte sie ihn bereits erwartet.

Mit einer Handbewegung bedeutete sie ihn, dass sie gleich bei ihm sei.

Er wandte sich ab. Wenn er schon warten musste, konnte er sich auch weiter in der Galerie umsehen, beschloss er. Langsam und bedächtig ging er weiter. Seine Schritte hallten leise durch den Raum. Hier und da blieb er stehen und betrachtete die Bilder an den Wänden oder die Skulpturen, die in diversen Ecken aufgestellt waren.

»Ja, natürlich ist das kein Problem«, hörte er sie am Telefon sagen. »Señor Ruiz, das lässt sich ohne weiteres bewerkstelligen ... Natürlich.« Ihr Lachen erklang. »Das werde ich Mr. Miller sehr gerne ausrichten. Verbleiben wir also bis nächste Woche Mittwoch?« Pause, während sie ihrem Gesprächspartner zuhörte. »Sehr schön. Dann mache ich soweit alles für Sie fertig.«

Dämonen der Vergangenheit (Drei Fragezeichen Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt