Das Kleid

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"Wir haben auf die Schnelle kein neues Kleid für Euch schneidern können, mein kleines Blümchen. Allerdings haben wir ein Kleid für Euch abändern können!", wiederholte die Schneiderin, die stolz auf das fuchsiafarbene Kleid klopfte, das ausgebreitet über dem Sessel lag.

Oh Götter...

Norin sammelte still die Nähutensilien ein, die quer verstreut auf dem Tisch und Boden lagen. Ich bemerkte, dass sie sich in meiner Anwesenheit kleiner machte, was mich daran erinnerte, dass ich mich bei ihr entschuldigen wollte. Das Mädchen sollte nicht fürchten, meine Wut auf sich zu ziehen. Immerhin könnte ich hier eine Freundin gebrauchten - zwischen all den verfluchten Mistkerlen.

Bevor ich mir das Kunstwerk näher anschauen, oder ein Veto gegen die Farbe einlegen konnte, verfrachtete Pem mich bereits an den Schminktisch. Gemeinsam begannen sie mir das Haar zu frisieren und verschiedene Lagen an Make-up aufzutragen, unter der ich spüren konnte, wie meine Haut spannte. Ich konnte einige unnötige Schichten und Ideen abwenden, jedoch war die ältere Dame in gewissen Punkten unnachgiebig - 'So wurde es am Hof schon immer gemacht!'

Ich erkannte mein Spiegelbild kaum wieder: Meine Haut war von mehreren, deckenden Farbschichten bedeckt, die meine Narben kaschieren sollten; meine Augen wirkten durch den üppigen Lidschatten winzig und meine Wangen unnatürlich rosig.

So laufen die Frauen dieses Hofes herum? Wie überschminkte Puppen?

Meine schweren, roten Haare flocht Norin zu einem aufwendigen Zopf, den sie mir über die linke Schulter legte und mit einigen funkelnden Spangen versetzte. Während sie arbeitete und Pem einen Moment abgelenkt war, berührte ich behutsam ihre Hand.

"Es tut mir leid, dass ich dich vorhin derart scharf angefahren habe. Ich war erschöpft, aber das ist keine Entschuldigung für mein Verhalten", murmelte ich dem Mädchen leise zu, dass mir zum ersten Mal wieder in die Augen sah.

"Nein, Mylady, es tut mir unendlich leid! Meine Reaktion war unbedacht und verletzend. Ihr hattet vollkommen das Recht, so zu reagieren", lehnte sie ab und nahm die gesamte Schuld auf sich.

Ich schenkte ihr ein schiefes Lächeln. "Einigen wir uns darauf, dass wir beide auf unsere Weise die Schuld dafür tragen und vergessen es einfach, ja? Und bitte, nenn mich Rhory."

Sie erwiderte mein Lächeln zögerlich und nickte eifrig, ehe sie einen Blick zur Schneiderin warf, die an dem Kleid herum werkelte und das Gesicht mitleidig verzog. "Das Kleid - das tut mir auch sehr leid!"

Ich konnte jedoch nicht mehr nachfragen, was sie damit meinte, denn Pem verlangte, nachdem Haare und Make-up für sie zufriedenstellend waren, dass ich mich entkleide. Nach Norins Entschuldigung graute es mir.

Dieses Grauen vertiefte sich, je mehr Stofflagen die Schneiderin und Norin mir anlegten.

Auf den Unterrock kam ein Spitzenrock; auf den Spitzenrock ein Tüllrock; auf den Tüllrock kam ein ausgestellter Reifrock und auf den Reifrock kam ein geraffter, fuchsiafarbener Überrock. Der Überrock war am Saum mit Rüschen versehen, während an meiner Hüfte eine große, gelbe Schleife prangte. Die Ärmel des Kleides waren lang, der Kragen hochgeschlossen, wodurch meine Narben verborgen waren, jedoch war das Oberteil von Perlen besetzt, die im Licht funkelten. Ein Korsett brauchte ich eigentlich nicht, jedoch bestand Pem darauf, um mir eine hübsche Taille zu verleihen.

Ich starrte erschüttert meine Erscheinung im Spiegel an.

Heilige Scheiße, ich sah aus wie ein Törtchen.

Die ältere Dame war entzückt, während Norin gepeinigt das Gesicht verzog.

Wenn man mir noch eine Sahnehaube und eine Kirsche auf den Kopf setzte, war das Bild perfekt.

A court of stars and moonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt