"Mylady?", weckte mich eine sanfte, junge Stimme, die mit der Wärme der Sonnenstrahlen, die mein Gesicht kitzelten und der zögerlichen Berührung an meiner Schulter, meinen Schlaf durchdrangen.
"Rhory", nuschelte ich im Halbschlaf, um Norin daran zu erinnern, dass sie mich bei meinem Namen, nicht dem Titel nennen soll.
"Oh - ja, natürlich! Rhory", ich konnte das sanfte Lächeln aus ihrer Stimme heraushören, denn sie schien sich darüber zu freuen, dass sie bei mir keine Distanz wahren musste. Ich grummelte zufrieden vor mich hin und kuschelte mich tiefer ins Kissen hinein. Die Müdigkeit saß tief in meinen Knochen, sodass nicht einmal die lange, ruhige Nacht jene hat vertreiben können. Ich könnte noch ewig weiterschlafen.
"Der Herzog hat mich gebeten, dir Frühstück zu bringen", erklangt erneut die Stimme der Bediensteten, diesmal jedoch entfernter, daraufhin hörte ich das Klirren von Geschirr und bemerkte den betörenden Duft von herben, dunklen Kaffee. "Da er nicht wusste, was du gerne magst, hat er die Köche von allem etwas machen lassen."
Von allem?
Mein Magen reagierte sogleich mit einem lauten Knurren, dass man meinen konnte, dass ein wildes Tier unter meiner Bettdecke lag - das entlockte dem Mädchen ein Kichern. Ich war am Verhungern. Meine letzte richtige Mahlzeit war mehr als einen Tag her, immerhin hatte ich beim Abendessen gestern nichts herunterbekommen. Dies verlieh mir die Motivation, mich aus dem Bett zu stemmen und schlaftrunken zum Sofa zu tappen.
Bei dem üppigen Anblick lief mir das Wasser im Mund zusammen, weswegen es mich alles an Willenskraft kostete, mich nicht auf das Frühstück zu stürzen. Verschiedene Arten von Eiern, Brote und Beläge, sowie Aufstriche und Obst - und Götter, es gab gebratenen Speck und Küchlein. Ich schob mir bereits eine Scheibe Speck in den Mund, bevor mir Norin die Tasse mit dampfenden Kaffee reichte.
"Ich muss im Himmel sein", nuschelte ich undamenhaft mit vollem Mund und nippte vorsichtig an meinem Getränk. Der intensive, bittere Geschmack entlockte mir einen genüsslichen Laut. Das junge Mädchen beobachtete mich sichtlich amüsiert, während ich mich ausschweifend an meinem Frühstück bediente.
Es war eine lächerliche Kleinigkeit, jedoch hatte Andrés mir alles an Essensvariationen gegeben, anstatt für mich zu entscheiden oder zu glauben, was mir schmecken würde.
"Hast du schon gegessen?", wollte ich von Norin wissen, die dabei war mein Bett zu machen.
"Ja, es gab frisches Brot und Käse", das Mädchen ließ sich bei ihrere Arbeit nicht beirren, doch ich klopfte neben mich und lud sie ein, sich neben mich zu setzen.
"Ich schaffe das alles niemals alleine, also bitte setz dich zu mir und iss mit mir. Du kannst mir nicht sagen, dass die Küchlein und der Speck dich nicht auch reizen würden."
"Aber My-Rhory, das ist dein Frühstück", wehrte sie sich, jedoch schüttelte ich verhemmend den Kopf und deutete ihr sanft aber streng sich zu mir zu setzen. Nach erstem Zögern nahm sie Platz und naschte lediglich von den Weintrauben, jedoch merkte ich, wie ihr Blick immer wieder zu den Leckereien wanderte. Ich schnappte mir einen weiteren Teller, belegte ihn mit allem möglichen und platzierte ihn auf ihrem Schoß, sodass das Mädchen leicht errötete.
Ich schenkte ihr ein breites Lächeln, während ich mich mit vollem Magen zurück lehnte und beobachtete wie sie zögerlich probierte und mit jedem Bissen mutiger wurde und ebenfalls ab und zu genießend aufseufzte. Ich konnte mir vorstellen, dass sie selten die Möglichkeit hatte, solch teure Lebensmittel zu essen.
Die Reste meines Kleides, die wild verstreut in meinem Zimmer herum gelegen hatten, waren ordentlich an der Tür gestapelt. Ich räusperte mich leise, da ich das Chaos selbst beseitigen wollte, denn immerhin hatte ich es verursacht. "Du hättest das nicht aufsammeln müssen, wirklich", begann ich, doch das Mädchen zuckte nur kichernd mit den Schultern.
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A court of stars and moon
WerewolfUnter der Hand ihres Onkels durchlebt Rhory seit ihrem neunten Lebensjahr eine grausame Behandlung. Narbengesichtige Hure. Nutzloses Miststück. Entstellte Hexe. Rhory hofft und kämpft um ihre Freiheit, die täglich näher rückt. Eine Freiheit, die ihr...