1. Der Pizza-Master

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Endlich - ich hatte es geschafft. Nach vier unglaublich stressigen Monaten hatte ich meine Masterarbeit beendet und abgeschickt. Ich war ein freier Mensch. Zumindest für die nächsten vier Wochen, denn so lange würde es dauern, bis ich meinen ersten richtigen Job begann. Sechs Jahre lang hatte ich an der Uni verbracht und freute mich deshalb sehr, endlich etwas sinnvolles zu tun und Geld zu verdienen. Über mein Studium ließ sich nämlich viel sagen, aber sinnvoll? Viel zu oft hatte ich die Frage gehört, was ich denn mit Italianistik später anfangen würde. Auch im Master änderte sich daran nichts - jedoch hieß es da "Italienstudien". Danke, LMU, das klang nur noch bescheuerter.

Wieso ich das Studium so lange durchgezogen hatte, war mir selbst ein Rätsel. Denn eins ist sicher: Eine Vorliebe für Pizza, die Toskana und Eros Ramazzotti reichte nicht aus, um die Prüfungen zu bestehen. Vor allem im Master habe ich mich oft durch gähnend langweilige Texte über die alten Römer, Michelangelo und Mussolini gekämpft - von allem war etwas dabei! Umso erleichterter war ich, dass das alles nun ein Ende hatte. In weniger als einem Monat würde ich beim Italienischen Kulturinstitut in München beginnen und mich dort um die Veranstaltungsorganisation kümmern. 

Langsam klappte ich meinen Laptop zu. Das war er also, der Moment meines Uniabschlusses. Statt wie in den amerikanischen Filmen einen schwarzen Hut in die Luft zu werfen, saß ich allein in meiner kleinen Wohnung. In unserer Fakultät war es nicht üblich, seine Abschlussarbeiten drucken zu lassen - was die Sache zwar unkomplizierter und günstiger, aber eben auch weniger aufregend gestaltete. Um den Tag trotzdem ein wenig zu feiern, hatte ich mich für heute Abend mit meiner besten Freundin Marlie im Sommerby verabredet - eine kleine Bar in der Münchner Altstadt. Ich nahm mein Handy und öffnete unseren Chat.

Lou: ICH BIN FERTIG! Im wahrsten Sinne des Wortes. Das Ding ist abgeschickt und ich bin mehr als bereit für Cocktails! Wann wollen wir los? 😘

Anschließend checkte ich die restlichen Benachrichtigungen, die in der letzten Stunde eingetrudelt waren, während ich die Arbeit ein letztes Mal korrekturgelesen hatte. Eine E-Mail von Stepstone - nach meiner Zusage hatte ich vergessen, den Job-Alert auszustellen -, eine SMS von meiner Mutter - sie nutzte immer noch kein WhatsApp -, und ein neuer Beitrag in meiner liebsten Facebookgruppe - diese Plattform mag veraltet sein, doch um gebrauchte Bücher zu Schnäppchenpreisen zu schießen, ist sie genial. 

Ich hatte mein Handy gerade neben mich aufs Bett geworfen, um mich schon einmal für den Abend fertigzumachen, da vibrierte es zweimal. Perfekt, dachte ich, das ist bestimmt Marlie. Ich konnte es kaum erwarten, meinen wohlverdienten Mojito zu schlürfen. Doch statt des giftgrünen WhatsApp-Logos lächelte mich das pinke Kamerasymbol auf meinem Sperrbildschirm an. Mein Herz machte einen Satz - wie schon so oft in den letzten Wochen. 

tommischmitt hat dir eine Nachricht gesendet. Gleich zwei mal. 




Più bella cosa (Tommi Schmitt)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt